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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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nicht über die Lippen bringen würde. Marc (er hieß zu allem Überfluß auch noch Marcellus mit Vornamen) war ein übler Bursche mit Geld und dem Hobby, jungen Männern in vorübergehenden finanziellen Schwierigkeiten unter die Arme zu greifen, indem er sie in sein zweistöckiges Haus mit drei Schlafzimmern aufnahm und den lieben Gott spielte, der bestimmte, was sie da tun durften und was nicht, und ihnen Ratschläge für ihr Leben und ihre Arbeit gab - im allgemeinen erbärmliche Ratschläge. Tom hatte drei Monate dort gewohnt, allerdings war Marc fast die Hälfte dieser Zeit in Florida gewesen und Tom hatte das Haus für sich allein gehabt, aber als Marc wiederkam, hatte er riesigen Stunk gemacht wegen ein paar zerbrochenen Gläsern - wieder Marc, der liebe Gott, der gestrenge Vater -, und da war in Tom die Wut hoch genug gestiegen, daß er sich auf die Hinterbeine stellen und ihm mit gleicher Münze herausgeben konnte. Worauf Marc ihn hinausgeworfen hatte, nicht ohne von ihm noch dreiundsechzig Dollar für zerbrochenes Glas zu kassieren. Der alte Geizkragen! Er sollte eigentlich eine alte Jungfer sein, dachte Tom, Leiterin einer Töchterschule. Tom bedauerte zutiefst, daß er sich jemals mit Marc Priminger eingelassen hatte, und je eher er Marcs stupide Schweinsäuglein, seinen massigen Unterkiefer, seine abstoßenden Hände mit den prahlerischen Ringen (wedelnd, jedermann dieses und jenes befehlend) vergessen könnte, um so glücklicher wäre er.
    Unter all seinen Freunden gab es nur ein Mädchen, dem er ganz gern gesagt hätte, daß er nach Europa fuhr, Cleo; und er ging sie am Donnerstag vor seiner Abreise besuchen. Cleo Dobelle war ein großes, schlankes dunkelhaariges Mädchen, sie mochte dreiundzwanzig oder auch dreißig sein, Tom wußte es nicht; sie lebte mit ihren Eltern im Gracie Square und malte ganz klein - wirklich sehr klein, sie bemalte Elfenbeinstückchen, nicht größer als Briefmarken, man mußte sie durch ein Vergrößerungsglas betrachten, und Cleo brauchte auch ein Vergrößerungsglas, wenn sie malte. »Bedenke doch, wie angenehm es ist, daß ich alle meine Gemälde in einer Zigarrenkiste mit mir herumtragen kann! Andere Maler brauchen Säle und nochmals Säle, um ihre Ölgemälde unterzubringen!« pflegte sie zu sagen. Sie hatte eine eigene Wohnung mit einem kleinen Bad und einer Küche hinter dem Teil des Appartements, den ihre Eltern bewohnten, und es war immer ziemlich finster bei ihr, denn zu ihr drang das Tageslicht nur über einen winzigen Hinterhof herein, der völlig überwuchert war von großen Ailanthusbäumen, die das Licht aussperrten. Bei Cleo brannten stets die Lampen, trübe Lampen, die zu jeder Tageszeit eine nächtliche Atmosphäre schufen. Abgesehen von jenem Abend, an dem er sie kennenlernte, hatte Tom Cleo bisher nur in enganliegenden Samthosen der verschiedensten Farben und lustig gestreiften Seidenhemden gesehen. Sie hatten sich gleich gemocht, vom ersten Abend an, als Cleo ihn für den nächsten Tag zum Abendessen eingeladen hatte. Cleo lud ihn immer in ihre Wohnung ein, und seltsamerweise tauchte niemals der Gedanke auf, daß er sie zum Essen oder ins Theater einladen, daß er all das Übliche mit ihr tun könnte, was sich für einen jungen Mann geziemt. Sie erwartete nicht von ihm, daß er ihr Blumem mitbrachte oder Bücher oder Süßigkeiten, wenn er zum Essen oder zu ein paar Cocktails kam, allerdings brachte Tom ihr doch hin und wieder eine kleine Aufmerksamkeit, weil ihr das solche Freude machte. Cleo war der einzige Mensch, dem er erzählen konnte, daß er nach Europa fuhr und weshalb. Und er tat es.
    Cleo war hell begeistert, genau wie er es von ihr erwartet hatte. Die roten Lippen in ihrem langen, blassen Gesicht teilten sich, ihre Hände fielen auf die samtbespannten Schenkel, und sie rief: »Tommie! Das ist ja einfach herrlich! Das könnte geradezu aus Shakespeare sein oder so was!«
    Das war genau das, was auch Tom dachte. Genau das hatte er von irgend jemandem hören müssen.
    Den ganzen Abend rannte Cleo aufgeregt um ihn herum, fragte, ob er dies habe und jenes, Taschentücher und Grippetabletten und Wollsocken, weil es doch im Herbst in Europa anfing zu regnen, und seine Impfungen. Tom sagte, er fühle sich aufs beste vorbereitet.
    »Nur eins, Cleo - bitte komm nicht ans Schiff. Ich möchte nicht ans Schiff gebracht werden.«
    »Natürlich nicht!« sagte Cleo, sie verstand vollkommen.
    »Oh, Tommie, wird das ein Spaß werden! Schreibst du mir auch alles

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