nicht«, warf Jesmond ein. »Wir können uns nicht sicher sein, dass er seinen Freund wirklich hinter Gittern sehen möchte, auch wenn er das behauptet.«
Thorne schüttelte den Kopf. »Da bin ich mir sicher, Sir.«
Und doch …
Etwas verbarg Palmer. Er schien voll zu kooperieren, jede Frage zu beantworten, aber Thorne spürte, es gab Stellen, die ihm unangenehm waren, Szenen, bei deren Schilderung er sich nicht wohl fühlte und sich daher zurückhielt.
Thorne würde weiter nachbohren. Wenn sie ihn denn ließen …
»Was ist mit diesen E-Mails?« Jesmond öffnete einen grünen Ordner und zog Kopien mit Nachrichten heraus, die Nicklin an Palmer geschickt hatte. Die Jungs von der EDV hatten sie von Palmers PC zu Hause ausgedruckt.
»Lassen sich nicht zurückverfolgen«, entgegnete Thorne. »Anonyme Server. Die Rechnungen wurden mit gestohlenen Kreditkarten bezahlt. Er war sehr vorsichtig.«
Jesmond überflog rasch einige der Mails, die er bereits gelesen hatte. Bei den schauerlichsten spannte sich sein Kiefer an – bei jenen, die die Anweisungen für Palmer enthielten: Datum, Tatort und Tötungsweise.
»Können wir diese E-Mails nicht einfach überwachen?«, erkundigte sich Jesmond. »Sie auf einen unserer Computer übertragen lassen?«
Thorne beugte sich vor. »Natürlich halten wir Ausschau nach jedem Kontaktaufnahmeversuch von Nicklin und setzen die Beschreibung ein, die wir haben. Aber ich denke nicht, dass das genügen wird, Sir. Es läuft auf alles oder nichts hinaus.« Er zog ein Blatt Papier aus dem Stapel heraus und schob es Jesmond hin.
»Sehen Sie sich die Mail hier an, sie geht dem ersten Mord Wochen voraus.«
Jesmond griff danach und fing an zu lesen.
Received: (qmail 270003 invoked by alias); 28 June
2001 11: 35: 29-0000
Date: 28 June 2001 11: 35: 29 -0000
Message-ID:<
[email protected]>
To:
[email protected] Subject: Sommergedanken
From: Alter Freund
Martin. Schon eine Idee? Ich kann dich sehen, wie du darüber nachdenkst. Manchmal wirkst du vollkommen abwesend, und mir ist klar, du stellst es dir vor. Bald wird es weitaus mehr sein als eine Vorstellung. Ich nehme an (wie ich es bei dir immer annehmen konnte), dass du mit an Bord bist. Die vollen Details werde ich dir zukommen lassen etc. etc. An deinem Gesicht kann ich ablesen, dass du diese Sommer nicht vergessen hast. Denk an die Sommer, die vor uns liegen …
Jesmond sah auf und hinüber zu Thorne. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts. War er dumm oder stellte er sich nur dumm? Thorne war sich nicht sicher.
»Er beobachtet ihn, Sir. Das sagt er. ›Ich kann dich sehen‹, ›Manchmal wirkst du vollkommen abwesend‹, ›An deinem Gesicht kann ich ablesen‹ … Er beobachtet ihn.«
»Es klingt so, als habe er ihn beobachtet, das steht fest««, entgegnete Jesmond.
»Ich denke, er beobachtet ihn noch immer. Er hat gern die Kontrolle.«
Norman war versessen darauf zu zeigen, dass seine letzte Frage, auch wenn sie etwas … dämlich war, durchaus nicht typisch für ihn war. »Falls er ihn noch immer beobachtet, worüber reden wir dann? Sie selbst haben gesagt, dass wir nicht sicher sein können, ob er nicht gesehen hat, wie Palmer die Sache mit Jacqueline Kaye verbockte? Genauso gut könnte er ihn dabei gesehen haben, wie er letzten Montag in die Polizeiwache spazierte. Falls er bereits weiß, dass wir Palmer haben, Detective Inspector, wäre das, worum Sie uns bitten, eine enorme und möglicherweise sogar gefährliche Zeitverschwendung. Oder etwa nicht?«
Die Frage lag auf der Hand. Die Frage, die Thorne am meisten befürchtet hatte. Ihm war klar, wie wenig überzeugend seine Antwort war, doch er hatte keine andere. »Es ist ein Risiko, das wir eingehen müssen. Deshalb müssen wir schnell handeln.« Jesmond starrte auf die vor ihm liegenden Unterlagen. Norman steckte seinen Stift weg. Thorne fiel noch etwas ein. »Ich behaupte nicht, dass er Palmer ständig beobachtet. Das ist unmöglich. Palmer hatte den Eindruck, er habe einen Full-Time-Job Jesmond begann seine Unterlagen einzusammeln, als sei seine Entscheidung bereits gefallen. »Risiko, sagten Sie. Risiko trifft es ziemlich genau, Thorne. Wir nehmen einen Mörder, einen Mann fest, der mindestens zwei Frauen umgebracht hat, und lassen ihn wieder auf die Straße …«
Thorne seufzte frustriert. »Das tun wir nicht. Ich hab Ihnen doch erzählt …«
»Wie würden Sie es dann nennen?«
»Ihn … sichtbar bleiben lassen. Nicklin nicht