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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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junge Dame ihre Tante durch die lieblichen Wohlgerüche, die wir vorhin angeführt haben, in eine sehr gute Laune versetzt hatte, so hatte sie doch ihren Eifer für die Verbindung mit dem Grafen keineswegs abkühlen können. Dieser Eifer war jetzt durch die Frau von Bellaston wieder angeflammt, welche ihr den Abend vorher gesagt hatte, sie wäre durch Sophiens Aufführung und durch ihr Betragen gegen den Grafen vollkommen überzeugt, daß alles Zögern gefährlich sein müßte und daß der einzige Weg, zum Zweck zu gelangen, der sei, daß man die Verheiratung mit solcher Schnelligkeit durchsetzte, daß das Fräulein keine Zeit zum besinnen behielte und zur Einwilligung genötigt würde, derweil sie kaum wüßte, was sie thäte. Auf welche Weise, wie sie sagte, die Hälfte aller Heiraten unter Personen von Stande geschlossen würde. Eine Thatsache, die alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, und welcher man nach meiner Voraussetzung die gegenseitige Zärtlichkeit zuschreiben muß, welche nachher unter so manchem glücklichen Ehepaare besteht.
    Ein ähnlicher Wink ward von eben der Dame dem Grafen Liebegrimm gegeben, und beide ergriffen den Rat so begierig, daß von Ihro Gnaden, Fräulein Tante von Western, auf Anhalten des Herrn Grafen gleich der folgende Tag zu einer geheimen Unterredung zwischen dem jungen Paare festgesetzt wurde. Dies ward Sophien von ihrer Tante hinterbracht und diese bestand darauf mit solchen gebieterischen Ausdrücken, daß das arme junge Fräulein, nachdem sie alles dagegen vorgebracht hatte, worauf sie sich nur besinnen konnte, ohne daß es aber das geringste fruchtete, zuletzt einwilligte, den höchsten Beweis von einer Gefälligkeit zu geben, den ein junges Frauenzimmer nur geben kann, und den Besuch des Grafen anzunehmen versprach.
    Da dergleichen Konversationen eben keine sonderliche Unterhaltung geben, so wird man uns entschuldigen, wenn wir nicht alles wiedererzählen, was bei dieser Zusammenkunft vorfiel. Nur dies davon: Nachdem der Graf der stillschweigenden, errötenden Sophie eine Menge Beteurungen von seiner höchst reinen und brennenden Liebe vorgesagt hatte, sammelte sie endlich alle Kräfte, deren sie mächtig werden konnte, und sagte zu ihm mit einer zitternden leisen Stimme: »Herr Graf, Sie müssen sich es selbst bewußt sein, ob Ihr voriges Betragen gegen mich mit Ihrer gegenwärtigen Erklärung bestehen kann.« – »Ist denn,« antwortete er, »kein Mittel, wodurch ich die Raserei wieder gut machen kann? Was ich that, muß Sie, [238] fürchte ich, gar zu deutlich überführt haben, daß die Heftigkeit meiner Liebe mich aller meiner Sinne beraubt hatte.« – »Es steht wirklich in Ihrer Gewalt,« sagte sie, »mir einen Beweis von Ihrer Gewogenheit zu geben, den ich herzlich wünschen muß von Ihnen zu erhalten und für welchen ich mich Ihnen höflich verbunden erachten würde.« – »Nennen Sie mir diesen Beweis,« sagte der Graf mit großer Lebhaftigkeit. – »Herr Graf,« sagte sie und sah auf ihren Fächer, »ich weiß, Sie müssen es einsehen, wie sehr mich diese Ihre vorgegebene Leidenschaft beunruhigt hat.« – »Können Sie so grausam sein, es eine vorgegebene Leidenschaft zu nennen?« sagte er. – »Ja, Herr Graf,« antwortete Sophie, »alle Liebesbeteurungen gegen eine Person, die wir verfolgen, sind nichts anders als ein höchst beleidigendes Vorgeben. Diese Ihre Bewerbung um mich ist für mich eine sehr grausame Verfolgung, ja Sie machen sich bei derselben die unglückliche Lage, worin ich mich befinde, auf eine höchst ungroßmütige Weise zunutze.« – »Liebenswürdigste, Bebetungswürdigste Ihres Geschlechts!« rief er, »beschuldigen Sie mich nicht, daß ich mir ungroßmütigerweise irgend etwas zunutze mache, da ich gewiß keinen Gedanken habe, der nicht auf Ihre Ehre gerichtet wäre, und keine andre Absicht, keine andre Hoffnung, keinen andern Ehrgeiz, als mich selbst, meine Ehre, mein Vermögen und überhaupt alles zu Ihren Füßen zu legen.« – »Herr Graf,« sagte sie, »eben dieses Vermögen, eben diese Ehre sind es, die Ihnen den Vorteil über mich geben, über welchen ich mich beklage. In diesen liegen die Reize, welche meine Anverwandten verführt haben; für mich aber sind es sehr gleichgültige Dinge. Wollen Sie meine Dankbarkeit verdienen, Herr Graf, so ist dazu nur ein Weg.« – »Verzeihen Sie mir, mein göttliches Fräulein,« sagte er, »dazu gibt's keinen. Alles, was ich für Sie thun kann, ist so vollkommen meine Pflicht und wird

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