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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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auseinander setzen wollte. Selbst wenn der Detective Chief Inspector dabei von einem Ohr zum anderen grinste und die Pizzazähne bleckte.
    »Wenn ich schon auf Zäunen sitzen muss, brauch ich einen fetteren Hintern. Also hören Sie auf zu jammern.«
    Thorne war ohnehin nicht besonders hungrig.
    Der leichte Ton war nicht gezwungen oder seltsam, er war nur nicht ganz angemessen. Etwa so wie ein schlechter Witz auf einer Beerdigung, auf der alle viel zu früh gekommen waren und nun rumstanden und auf den Toten warteten.
    Was natürlich genau dem entsprach, was sie taten.
    »Wie geht’s den Kindern?«
    Brigstocke riss die Augen auf, als er einen Faden heißen Mozzarella einsog. Er hatte vier Kinder unter sechs, und häufig fand man ihn am helllichten Nachmittag eingedöst an seinem Schreibtisch. Häufig, aber nicht während dieses Falles.
    »Kleine Teufelsbraten«, brummte Brigstocke. »Bin froh, dass ich hier bin, um die Wahrheit zu sagen. Egal, was los ist.«
    Thorne wusste, was er meinte. Mehr als einmal war er aus dem gleichen Grund ins Büro gegangen – nur dass der einzige Mensch, vor dem er floh, er selbst war.
    »Jeder meint immer, es wird leichter. Mir ist nur nicht klar, wann. Wenn sie mal alt genug sind, sich das Frühstück selbst zu machen und sich vor den Fernseher zu knallen, um sich Zeichentrickfilme anzusehen, sodass man etwas länger im Bett liegen kann, ist das genau dasselbe Alter, wo sie anfangen, die Schule zu schwänzen und sich Crack reinzuziehen. Nur der Anlass, sich zu sorgen, ändert sich. Wollen Sie das letzte Stück hier noch?«
    Thorne schüttelte den Kopf und sah zu, wie Brigstocke sich das ganze Pizzastück in den Mund schob. Er stöhnte, so gut schmeckte es ihm, und begann sich umzusehen und mit seinen schmierigen Fingern herumzufuchteln.
    »Ich hol ein paar Papiertücher aus der Toilette«, sagte Thorne. Er konnte Holland und McEvoy im Zimmer nebenan lachen hören, als er durch die Tür ging.
    Er blieb stehen und drehte sich um, die vom Öl glitschige Hand auf dem metallenen Türgriff. »Ich weiß, dass ich es genau darauf angelegt habe. Ihn herauszutreiben.« Er holte tief Luft. »Fühlt sich dennoch beschissen an.«
    Brigstocke schluckte den letzten Rest der Pizza hinunter und schob sich die Brille mit einem sauberen Fingerknöchel hoch. »Ist doch klar, und Sie sind nicht der Einzige, dem nicht wohl dabei ist.«
    »Ich weiß, aber …«
    »Ich bin der einzige Detective Chief Inspector in diesem Zimmer, Tom. Niemand hat mir deswegen die Pistole an den Kopf gesetzt. Jesmond ließ es mir offen, Nein zu sagen.«
    »Warum hat er nicht einfach selbst Nein gesagt?«
    Brigstocke stand auf und stopfte die Pizzaschachtel in den Abfallkorb, trat sie richtig fest hinein, grobe Schuhe, Größe 46. »Angst.«
    Thorne öffnete die Tür. »Ich hol uns zwei Kaffee, wenn ich schon unterwegs bin …«
     
    Den ganzen Tag dachte er während der Arbeit darüber nach, was die Polizei wohl gerade machte.
    Er stellte sich die Beamten in ihren Büros vor, in ihrer Einsatzzentrale. Einige von ihnen warteten, den Blick auf den Teppich geheftet, darauf, dass die Nachricht hereinkam. Andere verhielten sich anders, wuselten überall herum, versuchten sich nützlich zu machen, sich nützlich zu fühlen. Ein ganz normaler Ermittlungstag.
    Er stellte sie sich auf der Toilette vor. Die witzelnden, pummeligen Typen am stinkenden Urinal, den Kopf gebeugt und den Schwanz heraußen. Die weniger Erfahrenen allein in der Kabine, Ellbogen auf den Knien abgestützt, die Beine eingeschlafen, wenn sie zu viel Zeit auf der warmen Klobrille verbracht hatten. Die Augen auf die Risse in den Kacheln geheftet, schwer atmend. Die Scheiße dünn wie ein Wasserstrahl. Rote, wunde Arschlöcher.
    Jede Menge lahmer Witze, um die Spannung zu lindern. Die Klotür aufgestoßen, während ihre Kollegen sich bepissten, das schallende Gejohle und hohle Gelächter, um die Gefühle von Angst und Schrecken zu verjagen.
    Ja, hoffentlich ein Gefühl von Angst und Schrecken …
    Er sah die bleichen und aufgedunsenen Gesichter dieser Männer und Frauen, die sich so verzweifelt danach sehnten, ihn zu erwischen. Diese Police Officers – dick und unglücklich, dürr und vertrocknet, weich wie junge Welpen oder hart wie Pflastersteine. Er sah sie alle, wie sie an ihren Schreibtischen saßen und aus dem Fenster starrten und in die schmuddeligen Sprechmuscheln ihrer grauen Telefone sprachen. Wie sie in den Gängen aneinander vorbeiliefen und an den offenen

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