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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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jung aus.« Rentnerinnen himmelten ihn an. Hollands Vater war bei der Armee gewesen, und Thorne hatte die Erfahrung gemacht, dass dies selten ohne Probleme vonstatten ging. Holland bewegt sich nicht einmal wie ein Polizist, dachte er. Polizisten hüpfen einen Abhang nicht wie eine Bergziege hinunter. Polizisten bewegen sich wie … Krankenwagen.
    »Eine Tasse Tee, Sir?«
    Okay, er war vielleicht etwas voreilig gewesen. Es gab immer Tee.
    »Nein. Erzählen Sie mir was über den Zeugen.«
    »Gut, aber machen Sie sich keine großen Hoffnungen.«
    Thorne stöhnte. Also kein Durchbruch.
    »Wir haben eine vage Beschreibung des Täters.«
    »Wie vage?«
    »Größe, Statur, dunkler Wagen. Der Zeuge, George Hammond …«
    Und schon wieder dieses verdammte Notizbuch. Am liebsten hätte er es diesem kleinen Mistkerl in den Arsch geschoben.
    »… befand sich oberhalb des Pfads, ungefähr hundert Meter die Hauptstraße hinauf. Er dachte, der Kerl würde einen Müllbeutel rüberschmeißen.«
    »Und das war’s? Größe und Statur?«
    »Über den Wagen gibt’s noch mehr. Angeblich war es ein »schöner« Wagen. Ein teurer.«
    Thorne nickte langsam. Zeugen. Noch so eine Sache, mit der er sich abfinden musste. Selbst die guten lieferten widersprüchliche Berichte über dasselbe Ereignis.
    »Mr. Hammond sieht nicht mehr so gut, Sir. Er ist ein alter Mann. Er war mit dem Hund spazieren. Er sitzt jetzt bei uns im Auto.«
    »Moment mal, dieses Geländer ist einsachtzig hoch. Wie groß war der Mann nach Meinung des Zeugen?«
    »Einsfünfundachtzig, einsneunzig. Das Mädchen ist nicht besonders groß, Sir.«
    Thorne blinzelte ins Licht. »Gut, ich werde gleich mit dem optisch überforderten Mr. Hammond reden. Diese Sache werden wir auch noch überstehen.«
    Phil Hendricks stand über die Leiche gebeugt, sein Pferdeschwanz steckte unter der grellgelben OP-Haube. Die forensischen Spezialisten hatten ihre Arbeit beendet; nun war Hendricks an der Reihe. Thorne beobachtete den allzu vertrauten Ablauf, bei dem der Pathologe die Temperatur maß und eine oberflächliche Untersuchung durchführte. Etwa jede Minute ging Hendricks in die Hocke und murmelte etwas in sein Diktiergerät. Wie immer wurden sämtliche Details vom Kameramann der Polizei unsterblich gemacht. Thorne wunderte sich stets über diese Leute. Einige von ihnen schienen sich einzubilden, Filmemacher zu sein – einmal hatte Thorne einen Kameramann angeblafft, weil der gerufen hatte: »Ich habe alles im Kasten.« Einige hatten so einen merkwürdigen Glanz in den Augen, als wollten sie sagen: »Du solltest mal zu mir nach Hause kommen und dir das Filmmaterial anschauen, das ich meinen Kumpels an Weihnachten zeige.« Thorne fragte sich, ob sie alle darauf warteten, von einer Fernsehgesellschaft entdeckt zu werden, die scharf auf Pseudodokumentarfilme war. Vielleicht war er zu hart – auch in Bezug auf Holland. Vielleicht waren es einfach die perfekt gebügelten Bundfaltenhosen, die er nicht mochte. Vielleicht war es auch nur, weil Holland als junger Polizist jedem gefallen wollte.
    War er nicht selbst so gewesen? Vor fünfzehn Jahren auf seinem Weg ins Unglück?
    Hendricks packte seine Instrumente ein und blickte zu Thorne in einer Art auf, wie er es schon bei vielen Gelegenheiten getan hatte. Pathologen waren angeblich kälter als alle anderen, doch trotz der schnoddrigen Art des Mannes, dem Näseln und dem schwarzen Humor wusste Thorne, was Hendricks fühlte. Er hatte oft genug gesehen, wie er in sein Bierglas geweint hatte.
    »Er wird langsam leichtsinnig, wenn du mich fragst.« Hendricks spielte an einem seiner vielen Ohrringe. Acht waren es das letzte Mal, als Thorne sie gezählt hatte. Die dicken Brillengläser verliehen ihm etwas Gelehrtenhaftes, doch die Ohrringe, Tätowierungen und der Hang zu extravaganter Kopfbedeckung stuften ihn, gelinde gesagt, als unkonventionell ein. Thorne kannte den geselligen Gruftie-Pathologen, der zehn Jahre jünger und außerordentlich tüchtig war, seit fünf Jahren. Thorne mochte ihn sehr.
    »Ich frag dich nicht, aber danke für die Untersuchung.«
    »Kein Wunder, dass du empfindlich reagierst, Kumpel. Zwei zu eins verloren im Heimspiel gegen Bradford?«
    »Wurden richtig vorgeführt.«
    »Klar!«
    Er legte den Kopf in den Nacken und blickte in den dunklen Nachthimmel hinauf, wo er den Großen Wagen erkannte. Er suchte immer nach ihm – es war die einzige Konstellation, die er vom Sehen her kannte. »Dann war er es also?«
    »Bis zum

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