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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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darunter, direkt oder indirekt, wenn ihr Leben aus der Bahn geworfen wurde, in einer Zeitspanne, die es brauchte, um ein Kind an Drogen zu verlieren. Sie gerieten ab dem Augenblick in die Bredouille, in dem sie ihren Kreditantrag unterschrieben. Ein Leben wurde in der Sekunde ausgelöscht, in der sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
    Sie arbeiteten in Banken, in Büros oder fuhren einen Bus. Sie hatten Kinder, bekamen Krebs und glaubten an Gott oder das Fernsehen. Sie waren wunderbar oder nicht, aber sie hatten es nicht verdient, dass ihr Leben ruiniert wurde, während Thorne und seinesgleichen gesagt bekamen, sie sollten sich um etwas anderes kümmern.
    Thorne dachte an die Frau in der Apotheke, die ihm so gut gefiel, und an den Typen, der in der Wohnung über ihm wohnte, und an den Mann, der gerade an ihm vorbeilief und einen Hund hinter sich herzerrte. Die Frau mit dem Jesusfimmel fiel ihm ein, und der Sicherheitsbeauftragte, der sie widerwillig aus dem Supermarkt geworfen hatte.
    Es gibt bestimmt schlimmere Verbrechen …
    Das Leben dieser Menschen kam zu oft mit schmutzigen Machenschaften in Berührung …
    Er wandte sich um, als der Apotheker aus seinem Laden trat und auf einen Knopf drückte. Sie sahen beide zu, als ein verstärktes Metallrollo über die Tür und das Schaufenster herunterratterte. Thorne sah erneut auf die Uhr, als ihm einfiel, dass der Woolworth gegenüber auch Kinderkleider verkaufte.

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    Chamberlain stand in der Tür und sah Jack beim Kochen zu. Sie liebte an ihrem Mann, mit welcher Aufmerksamkeit und Hingabe er sich jedem Detail widmete. Er trug stets dieselbe blau gestreifte Schürze, egal ob er einen Braten machte oder schnell einen mit Käse überbackenen Toast zauberte. Seine Bewegungen waren präzise, der hölzerne Kochlöffel schlug rhythmisch gegen den Pfannenboden.
    Er fing ihren Blick auf und lächelte. »Noch zwanzig Minuten. Alles in Ordnung, Schatz?«
    Sie nickte und ging langsam zurück ins Wohnzimmer.
    Die Tapete an der Wand war von English Heritage – die Reproduktion eines georgianischen Motivs. Sie hatten richtiggehend gespart, um sie sich leisten zu können. Der Teppich war weich und makellos, tiefrot wie die Farbe eines guten Weines. Sie ließ sich auf das Sofa mit den perfekt eingeschlagenen Kissen fallen und versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, dass dies das Zimmer war, das sie sich immer erträumt hatte. Das Zimmer, das sie sich ausgemalt hatte, wenn sie in schmuddligen, verräucherten Kabuffs herumsaß und sich damit abplagte, aus Mördern die Wahrheit herauszuholen.
    Sie starrte auf das Aquarell über dem Kamin, mit dem übermäßig verzierten Rahmen, der allein schon eine angemessene Tristesse ausstrahlte. Sie hatte sich das Bild annähernd so vorgestellt, vor Jahren, während sie auf die Fotos eines Mordopfers gestarrt hatte, auf die aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommenen Körperteile.
    Sie zog die bestrumpften Füße auf das Sofa und rief sich ins Bewusstsein, dass diese Wände, die ihr einmal so wichtig gewesen waren, ihr nicht mehr ganz so schnell die Luft zum Atmen raubten wie früher.
    Was hatte Thorne gesagt?
    »Billy Ryan. Jessica Clarke. Du musst loslassen.«
    Sie versuchte es ja, aber ihre Hände waren klebrig …
    So wie es aussah, war Ryan bald nur noch ein Name auf einem Grabstein.
    Sie konnte sich Mühe geben, so viel sie wollte, Jessica würde sie nie vergessen.
    Und der Kerl, der zu ihrem Schlafzimmerfenster heraufgeschaut hatte – über dessen dunkles Gesicht der Flammenschein tanzte –, würde ihnen, falls er nicht wirklich Jessica Clarke auf dem Gewissen hatte, niemals ins Netz gehen. In ihrer Vorstellung war er bereits derjenige, der vor all diesen Jahren einen blauen Baumwollrock in Flammen gesetzt hatte.
    Wenn kalte, harte Fakten fehlten, füllte die Fantasie die Lücken. Und schuf sich ihre eigenen Wahrheiten.
    Jack rief aus der Küche: »Machen wir eine Flasche Wein auf, Schatz?«
    Was soll’s, dachte Chamberlain.
    »Warum nicht«, sagte sie. »Feiern wir ein bisschen …«
     
    Thorne starrte auf den Monitor, seine Augen brannten, nachdem er eine Stunde damit verbracht hatte, im Internet nach irgendwelchem Blödsinn zu suchen. Er notierte sich den Namen eines Schauspielers, von dem er noch nie gehört hatte, und griff nach seiner Kaffeetasse …
    Sein Vater hatte ihn angerufen, als er noch bei Woolworth war und sich zu entscheiden versuchte.
    »Ich steck in Schwierigkeiten«, meldete sich Jim

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