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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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ich bring ein Kind um.«
    Noch ein paar Straßen weiter glaubte Thorne die Hupen zu hören, die auf ihn einblökten, als er aus dem Mondeo kletterte und zu laufen begann. Jetzt galt der wütende und frustrierte Lärm dem verlassenen Auto.
    Oh Gott …
    Er wurde langsamer, seine Hände flogen an den Kopf, seine Beine waren plötzlich bleischwer.
    Scheiße …
    Woher kamen sie? Aus welcher Richtung würde die Verstärkung kommen? Brigstocke, Holland, die bewaffnete Einheit? Der Verkehr war schon vorher unmöglich gewesen. Jetzt ging, dank ihm, überhaupt nichts mehr. Wenn die Autos denselben Weg genommen hatten wie er …
    Plötzlich bemerkte Thorne die Schuljungen, die an ihm vorbeiliefen. Zuerst nur allein oder zu zweit, später in größeren Gruppen. Quasselnd und herumalbernd. Blaue Blazer mit bordeauxroten Paspeln. Die Krawatten hatten sie für die Fahrt nach Hause bereits abgenommen.
    Er war fast dort.
    Er holte tief Luft, was wehtat, und zwang sich weiterzulaufen.
    Wir können nur hoffen, dass sich mehr junge Frauen ihres Kalibers melden und ihre Dienste der öffentlichen Sicherheit …
    In den von Bäumen gesäumten Straßen um die Schule wimmelte es jetzt von Blau und Bordeauxrot, hallte es wider von lauten Rufen, Spötteleien und Geprahle.
    Er bekam Seitenstechen, die Vibrationen jeden Schritts schickten eine Schmerzwelle durch seine zerbrochene Nase hinauf in seine Stirn. Er hörte seinen rasselnden Atem. Unter seiner Jacke klebte das schweißnasse Hemd an seinem Rücken. Er zitterte, als die kalte Luft in seinen Kragen blies.
    Gott, waren die riesig, einige von ihnen. Zwei herumlungernde Teenager, die gestreiften Krawatten um die Stirn gebunden, versperrten ihm den Weg auf dem Bürgersteig. Thorne senkte den Kopf und rannte einfach zwischen ihnen hindurch, ohne sich um ihr Gejohle zu scheren, als er unter Aufbietung seiner letzten Kräfte die Schuleinfahrt hinauflief.
    Während er rannte, während seine Füße unter ihm auf den Boden klatschten, erinnerte er sich daran, wie der Wagen langsam über den knirschenden Kies gerollt war, als er das letzte Mal diese Auffahrt benutzt hatte. Wie er und Holland sich über ihre Schulen unterhalten hatten.
    Dann in der Schule selbst, als er das erste Mal das Gesicht von Stuart Nicklin gesehen hatte. Das abgewandte Gesicht.
    Durch dieses größte aller Opfer hat die Polizeibeamtin dazu beigetragen, die Entschlossenheit derer, die sie zurücklässt, zu erhöhen in dem Kampf …
    Würde er dieses Gesicht leibhaftig sehen?
    Es waren nur noch etwa dreißig Meter. Die Auffahrt beschrieb einen scharfen Bogen nach rechts und verengte sich abrupt zu einem Engpass vor dem hohen, schmalen Tor, dem Haupteingang zum Schulhof.
    Er wurde langsamer, als er näher kam.
    Alles wirkte normal. Die Kinder kamen lächelnd aus dem Schulhof. Nichts war zu hören, kein unnormales Geräusch. Er hörte auf zu rennen, wurde noch langsamer, bis er nur noch schnell ging. Kam wieder zu Atem. Alles schien normal, doch er hatte keine Ahnung, was ihn hinter dem Tor erwartete.
    Mit einem Mal war er zutiefst beunruhigt – schwitzte keinen Deut weniger als vorher, als er gerannt war.
    Falls die Mitteilung, wie immer sie lautete, wie immer sie formuliert war, in der Schule angekommen war, ginge es hier mitnichten so normal zu. Wären dann die Kinder nicht im Gebäude? Fern jeder Gefahr?
    Thorne ging an einem Jungen vorbei, blieb kurz am Tor stehen und schritt hindurch.
    Da stand er, hatte Seitenstechen, und musterte die weite Fläche, die sich vor ihm ausbreitete. Versuchte, alles schnell aufzunehmen. Das Hauptgebäude zu seiner Rechten. Die riesigen Fenster der Turnhalle, dahinter die Sprossenwände. Weiter vorn die neueren Gebäude – der Block für die Sechstklässler, die Musikräume – und dahinter die Sportplätze. Noch immer waren jede Menge Kinder unterwegs. Von irgendwoher war Singen zu hören. Ein paar Lehrer liefen herum …
    McEvoy …
    Er machte einen Schritt in ihre Richtung und erstarrte. Ihre Augen quollen verängstigt aus einem blutleeren Gesicht. Thorne blieb endgültig die Luft weg.
    »Sarah …«
    Dann erhaschte Thorne den ersten Blick auf das Gesicht des Mannes, der unmittelbar hinter ihr ging. Der Mann, der sie sanft, aber bestimmt in seine Richtung führte. Der Mann, der stehen blieb und ihm direkt ins Gesicht sah, finster dreinblickend, als wäre er nur ein weiteres Hindernis.
    Nun wusste Thorne, warum Ken Bowles umgebracht worden war.

Neunundzwanzigstes Kapitel
    »Sie sind ganz

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