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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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wenn Sie wollen; aber wenn dem kleinen Manne da auf dem Theater nicht bange ist, so hab' ich in meinem Leben noch keinen Menschen gesehn, dem's bange war. Ja, ja, mit dir gehn! Ja, ja, das wär' eben recht! Daß er ein Narr wäre! Willst du doch? Gott verzeih' mir die Sünde! Was das für eine Verwegenheit ist! – Wenn es schief geht, so hast du's selbst gewollt – dir nachfolgen? Ebensolieb folgt' ich dem Teufel! – Ja, wer weiß, ob's nicht gar der Teufel selbst ist? – denn man sagt ja, daß er sich in alle Gestalten verstellen kann, wozu er nur Lust hat. – Hu, da ist er schon wieder! – Nein, weiter mußt du nicht mit ihm gehn! Nein, nein; bist schon weit genug mit'n gegangen, weiter als ich mitgegangen wäre um's ganze Königreich!« Jones wollte ihm was sagen; Rebhuhn aber fiel ihm ein: »St, St, lieber Herr, hören Sie nicht? Es spricht!« Und während der ganzen Rede des Geistes hielt er teils auf den Geist und teils auf Hamlet die Augen geheftet und hielt das Maul sperrweit offen. So wie beim Hamlet die Leidenschaften abwechselten, so wechselten sie auch bei ihm.
    Als der Auftritt vorbei war, sagte Jones: »Wie, Rebhuhn? Er übertrifft ja alle meine Erwartungen! Er nimmt mehr Anteil am Stücke, als ich mir eingebildet hätte.« – »Je nun, lieber Herr,« antwortete Rebhuhn, »wenn Sie sich vor'm Teufel nicht fürchten, so kann ich nicht davor; aber natürlich ist es doch, daß man über solche Sachen erstaunen muß, ob ich gleich weiß, daß nichts an der Sache ist. Ich bin auch eben nicht so sehr erstaunt über den Geist, denn das hab' ich wohl gemerkt, daß es nur ein Mensch ist in einer seltsamen Tracht; aber als ich den kleinen Mann selbst so entsetzlich erschrocken sah, so hat mich das mit angesteckt.« – »Und bildet Er sich denn ein, Rebhuhn,« sagte Jones, »daß der kleine Mann im Ernst erschrocken war?« – »Ei, lieber Herr,« sagte Rebhuhn, »haben Sie nachher nicht selbst gemerkt, als er fand, daß es der Geist seines eignen Vaters und daß er in dem Garten ermordet worden wäre, wie ihn seine Furcht nach und nach verließ und wie er vor Betrübnis stumm wurde? sozusagen just so, wie mir's zu Mute gewesen sein würde, wenn es mir selbst begegnet wäre? – Aber St! Holla! was ist das für ein Lärm? Da ist er wieder! – Ja nun, gewiß, ob ich schon weiß, daß sie alles nur so thun, so ist mir's doch lieb, daß ich nicht da unten bin, wo diese Leute sind.« Darauf richtete er wieder seine Augen hin nach Hamlet: »O ja, das Degenziehen wird dir auch was helfen! Als ob ein Degen gegen die Gewalt des Satans was machen könnte!«
    Während des zweiten Aktes machte Rebhuhn nur wenige Anmerkungen. Er bezeigte sein Wohlgefallen über die schönen Kleidungen und konnte sich nicht entbrechen, über die Mienen des Königs seine Anmerkungen zu machen. »Nun!« sagte er, »wie doch Menschen durch Gesichter betrogen werden können!
Nulla fides fronti
ist, wie ich sehe, ein wahrer Spruch. Wer sollte denken, wenn man des Königs Gesicht ansieht, daß der eine Mordthat begangen hätte?« Hierauf erkundigte er sich nach dem Geist. Jones aber, der sich [194] vorsetzte, er sollte überrascht werden, gab ihm keine andre Antwort, als: »Er würde ihn vielleicht bald wieder sehn und zwar in Feuer und Flammen.«
    Rebhuhn saß und erwartete dies in großer Furcht. Und als nun der Geist das nächste Mal erschien, rief Rebhuhn aus: »Da, da, Herr! Nu, was sagen Sie nun? Ist er nun erschrocken oder nicht? Wohl so erschrocken als Sie glauben, daß ich's bin. Und freilich, wer kann's helfen, sich ein bißchen zu erschrecken? Ich möchte nicht in so schlimmen Umständen sein, als, wie heißt er doch? – Junker Hamlet dort ist's, um alles in der Welt. Gott sei mir gnädig! Wo ist der Geist geblieben? So wahr als ich lebe! Ich glaube, ich hab'n da in die Erde sinken sehn!« – »In der That, Er hat recht gesehn,« antwortete Jones. »Nun gut!« rief Rebhuhn. »Ich weiß, 's ist nur ein Spiel; und dazu, wenn das geringste an der Sache wahr wäre, so würde Madame Miller nicht so lachen. Denn Sie, Herr, ja Sie würden sich nicht fürchten, glaub' ich, wenn auch der Satan da leibhaftig vor Ihnen stände. – Da, da! Ei ja, es ist kein Wunder, daß du so böse bist; schüttle die schändliche, ruchlose Kreatur in Krautstücke! Wenn sie meine eigne Mutter wäre, ich würd's ihr ebenso gemacht haben. Ganz recht! Alle kindliche Liebe gegen eine Mutter hat ein Ende, wenn sie sich so schändlich aufführt. – O ja,

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