Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
was er tun musste, als er seine Stimme auf Eve Blooms Anrufbeantworter hinterließ.
»Ein Blumenladen, der rund um die Uhr geöffnet hat?« Thorne schüttelte den Kopf. »Wer zum Teufel braucht schon mitten in der Nacht Blumen?«
»Er hat nicht wirklich rund um die Uhr geöffnet«, sagte Brigstocke. »Aber bis mindestens zehn Uhr ist immer jemand da. Sie garantieren nicht, die Blumen am nächsten Morgen auszuliefern, aber anscheinend strengten sie sich in diesem Fall an, in Anbetracht der Natur der Bestellung …«
Um neun Uhr morgens war ein Lieferant mit einem Kranz an der Rezeption erschienen. Die Empfangsdame war ein wenig pikiert und rief in Zimmer 313 an. Als niemand ans Telefon ging, bat sie den Lieferanten zu warten und ging nach oben. Fünf Minuten später hatten ihre Schreie die meisten Hotelgäste aus den Zimmern geholt.
»Sir …?«
Thorne wandte sich vom Fenster ab und sah Andy Stone hereinkommen, der einen Zettel in der Hand hielt und breit grinsend zu Thorne und Brigstocke eilte.
»Das Opfer hat sich mit seinem eigenen Namen eingetragen …«, sagte Stone.
Brigstocke zuckte mit den Schultern. »Warum auch nicht? Er dachte, er sei hier, um gefickt zu werden.«
»Und wie er das wurde«, sagte Holland.
Als Stone aufgehört hatte zu lachen, blickte Thorne ihm in die Augen. »Und weiter …?«
Stone sah auf sein Blatt. »Ian Anthony Welch.« Er drehte sich halb zu der Leiche. »Wurde vor acht Tagen aus Wandsworth entlassen. Hatte drei Jahre von fünf wegen Vergewaltigung abgesessen.«
An niemand Bestimmten gerichtet bemerkte Thorne: »Keine Ahnung, warum wir nie daran gedacht haben. Der Grund, weshalb Remfry umgebracht wurde, war nicht, wer er war. Der Grund, warum er und Welch umgebracht wurden, war, was sie waren. Mein Gott, das ist die Art Fall, zu der wir normalerweise hinzugezogen werden …«
Brigstocke reckte sich, wobei sein Plastikoverall raschelte. »Na ja, dieses Mal ist es von Anfang an unser Fall.«
In den vorherigen eineinhalb Wochen hatten sich die Prioritäten verschoben. Ältere Fälle, die wegen Remfrys Ermordung zurückgestuft worden waren, waren in den letzten, von Misserfolg geprägten Wochen wieder nach vorne gerückt. Die Mitglieder des Teams hatten sich knietief in den Vorbereitungen für eine Anklage wegen häuslicher Gewalt wiedergefunden, in der Bearbeitung der Verhaftung eines Teenagers, der seinen Freund wegen eines Computerspiels niedergestochen hatte, oder einer Schießerei im Drogenmilieu. Solche Veränderungen bezüglich der Prioritäten und Ressourcen waren normal, und genau das würde nun wieder geschehen. Jetzt, da aus dem Remfry-Mord die Remfry-und-Welch-Morde geworden waren, würden die einfacheren Fälle erneut nach hinten rutschen.
Jetzt würde Team 3 sich um keine anderen Fälle mehr kümmern …
»Eins, zwei, drei …«
Thorne sah zu, wie vier Beamte die Leiche von der Matratze auf den schwarzen Leichensack hievten, der neben dem Bett auf dem Boden ausgebreitet worden war. Der Gürtel war entfernt worden, aber die Hände waren noch immer hinter dem Rücken ineinander verschränkt. Die Totenstarre hatte vor Stunden eingesetzt, und die Leiche rollte grotesk auf die Seite, die Knie noch immer bis zur Brust angezogen. Die Beamten sahen einander kurz an, dann trat ein Detective Sergeant vor. Er fasste die Leiche an der Brust an, rollte sie auf den Rücken und drückte anschließend die Beine so weit nach unten, wie es ging. Bis die Leiche flach genug war, um den Leichensack zuzuziehen.
»Ich hab ganz vergessen zu fragen«, sagte Brigstocke, »wie die Hochzeit war.«
Thorne sah noch immer dem Sergeant zu, der die ganze Zeit, während er die nackte Leiche anfasste, die Augen geschlossen hielt.
»Das Vergnügen hielt sich in Grenzen, wie hier«, erwiderte Thorne.
Fünfzehn Minuten später, es war kurz nach Mittag, versammelte sich die Kerngruppe des Teams in der Lobby, bevor sich ihre Wege trennten. Die Autopsie sollte möglichst schnell, um zwei Uhr, vorgenommen werden, und während Thorne Hendricks ins Wexham Hospital folgen würde, wollten Brigstocke und die anderen zurück ins Büro.
Der Detective Inspector telefonierte mit Jesmond und anschließend mit Yvonne Kitson in der Einsatzzentrale. Währenddessen saßen die anderen in billigen Kunstledersesseln und bedienten sich aus einer Kaffeekanne. Sie waren nicht ganz so lebhaft wie die kleine Schar aus Hotelpersonal und -gästen, sondern starrten aus den riesigen Fenstern hinaus auf die Straße, wo
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