Tom Thorne 04 - Blutzeichen
haben wir verdammt Angst und sind ständig kaputt, aber wir haben wenigstens eine Ahnung, wo’s langgeht.« Er zögerte und sah hinüber zu Thorne. »Na ja, Sophie hat es immer gewusst, aber jetzt weiß ich – mehr oder weniger –, wo’s langgeht. Sie sollten mal vorbeikommen und sich die Kleine ansehen …«
»Sie kommen jetzt also klar? Mit dem Vatersein? Ich weiß, dass Sie anfangs Bedenken hatten.« Thorne erinnerte sich an ein Gespräch im letzten Sommer. Bizarrerweise an dem Tag, an dem er den BMW gekauft hatte. Holland hatte zu viel getrunken und ihm gestanden, dass er entsetzliche Angst habe. Davor, dass er das Baby ablehnen oder Sophie ihn zwingen würde, sich zwischen dem Baby und dem Job zu entscheiden.
»Ich war blöd«, sagte Holland. Er sah zu Thorne und grinste von einem Ohr zum anderen. »Chloe ist genial. Sie ist hellwach, einfach genial.«
»Ich bin froh, dass es gut läuft.«
»Um die Wahrheit zu sagen, die letzten Wochen waren super. Endlich mal wieder Zeit, die Batterien aufzuladen, wissen Sie. Das einzige Problem ist, dass Sophie sich langsam daran gewöhnt, mich wieder mehr zu Hause zu haben.«
Die an der Ermittlung beteiligten Beamten hatten in den zwei Wochen seit dem Ryan-Mord mehr Zeit für ihre Familie gehabt. Die Arbeit bestand im Augenblick hauptsächlich aus Schreibarbeit, die wiederum größtenteils andere Fälle betraf. Oder sie saßen auf ihren Hintern und warteten darauf, dass jemand – vor allem Stephen Ryan – den seinen hochbrachte. Den nächsten Zug machte. Die Ermittlungen selbst liefen auf Sparflamme oder waren im Chaos untergegangen, je nach Sichtweise.
»Glauben Sie, Stephen Ryan wird aktiv?«, fragte Holland.
Thorne brummte kurz, aber nur aus Freude darüber, dass der Transit vor ihm endlich blinkte und die Spur wechselte. Thorne fuhr auf die Überholspur und beschleunigte, was ihn zehn Meter nach vorne brachte. Er freute sich ausgesprochen darüber.
Er ahnte nicht, dass dreißig Kilometer weiter vorne Polizisten das Gelände um ein Minicab-Büro in Green Lanes absperrten und andere nach Zeugen suchten und Aussagen aufnahmen. Phil Hendricks war bereits unterwegs zum Tatort, während ein Sanitätswagen in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Das bisschen ärztliche Hilfe war schnell geleistet.
Stephen Ryan hatte seinen Zug gemacht.
Fünfundzwanzigstes Kapitel
Mittwochmorgen in der Einsatzzentrale. Zwei Tage nach der tödlichen Schießerei im Minicab-Büro der Zarifs. Ein Team, das wieder auf den Beinen war, aber erst richtig in die Gänge kommen musste.
»Die Leute von der Immigration haben sich gemeldet«, sagte Brigstocke. »Sie glauben, noch ein paar von dem Lastwagen gefunden zu haben. Ich sage ›glauben‹, weil die Betroffenen nicht gerade gesprächsfreudig sind.«
»Wo?«, fragte Thorne.
Brigstocke warf einen Blick auf das Papier in seiner Hand. »In einer Autowaschanlage in Hackney. Eins dieser Dinger, wo sich gleich ein halbes Dutzend Leute auf deinen Wagen stürzen. Mit Schwämmen und Polierleder und mit Staubsaugern für den Innenraum …«
Stone nickte. »So eine ist bei mir um die Ecke. Innen- und Außenreinigung für zehn Pfund plus Trinkgeld …«
»Der Besitzer wird gerade befragt«, sagte Brigstocke. »Bislang – welche Überraschung – beteuert er seine Unschuld. Irgendwo wird es eine Verbindung zu den Ryans geben, aber ich denke, das wird uns auch nicht weiter bringen als bei den anderen.«
Ein Mann und eine Frau, von denen man vermutete, dass sie sich in dem entführten Lastwagen befunden hatten, waren vergangene Woche in Tottenham in Untersuchungshaft genommen worden. Man hatte sie in einer Restaurantküche entdeckt, wo sie arbeiteten. Ein paar Tage zuvor waren zwei Männer bei einem Ladenbauer in Manor House aufgegriffen worden. Die Festnahmen fanden statt, aber keine davon führte zu mehr als einer Auslieferung der illegalen Immigranten und einem Bußgeld für ihre Arbeitgeber. Und wenn sie den Papierkrieg bis in die Ursprungsländer der Betroffenen fochten, würden sie noch immer nichts finden, um eine der wichtigeren Chargen in der Ryan- oder der Zarif-Familie zu belasten.
Tughan übernahm von Brigstocke. »Machen wir weiter mit der Schießerei in Green Lanes. Was ist mit den Zeugen, Sam? Ist was dabei?«
Karim schüttelte den Kopf. »Schwer zu glauben, ich weiß, aber wir können noch immer niemanden finden, der irgendetwas gesehen hat, das Memet Zarifs Geschichte widersprechen würde. Wir sind sogar auf ein Pärchen
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