Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
der Tote in den Leichenwagen geschoben wurde.
Brigstocke setzte sich zu ihnen und steckte sein Handy in seine Jackentasche. »Nun heißt es für alle einen Zahn zulegen. Mich eingeschlossen …«
»Was für Worte der Weisheit kamen aus dem Mund des allwissenden Detective Chief Superintendent?«, fragte Thorne. Draußen fuhr der Leichenwagen weg. Hendricks winkte, als er in sein Auto stieg und ihm folgte. Thorne hob die Hand und winkte zurück.
»Nichts, wogegen ich etwas einzuwenden hätte«, sagte Brigstocke. »Die Journalisten werden hier sein, noch bevor die Betten frisch bezogen sind. Also hier die Marschrichtung. Offiziell können wir einen Zusammenhang mit dem Remfry-Mord weder bestätigen noch ausschließen.« Er machte eine Pause, um sich zu vergewissern, dass die Botschaft ankam. »Was durchaus sinnvoll ist. Das hier wäre ein gefundenes Fressen für die Boulevardblätter. Könnten sich über Selbstschutzgruppen auslassen und Umfragen veranstalten. Handelt der Mörder richtig? ja oder nein?»
»Halten Sie das für denkbar?«, fragte Stone. »Dass das was mit Selbstschutzgruppen zu tun hat?«
Thorne griff nach der Kaffeekanne und schenkte sich noch eine Tasse ein. »Das hier ist etwas Persönliches. Der Kerl tut das nicht für Sie oder für mich »Mag sein«, erwiderte Brigstocke. »Dennoch, da draußen werden Leute fragen, ob wir nicht dankbar sein sollten …«
Der Hotelmanager lief durch die Rezeption und sprach leise mit einer kleinen Gruppe Gäste in Golfkleidung. Sie blieben am Haupteingang stehen und plauderten noch etwas länger. Der Manager schüttelte ihnen die Hand, bevor er den verwirrten Golfern zusah, wie sie geduckt unter dem Absperrband durchkrochen und kopfschüttelnd davongingen. Ein Spiel, für das Thorne die Zeit fehlte. Allerdings würden sie heute beim Tee einen anderen Gesprächsstoff haben als neue Autos und Urlaub.
Brigstocke räusperte sich. »Die Gerichtsmedizin wird so schnell arbeiten, wie es geht. Doch während wir warten, gibt es eine Menge zu tun …«
»Da wird nichts dabei rauskommen«, sagte Thorne. »Hier ist es zwar sauberer als am letzten Tatort, aber es ist dennoch ein Hotelzimmer. Die werden bis nächste Woche mit der Spurensammlung beschäftigt sein.«
»Vielleicht haben wir ja Glück«, meinte Holland.
»Eher hat einer hier am Samstag sechs Richtige …«
Brigstocke klopfte mit dem Löffel gegen die Kaffeetasse.
»Hören wir mal kurz auf, uns gegenseitig Mut zu machen. Reden wir darüber, was wir tun können … «
Holland hob die Hand. »Sir. Falls ich am Samstag sechs Richtige habe, möchte ich offiziell um die Entbindung von diesem Fall nachsuchen und mit zwei Supermodels nach Rio de Janeiro verschwinden.« Das kurze Gelächter tat ihnen allen gut.
»Ich will ganz genau wissen, was Ian Welch trieb, seit er entlassen wurde«, sagte Brigstocke. »Wo er sich aufhielt, wo er gesehen wurde …«
Stone unterbrach ihn. »Er wurde ohne feste Bleibe entlassen. Das Gefängnis hat mir die Adresse eines Männerwohnheims gegeben …«
Brigstocke nickte. »Gut, und ihr werdet noch mit einer Menge Direktoren telefonieren, bevor wir hier durch sind. Wir müssen bei jedem Gefängnis im Land anfragen, in dem Sexualverbrecher einsitzen, mit jedem reden, der demnächst entlassen wird. Das ist der einfache Teil. Außerdem müssen wir jeden Vergewaltiger, jeden Grapscher und jeden Exhibitionisten auftreiben, der in den letzten sechs Monaten entlassen wurde. Prüfen, ob einer von ihnen Briefe erhielt. Sie warnen, falls dies der Fall ist.«
»Von wie vielen Personen sprechen wir?«, fragte Holland.
Brigstocke griff nach einem kleinen Päckchen Kekse und hielt es zwischen zwei Fingern. »Nach den letzten Zahlen aus dem Innenministerium wird grob gerechnet täglich ein Sexualstraftäter im Land entlassen.« Er riss das Päckchen mit den Zähnen auf, spuckte die Plastikfolie aus und sah in die Gesichter der Umsitzenden. »Ich weiß. Grauenhaft. Wenn wir nur bis zu Beginn des Jahres zurückgehen, hätten wir an die hundertfünfzig Straftäter, um die wir uns kümmern müssen …«
Stone hob die Augenbrauen. »Wir sollten, zumindest theoretisch, wissen, wo sich die meisten von ihnen aufhalten. Wahrscheinlich trotzdem ein Haufen Arbeit.«
»Allerdings«, sagte Brigstocke.
»Können wir das denn rechtfertigen? Schließlich sind diese Opfer ja, wie Sie bereits sagten, nicht gerade Unschuldslämmer.«
Brigstocke blinzelte, öffnete den Mund und wollte gerade losbrüllen.
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