Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
in einem Pub – Geburtstag einer Freundin … echt toll.«
Gut. Er war froh, dass sie glücklich war. Umso mehr Lebenswillen hatte sie. Also …
»Ich nehme an, Sie möchten keinen Schlummertrunk mehr?« Er griff durchs Wagenfenster und präsentierte mit einer schwungvollen Gebärde eine Flasche Champagner.
»Ich werd verrückt. Was feiern Sie denn?«
Du meine Güte, was machten die Mädchen bloß für ein Aufhebens um eine Flasche Schampus? Wie die Golduhr eines Hypnotiseurs.
»Hab sie bei einer Party gemopst.« Dann das Kichern. »Ein letzter Drink?«
Dreißig Minuten bedeutungsloses Blabla. Sie war vollkommen mit ihrem eigenen Zeug beschäftigt. Nitas Freund … Linzis Probleme bei der Arbeit … ein paar dreckige Witze. Er hatte gelächelt, genickt und gelacht. Dann war es Zeit für den unschuldig aussehenden Mann, seine narkotisierte Freundin hinten in den Wagen zu verfrachten und zu sich nach Hause zu fahren.
Dann hatte er telefoniert und sie zurechtgesetzt.
Und jetzt war Helen gar nicht mehr so geschwätzig.
Wieder dieses verzweifelte Gurgeln von irgendwo ganz tief unten.
»Psst, Helen, entspann dich. Es wird nicht lange dauern.«
Er positionierte seine Daumen jeweils rechts und links des knochigen Höckers am Schädelansatz und suchte nach dem Muskel, über den er mit ihr sprach.
»Spürst du diesen Muskel, Helen?«
Sie stöhnte.
»Der Sternocleidomastoideus. Ich weiß, ein dämlich langes Wort. Mach dir nichts draus. Es ist der Kopfwendermuskel, der bis zum Schlüsselbein reicht. Das, was ich suche, liegt hier drunter …« Er keuchte, als er es gefunden hatte. »Hier.«
Langsam legte er seine Finger um die Halsschlagader und begann zu drücken.
Er schloss die Augen und zählte in Gedanken die Sekunden. Zwei Minuten würden reichen. Er spürte, wie ein Schauer durch ihren Körper und durch seine dünnen Einmal-Handschuhe lief. Er nickte respektvoll in Bewunderung der Anstrengung, die selbst eine solch kleine Bewegung gekostet haben musste.
Er dachte über ihren Körper nach und darüber, wie er ihn berühren könnte. Sie gehörte ihm, sodass er tun könnte, wonach ihm der Sinn stand. Er könnte seine Hände unter ihre Bluse gleiten lassen. Er könnte sie umdrehen und in ihren Mund eindringen. Doch das würde er nicht tun. Er hatte schon bei den anderen daran gedacht, doch die Sache hatte nichts mit Sex zu tun.
Nachdem er diese Möglichkeiten zur Genüge durchgespielt hatte, war er zu dem Ergebnis gekommen, dass dies ein normaler und gesunder Impuls war. Würde nicht jeder Mann das Gleiche bei einer Frau denken, die ihm ausgeliefert war? Die ihm so einfach zur Verfügung stand? Natürlich. Doch die Idee war nicht gut. Er wollte nicht, dass diese Angelegenheit als sexuelles Verbrechen eingestuft wurde.
Das würde sie von der Fährte abbringen. Und er wusste zuviel über DNA.
Aus Helens Kehle war ein Brummen zu hören. Sie konnte alles spüren, war sich ihrer selbst bewusst und kämpfte noch immer dagegen an.
»Es dauert nicht mehr lange … bitte sei jetzt still.«
Er bemerkte ein Trommelgeräusch und blickte, ohne den Kopf zu drehen, hinunter, wo ihre Finger verkrampft auf den Boden schlugen. Das Adrenalin veranstaltete ein hoffnungsloses Rückzugsgefecht gegen das Betäubungsmittel. Sie könnte es schaffen, dachte er, sie hat einen so starken Lebenswillen.
Eine Minute fünfundvierzig Sekunden. Seine Finger blieben in Position, als er sich vorbeugte. »Gute Nacht, Schlafmütze, jetzt kommt der Sandmann …«
Sie hörte auf zu atmen.
Dies war der kritische Moment. Seine Bewegungen mussten schnell und genau sein. Er lockerte den Druck auf der Halsschlagader und schob ihren Kopf heftig nach vorn, bis ihr Kinn die Brust berührte. In dieser Position ließ er ihn eine Weile, bis er ihn ganz nach hinten drückte, sodass er ihr ins Gesicht blicken konnte. Ihre Augen waren geöffnet, ihr Mund hing schlaff nach unten, Speichel lief an ihrem Kinn hinunter. Er widerstand dem Drang, sie zu küssen, und hielt ihren Kopf aufrecht, in einer neutralen Position. Dann krallte er seine Finger in ihr langes braunes Haar und drehte den Kopf nach hinten über die linke Schulter.
Dort hielt er ihn einen Moment. Dann über die rechte Schulter. Mit jeder Drehung riss er innen die Wirbelarterie entzwei. Jetzt war sie an der Reihe.
Vorsichtig legte er sie auf den Boden in die Stabile Seitenlage. Er schwitzte heftig, griff nach einem Glas Wasser und setzte sich auf einen Stuhl und beobachtete sie. Um darauf
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