Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
Vom Netzwerk:
nein, nicht nur seine Kollegen – die Frau im Zeitungskiosk, der Postbote, jeder Autofahrer, den er auf dem Weg ins Büro auf der North Circular schnitt – seine Schuldgefühle, sein düsteres Eingeständnis sehen. Als wäre es sichtbar geworden wie ein winziger Fleck, der auf seinem Augapfel schwebte. Sie sahen alle den schrecklichen Gedanken und reagierten darauf, indem sie selbst einen entsprechenden Gedanken dachten, um dem seinen Gesellschaft zu leisten.
    Du hast Recht, es war/ist/wird deine Schuld sein …
    Mittwoch, der 10. Januar. Ein nasser und windiger und gottverdammter Mittwoch, an dem sich die Frage nicht stellte, warum dessen Kinder voll des Wehklagens waren. Ein beschissener, trübseliger, verwichster Tag. Ein Tag, um auf die Uhr zu sehen und auszurasten und darauf zu warten, dass das Telefon läutet.
    Ein Tag, um darüber zu reden.
    Thorne, Brigstocke, Holland und McEvoy. An einem Tisch, während draußen der Regen gegen die Fenster schlug. Redeten darüber.
    »Dieses Mal ein Mann. Hat das eine Bedeutung?«
    »Wie er in der Mail schreibt, es ändert sich was.«
    »Man hat das Gefühl, es ist ein Spiel für ihn.«
    »Spielt er mit Palmer oder mit uns?«
    »Und was zum Teufel hat eigentlich ›Nachtwächter‹ zu bedeuten?«
    »Wie ein Sicherheitsmann …«
    »Oder beim Cricket, versteht ihr? Einer, den sie erst spät einwechseln. Der entbehrlich ist.«
    »Klingt ein bisschen merkwürdig. Hält er sich für entbehrlich?«
    »Das bezweifle ich …«
    »Ich weiß nicht, wie ernst wir das nehmen sollen.«
    »Nichts davon«, sagte Thorne. » Außer dem Mord.«
    Redeten darüber, weil sie sonst nichts tun konnten . Jeder wild darauf, seinen Beitrag zu leisten.
    Jesmond am Telefon zu Brigstocke: »Wahrscheinlich ist das unsere einzige Chance, Russell. Sehen Sie zu, dass Sie’s nicht vergeigen.«
    Steve Norman, den Thorne immer weniger ausstehen konnte, je öfter er ihn traf, kam gut gelaunt aus dem Pressebüro auf einen kurzen Besuch vorbei, das ärgerlicherweise nur einen Sprung von der Wache in Colindale entfernt war. »An unserem Ende läuft der Betrieb auf Hochtouren, Tom.« Er lachte. »Die gottverdammte Presse denkt sich ohnehin seit Jahren Geschichten aus, wird Zeit, dass wir mal dran sind.« Thorne verzichtete darauf, in das Lachen einzustimmen, was Norman nicht zu registrieren schien. »Wollte euch nur Bescheid sagen, wir sind bereit und in Stellung für den Startschuss …«
    Warten.
    In gewisser Weise warteten sie natürlich immer .
    Thorne, Brigstocke und die anderen. Die am beschissenen Ende. Warteten auf den nächsten Anruf, den nächsten Fall. Warteten auf den einen Fall, der sie den Kopf kosten oder ihr Leben ruinieren würde. Warteten darauf, die falsche Tür zu öffnen oder den falschen Wagen an den Straßenrand zu winken – den mit dem Irren am Steuer. Warteten auf die Klinge oder die Kugel oder – falls sie klug waren und Glück hatten – einfach auf das Ende. Auf die Rente.
    Doch das hier war ein anderes Warten. Bei weitem grausamer. Diesmal hatten sie … Parameter.
    In gewisser Weise war ihnen der Zeitpunkt bekannt. Das Geschlecht des Opfers. Herrgott, sie wussten sogar, wie er umgebracht werden sollte – kannten den Tod, der seiner harrte. Ihnen war offenbart worden, was nur wenige je sahen, und dennoch waren sie unfähig, an dem Bild etwas zu ändern. Als wären sie eine nicht ganz allwissende Macht, gelähmt durch das fehlende Puzzleteil. Allmächtig und ohnmächtig zugleich.
    Wie ein an Alzheimer leidender Gott.
    Die Frage war nur, wann genau und wo genau . Dann, ja dann würden sie loslegen. Dann würde sich die über jedes erträgliche Maß hinausgehende Anspannung lösen, und sie würden wie gottverdammte Blitze lossausen, sich dorthin stürzen, wohin der Blutdurst dieses Mannes sie führte, und dabei beten, dass es das alles wert war.
    Thorne saß an seinem Schreibtisch und grübelte darüber nach, ob irgendetwas dies aufwiegen konnte. Erinnerte sich an das Gespräch, das er vor ein paar Stunden geführt hatte. Starrte durch die Fenster, über die der Regen rann, hinaus in den düstergrauen Himmel. In Phil Hendricks’ Gesicht, die dunklen Augen, die aufleuchteten.
    Wenn’s geht, noch warm, ja?
     
    Mittags wurde von einer Mopedflotte ein Berg Pizzas angeliefert. Thorne und Brigstocke teilten sich eine extragroße Spicy Meat Feast, allerdings nicht zu gleichen Teilen. Brigstockes Reaktion fiel, als er darauf hingewiesen wurde, nicht so aus, dass Thorne sich damit

Weitere Kostenlose Bücher