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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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zwar problemlos einen Parkplatz fand, sich dafür aber in anderer Hinsicht nicht mit einem Überangebot herumschlagen musste.
    Weil ihm kein besseres Geschenk für ein sieben Monate altes Baby einfiel, hatte Thorne beschlossen, der Kleinen etwas zum Anziehen zu kaufen. Daher war er selbst überrascht, sich in einer Apotheke wieder zu finden, durch die er ziellos streifte. Es handelte sich dabei allerdings nicht um eine gewöhnliche Apotheke, sondern um Thornes Lieblingsgeschäft, das er vor ein paar Monaten entdeckt hatte. Ja, man konnte Shampoo kaufen und ein Rezept einlösen, aber man verkaufte hier zu Thornes Verblüffung auch abgelaufene Großpackungen Erdnüsse, Motoröl, Chips und anderen Kram, den man in einem Laden, wo man sich normalerweise mit Tabletten oder Hämorrhoidensalbe eindeckte, nicht erwartete. Außerdem war hier alles unglaublich billig, als wolle der Apotheker einen schnellen Reibach mit dem ganzen Zeug machen, das hier aus Versehen angeliefert worden war. Thorne hätte sich wahrscheinlich gefragt, ob nicht irgendwo ein Gemischtwarenhändler auf ein paar Kisten unbestellter Kondome und Hühneraugenpflaster saß, wären nicht in der ganzen Gegend überall solche Vielzweck-Outlets aus dem Boden geschossen.
    Vielleicht konnten kleine Läden sich die Spezialisierung nicht mehr leisten. Oder die Ladenbesitzer wollten etwas Abwechslung in ihr Leben bringen. Was immer der Grund war, Thorne kannte eine ganze Reihe solcher Geschäfte, wo der kluge Kunde mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte, ohne das überhaupt vorgehabt zu haben. Einer seiner Lieblingsläden verkaufte Obst und Gemüse … und Wolle. Ein anderer pries sich kühn als »Wechselstube und Feinkost«. Es fiel Thorne schwer, sich einen Kunden vorzustellen, der »für fünfzig Pfund Escudos und ein Stück Karottenkuchen« verlangte, und daher war er überzeugt, dass der Laden nur als Fassade für finstere Machenschaften genutzt wurde. Er hatte mal einen kleinen Laden in der Nähe von Nag’s Head gekannt, der ziemlich ungewöhnliche Öffnungszeiten hatte und so gut wie keine Kunden. Die Eigentümer, ein paar fidele Iren, schienen an konventionellen Vorstellungen von »Ware« nicht interessiert, und niemand war wirklich überrascht, als der Laden einen Tag, nachdem die IRA den Waffenstillstand verkündete, geschlossen wurde.
    Es fiel Thorne leicht, hinter die Fassade von Orten und Menschen zu blicken. Das lag ihm und rührte von seiner Erfahrung her. Und es war nun mal Teil seines Jobs.
    In der Apotheke wurde Thorne schließlich klar, dass Wegwerfwindeln, so praktisch sie sein mochten, nicht wirklich als Geschenk infrage kamen. Er sah auf die Uhr: Die Läden hatten nicht mehr lange offen. Er wechselte noch ein paar Worte mit der Frau hinter dem Tresen, in die er sich ein klein wenig verliebt hatte, bevor er hinaus auf die Straße trat.
    Er blieb eine Minute stehen und dann noch eine und ließ die Leute an sich vorüberziehen, während der Abend in den Feierabend überging. Nicht dass ihm jedwede moralische Attitüde, diesen Menschen zu dienen, fremd gewesen wäre. Doch er konnte sich nicht auch nur eine Sekunde lang vorstellen, dass er oder tausende wie er diese Menschen tatsächlich schützen könnten.
    Aber er musste sich auf die Seite derer stellen, die eine Grenze zogen …
    Aus bitterer Erfahrung wusste er, dass er eines Tages gezwungen sein könnte, einige dieser Menschen hier zu jagen. Der eine oder andere machte sich vielleicht nichts daraus, ein Kind zu verletzen. Andere schlugen zu, vergewaltigten oder töteten, wenn ihnen danach war.
    Das war eine Tatsache, eine einfache und entsetzliche Tatsache.
    Die meisten wussten, wo die Grenze ist. Sie schlampten höchstens bei den Steuerangaben oder setzten sich ans Steuer, obwohl sie ein paar Bier zu viel getrunken hatten. Die meisten wurden gelegentlich mal laut oder langten ein bisschen fester zu, um jemanden aufzurütteln. Der Großteil der Leute hatte dieselbe Hemmschwelle wie er hinsichtlich Schmerz, Wut, Ekel und Brutalität.
    Das waren die Leute, für die Thorne einstand.
    Das Leben dieser Leute wurde von Tag zu Tag, von Minute zu Minute, zu einem kleineren oder größeren Teil von den Ryans oder Zarifs dieser Welt beeinflusst. Bei den Leuten, die die Grenze um ihres Profits willen überschritten. Einige ahnten wohl nicht einmal, wem sie ihr Geld in den Rachen stopften, wenn sie ihr Taxi bezahlten oder ihren Burger. Wessen Exekution sie damit finanzierten. Einige litten

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