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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche

Titel: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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wollen, das kannst du nicht mehr zurücknehmen. Du weißt aber noch mehr über den Kerl, was du nicht sagen willst. Komm mal her, Junge, vertrau mir, sag's, hab keine Angst, du kannst mir trauen, ich verrat dich keinem!«
    Huck starrte einen Moment in die ehrlichen Augen des alten Mannes, dann beugte er sich über den Tisch und flüsterte ihm ins Ohr:
    »'s ist ja gar kein Spanier, – 's ist der Indianer-Joe !«
    Der Walliser sprang fast von seinem Stuhl auf vor Erstaunen, dann sagte er:
    »Jetzt ist mir alles klar. Als du gestern abend von Nasenschlitzen und Ohrenabschneiden sprachst, dacht ich, 's sei 'ne Erfindung von dir, ein Weißer rächt sich nicht auf solche Art. Ein Indianer aber! Das ändert die ganze Sache!«
    Während des Frühstücks wurde die Unterhaltung fortgesetzt und im Verlauf derselben erzählte der alte Mann, er und seine Söhne hätten, ehe sie zu Bett gingen, eine Laterne angezündet und die Stelle dort oben am Zaun gründlich nach Blutspuren untersucht. Die hätten sie zwar nicht gefunden, aber dafür ein dickes Bündel –
    »Ein Bündel?«
    Wenn diese Worte Blitze gewesen wären, sie hätten nicht mit größerer Plötzlichkeit Hucks erblaßten Lippen entfahren können. Seine Augen starrten weit geöffnet, sein Atem kam stoßweise, während er mit Zittern der weiteren Rede des alten Mannes harrte. Dieser stockte, starrte hinwiederum Huck an, drei, fünf, zehn Sekunden lang und sagte dann:
    »Ja, ein Bündel Einbrecherwerkzeuge! Na, nu sag aber mal, was mit dir los ist, Junge!«
    Huck war in seinen Stuhl zurückgesunken, erleichtert und dankbar aufatmend. Der Walliser sah ihn lange aufmerksam an, dann bestätigte er nochmals:
    »Ja, Diebswerkzeuge. Dir scheint ein Stein dabei vom Herzen zu fallen. Was hat dich denn aber so in Aufregung gebracht? Was hätten wir denn sonst finden sollen?«
    Wieder saß Huck in der Klemme! Das forschende Auge ruhte auf ihm, – er hätte irgend etwas um eine annehmbare Ausrede gegeben. Nichts wollte ihm einfallen; der forschende Blick drang tiefer und tiefer, – eine sinnlose Antwort stieg in ihm auf – und da keine Zeit zum Überlegen war, so stieß er denn schwach hervor:
    »Sonntagsschulbücher, – vielleicht.«
    Der arme Huck war zu befangen, um auch nur lächeln zu können, der alte Mann aber lachte, lachte aus vollem Halse, laut und herzlich, so daß alles an ihm, vom Kopf bis zu den Füßen wackelte, und als er wieder zu Atem kam, meinte er, solch ein Lachen sei wie bares Geld in der Tasche, denn es erspare einem lange Doktorsrechnungen. Dann fügte er bei:
    »Armer, kleiner Kerl, siehst ganz blaß und angegriffen aus, 's scheint dir gar nicht wohl zu sein. Kein Wunder, daß du ein wenig faselig geworden und aus dem Gleichgewicht geraten bist. Wird schon wieder besser werden. Ruhe und Schlaf sollen dich schon auskurieren, denk ich.«
    Huck ärgerte sich schwer bei dem Gedanken, solch verräterische Erregung gezeigt zu haben, denn es waren ihm schon damals, als er die Schurken bei dem Zaun der Witwe belauschte, Zweifel gekommen, ob das mitgebrachte Paket der Schatz sei. Doch war dies immerhin nur Vermutung gewesen, die jetzt erst zur Gewißheit wurde. Die Kiste war also noch an ihrem alten Platz, und nun war's eine Kleinigkeit für Tom, wenn die beiden Halunken unter Tags eingefangen wurden, am Abend nach jener bewußten »Nummer Zwei« zu gehen und sich des Schatzes zu versichern. Alles schien herrlich im Zuge!
    Gerade, als das Frühstück beendet war, klopfte es an die Türe. Huck versteckte sich geschwind, denn es lag ihm gar nichts daran, mit dem letzten Ereignis in Zusammenhang gebracht zu werden. Der Walliser öffnete und ließ mehrere Herren und Damen herein, unter denen sich auch die Witwe Douglas befand. Dabei bemerkte er, daß noch andere Einwohner des Ortes truppweise den Hügel erstiegen, um sich den Schauplatz der nächtlichen Ereignisse zu besehen. Die Kunde von dem Vorgefallenen hatte sich also schon verbreitet.
    Nun mußte der Alte den Besuchern die Geschichte der Nacht bis ins kleinste berichten. Die Dankbarkeit der Witwe Douglas für ihre Rettung machte sich in warmen Worten Luft.
    »Verlieren Sie kein Wort weiter, Madame,« wehrte der Alte ab, »'s gibt einen, dem Sie zu viel größerem Danke verpflichtet sind, als mir und meinen Jungens, der will aber seinen Namen nicht genannt haben. Ohne den, sag ich Ihnen, wären wir niemals dazu gekommen, die Halunken zu verjagen.«
    Dies erregte natürlich die allgemeine Neugierde in so hohem

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