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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche

Titel: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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nicht zur Schule, nicht zur Kirche, brauchte niemanden als Herrn anzuerkennen, brauchte keiner lebenden Seele zu gehorchen. Er konnte schwimmen und fischen gehen, wann und wo er wollte, konnte bleiben, solang' es ihm behagte. Niemand verbot ihm, sich mit anderen zu prügeln, und abends konnte er aufbleiben bis Mitternacht und länger, ihn zankte keiner. Er war der erste, der barfuß lief im Frühling und der letzte, der im Herbste wieder in das lästige Leder kroch. Zu waschen brauchte er sich nie, zu kämmen auch nicht, noch frische Wäsche anzuziehen, und fluchen konnte er wie ein Alter, wundervoll. Mit einem Wort, alles, alles, was das Leben schön und angenehm macht, besaß dieser beneidete Huckleberry im reichsten Maße. So dachte und fühlte jeder einzelne der armen, geplagten, »anständigen« Jungen in St. Petersburg. Tom rief also natürlich diesen für ihn romantischsten aller Helden sofort an:
    »Holla, Huckleberry!«
    »Holla, du selber!«
    »Was hast du da?«
    »Tote Katze.«
    »Zeig her, Huck. Herrgott, wie steif! Woher hast du's?«
    »Gekauft von 'nem Jungen.«
    »Was hast du dafür gegeben?«
    »'ne Schweinsblase und 'nen blauen Zettel.«
    »Woher war denn der blaue Zettel?«
    »Von Ben Rogers, dem hab ich vor vierzehn Tagen 'ne prachtvolle Gerte dafür gegeben.«
    »Zu was kann man denn tote Katzen brauchen, Huck?«
    »Zu was? Ei, um Warzen zu vertreiben.«
    »Nein! Wahrhaftig? Ich weiß noch was Besseres.«
    »Du? Wird was Recht's sein! Was denn?«
    »Wasser aus faulem Holz!«
    »Wasser aus faulem Holz! Ist den Kuckuck nix wert.«
    »Nichts wert? Hast du's probiert?«
    »Ich nicht, aber Bob Tanner.«
    »Wer hat dir's gesagt?«
    »Wer? Ei er hat's dem Willy Thatcher gesagt und der dem Johnny Baker und der dem Jim Hollis und der dem Ben und der Ben 'nem alten Nigger und der mir. Na, nun weißt du's!«
    »Na und was weiter? 's ist ja doch nur gelogen! Die lügen alle miteinander, bis auf den Nigger, den kenn' ich nicht. Aber ich kenn auch keinen Nigger, der nicht lügt, oder du? Jetzt aber erzähl', wie's der Bob Tanner gemacht hat mit den Warzen, Huck!«
    »Na, der hat seine Hand in 'nen alten Baumstumpf gesteckt, in dem Regenwasser war.«
    »Am Tag?«
    »Natürlich.«
    »Mit dem Gesicht nach dem Baum zu?«
    »Gewiß, ich glaub' wenigstens.«
    »Hat er was dazu gesagt?«
    »Was weiß ich? – Wahrscheinlich nicht!«
    »Aha! Da haben wir's! Und dann will der Kerl Warzen mit faulem Wasser kurieren und stellt sich so an! Da kann's natürlich nichts nützen. Ich will dir sagen, wie man's macht. Erst geht man ganz mutterseelenallein mitten in den Wald, wo man einen alten Baumstumpf mit Wasser weiß und dann, wenn's Mitternacht ist, stellt man sich mit dem Rücken nach dem Stumpf zu, tunkt die Hand ins Wasser und sagt:
    Schreit die Eule, quakt der Frosch, scheint der Mond darauf,
    Faules Wasser, Zauberwasser zehr' die Warzen auf!
    Danach tritt man rasch mit geschlossenen Augen elf Schritt vor, dreht sich dreimal um sich selbst und geht heim, ohne mit jemand ein Wort zu reden. Denn wenn man das tut, ist der Zauber gebrochen!«
    »Na, das läßt sich hören, so aber hat's der Bob nicht gemacht, das weiß ich gewiß!«
    »Ja, da hast du wahrlich recht, denn der ist jetzt noch der warzigste Jung' in der Schule, und wenn er sich mit dem faulen Wasser nicht dumm angestellt hätte, so brauchte er keine einzige mehr zu haben. Ich bin so schon über tausend Warzen los geworden, Huck. Ich greif' so viele Frösche an, daß ich immer ein paar Dutzend Warzen an den Händen habe. Manchmal nehm' ich auch eine Bohne.«
    »Ja, Bohnen sind gut. Das hab ich schon selbst probiert.«
    »Wirklich? Wie machst du's?«
    »Ei, ich nehm die Bohne und schneid sie in zwei Stücke, ritz dann die Warze blutig und tröpfle das Blut auf das eine Stück der Bohne und vergrab das um Mitternacht beim Vollmond am Kreuzweg. Das andere Stück wird verbrannt. Jetzt zieht und zieht das blutige Stück und will das andere nachziehen, und das Blut zieht mit und zieht, bis die Warze fort ist. So mach ich's.«
    »Und das ist auch ganz richtig, Huck, nur hilft's noch mehr, wenn du beim Vergraben sagst: ›Fort die Bohne, Warze fort, komm nicht mehr zum alten Ort.‹ Das ist ausgezeichnet, sag ich dir. So macht's Joe Harper und der war schon beinahe in Cronville und fast überall. Aber das mit der toten Katze, das weiß ich nicht.«
    »Na, das ist einfach. Du nimmst die tote Katze und gehst auf den Kirchhof, so um Mitternacht herum, auf das Grab von

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