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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Harn …«
     
    Der Motorradfahrer wartete die letzte Minute auf dem Motorrad ab, mit dem er am Randstein stand.
    Versuchte sich zu konzentrieren. Beschloss, eine halbe Minute früher loszufahren, da er mit dichtem Nachmittagsverkehr rechnen musste. Versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Banale Gedanken schlichen sich ein und beschmutzten in den letzten paar Minuten seinen reinen weißen Gedankenhorizont. Sie mussten für die Schuluniformen genug beiseite legen. Die waren nicht billig, wenn man von allem vier oder fünf Stück kaufen musste. War in dem Vollpensionspreis auf den Malediven Alkohol inbegriffen? Das musste er noch checken. Das konnte einen ganz schönen Unterschied machen …
    Er ließ ein Auto vorbei, zwei Autos, ein Fahrrad, bevor er sich vom Bordstein abstieß und losfuhr, mit der Maschine einen weiten Bogen über beide Fahrbahnen beschrieb und schließlich vor einer Reinigung zum Stehen kam. Zwei Hausnummern von der Adresse entfernt, der er einen Besuch abstatten würde. In den nächsten fünfzehn Sekunden dann die Aktionen, die er hundertmal oder öfters im Kopf durchgegangen war.
    Er hob das Motorrad auf den Ständer. Ließ den Motor laufen.
    Trat rasch zu der Box hinten. Die war nicht verschlossen.
    Fasste hinein und zog die Hand wieder heraus, sobald er den gummierten Griff des Revolvers spürte. Wandte der Straße den Rücken zu.
    Sein Arm hing entspannt nach unten, als er vom Bordstein zum Laden ging. Er ging rasch, aber nicht zu rasch. Ohne innezuhalten, wandte er sich nach rechts und trat durch die offene Tür in das Minicab-Büro.
    Er war zwei Schritte auf den Tresen zugegangen, bevor der Mann dahinter aufsah, und in diesem Moment war der Revolver bereits auf ihn gerichtet. Ein Mann in einem Sessel in der Ecke senkte seine Zeitung und war einen Augenblick lang verdutzt – eine nahezu perfekte Szene –, dann brüllte er los. Auch Hassan Zarif brüllte, als die Kugel ihn traf. Die Blutfontäne, die auf den Kalender hinter ihm spritzte, hatte im Vergleich zu dem sanften Zischen der Waffe etwas geradezu Melodramatisches.
    Der Motorradfahrer schoss erneut, und Zarif fiel hinter dem Tresen zu Boden. Er spürte den Rückschlag des Revolvers in der Hand, jedoch nur leicht. Er zuckte nur ein wenig, wie wenn man über eine heiße Oberfläche strich, um die Temperatur zu prüfen.
    Da sein Opfer nicht mehr zu sehen war, trat er vor. Die Tür rechts vom Tresen sprang auf, und der Motorradfahrer wandte sich genau in dem Moment um, als der Revolver in Tan Zarif s Hand betätigt wurde. Die Kugel krachte durch das Plastik seines dunklen Visiers. Als der erste Passant seine Einkäufe über den Bürgersteig verteilte und andere – die schnell gemerkt hatten, dass hier nicht irgendwo ein Auto fehlzündete – zu rennen anfingen, war der Mann in der Lederkluft bereits lautlos auf das verschlissene Linoleum gesunken.
    Ein paar Sekunden lang war in dem kleinen Büro nur der Hall des ungedämpften Schusses zu hören. Dieses hohe Sirren hob sich vor dem tiefen Rumpeln des Busses ab, der auf seinem Weg zur Turnpike Lane draußen vorbeifuhr.
    Tan Zarif rief dem Mann im Sessel etwas zu, worauf dieser aufsprang und an ihm vorbei durch die Tür in den hinteren Teil des Büros lief. Zarif stieg über die Leiche. Es war eine Leiche, so viel stand fest. Das gesplitterte Loch im Visier und das Blut, das entlang des Nackenpolsters am Helm nach unten lief, ließen keinen Zweifel daran, dass der Mann auf dem Boden nie mehr aufstehen würde.
    Und trotzdem …
    Der Mann, der in dem Sessel saß, der Mann, der sich nun hinter der Theke über Hassan Zarifs blutverschmierte Gestalt beugte, hielt sich mit den behaarten Händen die Ohren zu, als Hassans jüngerer Bruder die Ladung seines Revolvers in die Brust des Toten entleerte.
    Zunächst war die Heimfahrt angenehm. Durch Wiltshire und Hampshire kamen sie schnell vorwärts, doch die Zeit reichte, um sich über die Ortsschilder von Barton Stacey und Nether Wallop krummzulachen. Als sie jedoch auf die M3 kamen, begann der Frust. Es war eine dieser Fahrten, wo alle Autofahrer wie auf Kommando entschlossen mit 110 Stundenkilometern die Fahrbahn entlangkriechen – und zwar auf allen drei Spuren. Wie immer kroch Thorne auf der äußersten Spur, schimpfte vor sich hin und verfluchte die Dumpfbacken vor ihm, die nur an sich dachten. Dass er selbst einer von ihnen sein könnte, kam ihm keine Sekunde in den Sinn.
    Die ersten Frühlingswochen waren ins Land gezogen, und schon schien es

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