Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
einschlug. »Ich bin nicht sicher, ob die Zeitungen sich darauf einlassen. Sie wissen nur zu gut, dass sie es sich mit ihrer Leserschaft verderben könnten, wenn sie falsche Mordgeschichten bringen. Sie werden nur so lange mitspielen, solange das nicht ihrer Auflage schadet.«
»Nicklin muss glauben, Palmer sei noch immer da draußen und morde für ihn. Können wir die Zeitungen nicht dazu bewegen, das zu drucken, was wir wollen?«
Jesmond blickte hinüber zu Norman. »Steve?«
Norman suchte Thornes Blick. Wer stellt jetzt hier die dummen Fragen! »An dem, was Detective Chief Inspector Brigstocke sagt, ist durchaus was dran. Man müsste einen Ausgleich schaffen. Ihnen das Gefühl geben, sie seien altruistisch, und ihnen zugleich die große Story anbieten, falls die Sache funktioniert. Falls wir Nicklin fassen.«
Thorne nickte. Das klang nach einem gangbaren Weg.
Norman war noch nicht fertig. »Selbstverständlich müssen wir mit anderen, größeren Problemen rechnen. Möglicherweise … so gut wie sicher, wird es undichte Stellen bei der Ermittlung selbst geben, ganz zu schweigen von dem eher seltenen Typus des Journalisten, der unter dem merkwürdigen Zwang leidet, die Wahrheit zu erzählen.« Er bedachte Thorne mit einem traurigen Lächeln und zuckte mit den Achseln.
»Vielleicht bin ich ein bisschen unterbelichtet«, sagte Jesmond und zeigte seine scharfen Eckzähne, »aber mir ist noch immer nicht ganz klar, warum wir nicht einfach die Wahrheit in den Zeitungen bringen sollen. Über den missglückten Angriff auf Ms. Kaye, meine ich.«
Norman nickte eifrig, und er hörte auch nicht auf zu nicken, als er ergänzte: »Genau. ›Mörderpaar schlägt wieder zu. Einer schlägt daneben.‹«
»Oder was in der Richtung«, stimmte Jesmond zu. »Möglicherweise jagen wir Nicklin einen Schrecken ein, wenn wir den Fehlschlag publik machen. Bringen ihn vielleicht dazu, Kontakt zu Palmer aufzunehmen.«
Alle Augen richteten sich auf Thorne. Er bezweifelte ernsthaft, dass es etwas gab, was Nicklin einen Schrecken einjagen könnte. Doch obwohl er nicht ganz von der Hand weisen konnte, was Jesmond sagte, beschloss er, seine Linie beizubehalten. »Ich bin überzeugt davon, dass die größte Gefahr darin liegt, das Muster zu unterbrechen.«
Jesmond war nicht weniger stur. »Vielleicht weiß er ohnehin Bescheid. Vielleicht hat er beobachtet, wie Palmer Mist baute. Er könnte gesehen haben, wie er dabei versagte, Jacqueline Kaye zu töten. Was dann?«
»Wir können das nicht mit Gewissheit ausschließen, solange die fehlende Leiche nicht auftaucht und wir den Zeitpunkt des Todes nicht wissen. Doch die Morde an Lovell und Choi lassen darauf schließen, dass dies nicht zum Muster gehört. Meiner Ansicht nach erledigt Nicklin seinen Teil und bezieht dann einen weiteren Kick daraus, sich später hinzusetzen und zuzusehen, wie die Berichte über Palmers Mord in den Zeitungen und TV-Nachrichten gebracht werden, Sir.«
Jesmond schüttelte bedächtig den Kopf. »Es muss noch andere Optionen geben. Etwas konventionellere Ermittlungsmethoden. Für den Anfang haben wir eine Beschreibung, und es klingt doch ganz so, als hätten wir es in erster Linie einer guten Beschreibung zu verdanken, dass wir Palmer bekommen haben.«
»Das stimmt, Sir«, erwiderte Thorne, wobei er sich insgeheim dachte: Ja, und wem verdanken wir das! »Leider kann man die Beschreibung Palmers, die auf einem einzigen Treffen beruht, kaum als gut bezeichnen. Nicklin trug einen Bart. Soweit wir wissen, ist der inzwischen ab. Palmer hat im Grunde genommen nur einen Eindruck von diesem Mann, eine Beschreibung, die auf der Erinnerung beruht, die er an ihn hat, und weniger darauf, wie er jetzt aussieht.« Vor Thornes geistigem Auge tauchte der verwirrte Ausdruck auf Palmers Gesicht auf, als er sich – wenig erfolgreich – bemühte, sich daran zu erinnern, wie der Junge, den er früher kannte, an dem Tag aussah, als er an seinen Lunchtisch trat und seine kleine langweilige Welt auf den Kopf stellte. »Palmer kann den fünfzehnjährigen Jungen beschreiben, als habe er ihn gestern gesehen, aber kann uns kein genaues Bild von dem Mann geben, der vor sechs Monaten in das Bistro marschierte. Wir haben seine Größe und eine grobe Vorstellung von seinem Gewicht, seiner Kleidung und seiner Haarfarbe, aber wir haben kein Gesicht. Wir haben ihn die Aufnahme der Überwachungskamera von Euston ansehen lassen, doch er konnte Nicklin nirgends entdecken.«
»Oder er wollte es
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