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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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vollkommen ruhig und heiter geworden war, als seine Schwester mit Sophie wieder ins Zimmer kam. Die junge Dame hatte eine Saloppe umgenommen und einen Hut aufgesetzt, und die Tante hinterbrachte dem Herrn Western, daß sie gesonnen wäre, ihre Nichte mit sich nach ihrer eignen Wohnung zu nehmen. »Denn in Wahrheit,
mon Frère,
« sagte sie, »diese Zimmer sind nicht so beschaffen, daß es eine christliche Seele d'rin aushalten kann.«
    »Recht gut, liebe Schwester,« sagte Western; »nach dein'm Wohlnehm'n, 's Mädchen kann nicht besser aufgehoben sein, als in dein'n Händen und hier d'r Herr Pfarrer muß mir's zur Ehr' nachsagen, daß 'ch wohl fünfzigmal hinter dein'n Rücken g'sagt habe, wenn d' nicht dabei gewesen bist, daß d' eins der verständigsten Frauenzimmer bist, die ich nur kenne auf dieser weiten Welt.«
    »O ja!« rief Schickelmann, »das bin ich bereit mit meinem Zeugnis zu bekräftigen.«
    »Nun, sehn Sie,
mon Frère,
« sagte die Schwester, »ich hab' auch allemal, wie ich wohl sagen kann, Ihnen ein eben so günstiges Zeugnis gegeben. Sie müssen gestehn, Sie sind ein wenig von zu jäher Gemütsart; aber wenn Sie sich nur ein wenig Zeit lassen, ruhig zu überlegen, so kenne ich keinen vernünftigern Mann, als Sie,
mon Frère.
«
    [189] »Nu siehst du,
ma Soeur,
« sagte der Junker, »wenn du so denkst, sieh, so will ich hier auf deine Gesundheit trinken, von ganzem Herzen! 's läuft wohl zuweilen ein bißchen leicht bei mir über, aber sieh! maulen kann 'ch nicht, mag 'ch nicht! Sophie, bis du 'n gut Kind, und thu alles, was lieb' Tante dir sagt!«
    »An ihr zweifle ich im geringsten nicht!« sagten Ihro Gnaden, Tante von Western. »Sie hat bereits ein Exempel vor Augen, an der Aufführung ihrer ungeratnen Kousine, der Henriette, die sich ins Verderben gestürzt hat, weil sie meinem Rate nicht folgte. – O was meinen Sie wohl,
mon Frère?
Kaum hatten Sie den Fuß aus dem Hause gesetzt, als Sie hierher nach London reisten, da kam der unverschämte Kerl mit dem häßlichen irländischen Namen, der Fitz Patrick, angestiegen. Er drängte sich, so ganz ohn' alle Höflichkeit, bei mir ein, ohne sich einmal vorher melden zu lassen; sonst hätt' ich ihn gewiß nicht gesprochen. Er machte eine lange und unverständliche Historie von seinem Weibe, und setzte mich in die Notwendigkeit, daß ich sie anhören mußte. Ich gab ihm aber eine kurze Antwort, stellte ihm den Brief zu von seiner Frau, und sagte ihm, er könne selbst darauf anworten. Ich glaube, das Weibsstück wird sich wohl Mühe geben, uns aufzusuchen; aber ich bitte, sprechen Sie sie nicht; denn ich bin entschlossen, nichts von ihr zu sehen noch zu hören.«
    »Ich? sie sprechen?« antwortete der Junker. »Brauchst nichts zu fürchten, bin kein Rückenhalter von solch'n ungehorsam'n verlaufnen Dirnen; 's war 'n Glück vor ihren Ehkerl, daß 'ch nicht zu Haus war. Wanne, der Blix! der sollt' 'nmal 'n Tanz durch d' Pferdschwemme gethan hab'n, daß 'n Art gehabt hätte! Da siehst du, Fieke, worauf's mit solch ungehorsamen Volk hinausläuft! Da hast 'n Exempel in deiner eigen'n Familie; dran kannst 'ch spiegeln!« –
»Mon Frère!«
rief die Tante, »Sie brauchen meiner Niece mit solchen verhaßten Erinnerungen kein'n Kummer und Verdruß zu machen. Wie? wollen Sie nicht alles ganz und gar mir allein überlassen?« – »Gut, gut! Ich will, 'ch will ja!« sagte der Junker. Und hierauf machten Ihro Gnaden, Fräulein von Western, zum Glück für Sophien, der Unterredung dadurch ein Ende, daß sie befahlen, zwei Sänften kommen zu lassen. Ich sage zum Glück! denn hätte sie noch länger gedauert, so würde höchst wahrscheinlich sich frische Materie zum Zwist zwischen Bruder und Schwester hervorgethan haben, unter welchen Erziehung und Geschlecht den einzigen Unterschied machten; denn beide waren gleich heftig und gleich eigensinnig; beide hatten eine sehr große Liebe zu Sophie und beide hegten eine uneingeschränkte Verachtung gegen einander.

Fünftes Kapitel.
    In welchem Jones von Sophie einen Brief erhält und mit Madame Miller und Rebhuhn in die Komödie geht.
     
    Des schwarzen Jakobs Ankunft in der Stadt und die freundschaftlichen Dienste, welcher dieser dankbare Mensch seinem alten [190] Wohlthäter zu leisten versprochen hatte, gereichten dem Herrn Jones bei allen den Sorgen und Aengsten, welche er um Sophie erlitt, zum merklichen Troste. Durch Vermittlung des besagten Jakobs erhielt er von Sophie folgende Antwort auf seinen Brief. Denn, da sie

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