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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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dass der geheimnisvolle Lärm von seinem eigenen Herzen stammte, das wie ein Tier in der Falle gegen seinen Brustkorb schlug. Es befriedigte ihn, das Rätsel gelöst zu haben.
    Jetzt war da nur noch der Schmerz in seinem Gesicht – und die Angst …
    Er blickte auf und sein Körper zuckte, und er rief einen Mädchennamen, als das lange, dunkle Etwas auf ihn herabsauste. Seine Augen waren zugekniffen, und seine Hände flogen von seiner Nase zu seinem Kopf. Jeder einzelne Finger wurde gebrochen – im Bruchteil einer Sekunde –, bevor seine Schädeldecke zerbarst.
    Der Mann mit dem Cricketschläger in der Hand musste, sehr zu seinem Ärger, sein Unterfangen schnell zu Ende bringen. Für ihn war es stets mit am wichtigsten gewesen zuzusehen … seinen Gedanken nachzuhängen. Nach einem Mord konnte er sich so gut wie nie an die Einzelheiten der Tat an sich erinnern. Er war dann mit den Gedanken ganz woanders.
    Heute blieb ihm wenig Zeit, um es zu genießen.
    Ächzend schwang er den Schläger.
    Der Mann zu seinen Knien schien zu hüpfen, und er brüllte einen Namen, der, wie dem Mann mit dem Schläger klar war, der seiner toten Frau war. Und das Geräusch des Schlägers, der sein Ziel traf, hörte sich an, als springe man auf eine Eierschachtel.
    Der Mann, der einmal einfach nur Stuart geheißen hatte, hob den Schläger, der nun feucht war und etwas klebrig. Er brachte die besudelte hölzerne Klinge hoch über seinem Kopf in Stellung und ließ sie mit der ganzen Kraft, die in ihm steckte, wieder herunterkrachen. Er spürte die Erschütterung in seinem Arm und den Schultern, schloss die Augen, und die Farben und Formen, die in der Dunkelheit vor ihm schwebten, waren wie Blutspritzer, die in den Dreck fliegen, und der zermatschte Körper eines Frosches, der in einem herrlichen Bogen durch den blauen Himmel ins hohe Gras segelt …
    Der Mann, der abwechselnd alter Freund und Schreckgespenst aus der Vergangenheit war und gelegentlich Sinnbild des Sommers, holte aus und schlug zu, holte aus und schlug zu, und dachte jedes Mal, es wäre das letzte Mal. Doch jeder neue Aufschlag, jedes Vibrieren, löste ein neues Verlangen in ihm aus, befreite aufs Neue den Hunger, und er spürte den Drang in seinem Kopf und die Gewalt in seinen Armen …
    Nach vielen Minuten endlich hörte der Mann, der seine letzte E-Mail mit dem Namen Nachtwächter unterzeichnet hatte, auf und blickte hinunter auf den Brei aus Knochen und Hirn und Blut, der auf dem ohnehin etwas schrillen Teppich ein neues Muster hinterließ.
    Er brauchte dreißig Sekunden, um zu Atem zu kommen, und dann ging er schnell zu Werke. Er zog die Handschuhe aus, wischte den Schläger sauber und steckte ihn zurück in die Tasche, aus der er bereits die sauberen Anziehsachen hervorgeholt hatte. Auf seine Schuhe achtend trat er zur Seite, weg von der Leiche. Er wollte nicht den Rest des Tages überall blutige Fußabdrücke hinterlassen.
    In weniger als zehn Minuten war er umgezogen und bereit zu gehen. Noch hatte er mehr als genug Zeit, um rechtzeitig in die Arbeit zu kommen. Als er die Haustür hinter sich zuzog, warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Er schüttelte den Kopf über seine Unvorsichtigkeit.
    Das Zifferblatt war blutbefleckt.
     
    Es gab da einen Spruch, von dem Thorne nicht genau wusste, woher er stammte, den er aber besonders mochte. Ein Satz, den er gehört und nie vergessen hatte.
    Klopf laut, das Leben ist taub.
    Danach versuchte er zu leben, allerdings gab es Gelegenheiten, und das gar nicht so selten, wo die Leute um ihn herum es vielleicht vorgezogen hätten, dass er den Lärmpegel etwas niedriger halten würde. Zeiten, in denen sie sich gar nicht für das Geschehen auf der anderen Seite der Tür zu interessieren schienen.
    Gewöhnlich klopfte Tom Thorne dann nur noch lauter. Heute war nicht einmal er sich sicher, ob er sich wirklich wünschte, dass diese Tür sich auftat. Heute würde ein Mann eines gewaltsamen Todes sterben. Ein Mann, der – wäre da nicht Thorne, wäre da nicht der Kurs, den Thorne eingeschlagen hatte – womöglich am Leben bleiben könnte. Darauf lief es hinaus, so einfach war das. Und von dieser Vorstellung in seinem Kopf verfolgt zu werden, sobald man morgens die Augen aufschlug, war nicht angenehm.
    Thorne raste wie ein Verrückter ins Büro. Doch falls er gehofft hatte, es wäre … leichter, mit Menschen um sich, mit dem Team – im Zentrum des Geschehens –, hatte er sich getäuscht.
    Es schien, als könnten seine Kollegen,

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