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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Wurfzettel zu Aids, eine handgeschriebene Terminliste der Polizei-Rugbymannschaft vom letzten Jahr, eine aus dem Standard herausgerissene Schlagzeile – »Schießereien in London außer Kontrolle« – und lose Blätter, auf denen alles Mögliche zum Verkauf angeboten wurde, von einem Paul-Smith-Anzug über eine Vespa bis hin zu einer gebrauchten Playstation.
    »Was ich nicht verstehe, ist der Zeitpunkt«, sagte Thorne. »Gerade jetzt, nachdem …«
    »Ich glaube, diese Entscheidung fiel vor der Schießerei in dem Minicab-Büro.«
    »Und das war für niemanden ein Grund, die Sache noch mal zu überdenken?«
    »Anscheinend nicht.«
    Richard, der Typ mit den konzentrischen Kreisen, kam den Korridor entlang. Er hatte einen offenbar äußerst wichtigen Aktenordner bei sich, den Tughan ihm beinahe wortlos abnahm. Thorne wartete, bis der Waliser weg war.
    »Als wir diesen Lastwagenfahrer und die anderen beiden tot im Wald fanden, mit den Kugeln im Rücken und am Hinterkopf, waren Sie auf 180. ›Damit muss Schluss sein‹, haben Sie gesagt. Sie waren wütend über die Izzigils, über Marcus Moloney. Sie waren zu allem bereit. Das können Sie nicht abstreiten …«
    Tughan sagte nichts darauf, er drückte nur den Aktenordner eine Spur fester an sich.
    »Wie kommen diese Leute dazu, zu entscheiden, was wir machen?«, fragte Thorne. »Wen wir uns als Zielperson aussuchen und wen wir ignorieren? Welche kleinen Würstchen da draußen dürfen sich glücklich schätzen, wenn wir die Mörder des Ehemanns oder des Vaters erwischen? Und welche könnten sich genauso gut an die nächste Politesse wenden? Würfeln sie das jeden Morgen aus? Oder ziehen sie eine Karte …?«
    Tughan sprach zu dem Pinboard, während er einen kleinen Fleck auf dem Revers seines braunen Anzugs wegkratzte. »Sie verteilen die Leute, und sie verteilen das Geld so, wie sie es für richtig halten. Sie schicken sie dahin, wo sie ihrer Meinung nach am meisten gebraucht werden und wo sie sich Ergebnisse erwarten. Dazu braucht man keine Nobelpreisträger, Thorne.«
    »Und welcher Fall wurde jetzt aus dem Hut gezaubert, um die vorhandenen Mittel bestmöglich zu nutzen?«
    »Wir verlagern uns etwas mehr auf die Sitte. Den Ausländerbanden, die sich hier breit machen, soll verstärkt das Handwerk gelegt werden: den Russen, Albanern, Litauern. Es wird langsam ungemütlich, und wenn einer diesen Banden schaden will, schlagen sie da zu, wo’s einfach ist. Sie bringen die Mädchen um …«
    »Also können Memet Zarif und Stephen Ryan ungestört ihren Geschäften nachgehen?«
    »Sie bekommen keinen freien Austritt aus dem Gefängnis garantiert.«
    »Apropos …«
    »Gordon Rooker wird Anfang nächster Woche entlassen.«
    Thorne hatte damit gerechnet. »Genau. Das wäre einer dieser offenen Punkte, über die Sie vorhin sprachen.«
    »Rooker kann uns Namen nennen, ein paar maßgebliche Leute, und dann greifen wir zu.«
    »Definieren Sie ›maßgeblich‹.«
    »Hören Sie, die Ergebnisse werden besser, aber das heißt nicht, dass sie gut sind. Das ist die momentane Sprachregelung.« Nicht einmal Thornes sarkastisches Knurren brachte Tughan aus der Fassung. Er blieb das ganze Gespräch über bemerkenswert ruhig. »Sie sind doch ein Fußballfan? Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihre Mannschaft die ganze Saison hindurch wunderbarsten Fußball spielt und am Ende einen Scheiß gewinnt?«
    Hätte Thorne den Wunsch verspürt, die Atmosphäre aufzulockern, hätte er Tughan fragen können, ob er je ein Spurs-Spiel gesehen habe. Aber danach war ihm nicht zumute. »Es macht Ihnen doch sicher nichts aus, wenn ich bei dem gemütlichen Abschiedsumtrunk nicht dabei bin?«, fragte er.
    »Es hätte mich gewundert, wenn Sie dabei gewesen wären.«
    »Ich bin wie Sie«, sagte Tughan. »Wirklich. Ich will sie alle kriegen, aber manchmal … nein, meistens müssen wir uns mit ein paar von ihnen zufrieden geben. Und das sind oft nicht mal die richtig schweren Jungs – häufig nicht mal annähernd die Richtigen, um ehrlich zu sein –, aber was will man machen?«
    Thorne trat vom Türpfosten weg und verließ das Büro. Und dachte dabei: Nein, ganz und gar nicht wie ich.
     
    In Kentish Town hatte er nichts Passendes gefunden, und in Highgate Village, wo es eine Menge Antiquitätenläden und kaum etwas anderes zu geben schien, erging es ihm nicht besser. Er fuhr weiter nach Hampstead und suchte eine halbe Stunde vergeblich nach einem Parkplatz. Nun probierte er sein Glück in Archway, wo er

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