Tom Thorne 04 - Blutzeichen
weg. Wir erledigen unseren Papierkram, sperren ein paar kleine Würstchen ein und stören die anderen nicht dabei, sich gegenseitig umzubringen …?«
Tughan wandte sich zu Brigstocke. »Ich möchte Russell und seinem Team für ihre Kooperation und ihre Gastfreundschaft danken. Wir haben zusammen gute Arbeit geleistet. Wir haben eine Menge erreicht, und wie viel wir tatsächlich erreicht haben, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten erweisen. Ich bin sicher, dass Sie sich alle freuen, wieder an ihren eigenen Fällen arbeiten zu können. Und Ihre Büros wieder für sich zu haben.«
Letzteres wurde mit nicht gerade begeistertem Gelächter quittiert.
»Natürlich trinken wir später noch zum Abschied ein Bier miteinander. Wir verschwinden auch nicht sofort. Wie ich schon sagte, es gibt noch ein paar offene Punkte.« Und mit diesen Worten ging er zur Tür.
Brigstocke räusperte sich und folgte Tughan. Dann wandte er sich um zu Thorne, Kitson und seinen übrigen Leuten. »Ich setze mich später mit DS Karim zusammen. Um die Arbeit an den Fällen neu aufzuteilen. Da draußen sind noch genug unorganisierte Verbrecher, die hinter Schloss und Riegel gehören.« Letzteres sagte er wie ein drittklassiger Trainer, der seine sechs zu null zurückliegende Mannschaft in der Halbzeitpause aufzumuntern versucht.
Die ersten paar Sekunden, nachdem Brigstocke das Zimmer verlassen hatte, herrschte diese unangenehme Grabesstille, wie sie nicht selten auf eine Ansprache folgt. Niemand bewegte sich oder sagte ein Wort. Erst allmählich stieg der Lärmpegel etwas, und die Leute wagten, sich zu rühren. Hier ein halber Schritt und, wie nebenbei, eine Drehung der Schulter, und dort – aus dem gemeinsamen Team wurden zwei getrennte Teams. Die jeweiligen Mitglieder begannen sich nach ihren Teamkollegen umzusehen. Die Gespräche waren keineswegs geheim, aber man bezog die anderen nicht mehr ein.
Die Leute vom Team 3 der Serious Crime Group (West) schwiegen etwas länger als ihre Kollegen von der SO7. Yvonne Kitson nahm es schließlich auf sich, das Schweigen zu brechen und die Stimmung aufzulockern. »Wie läuft’s mit der Philosophie, Andy? Ist diese Woche Nietzsche dran oder Jean-Paul Sartre?«
Stone setzte eine unbewegte Miene auf, lief jedoch feuerrot an, und das verriet ihn. »Hä?«
»Ist schon gut, Andy«, sagte sie. »Die Macker haben alle ihre Tricks. Und die Frauen auch, wenn wir schon dabei sind.«
Stone schmunzelte. »Es funktioniert prima …«
»Jeder muss mit dem arbeiten, was er hat.« Holland lehnte sich gegen einen Schreibtisch. »Nur ein paar von uns setzen noch auf altmodischen Charme und gutes Aussehen.«
»Geld hilft«, warf Karim grinsend ein. »Und wenn nicht, dann komm ich meist mit Betteln weiter.«
»Betteln ist super«, sagte Kitson.
Holland sah zu Thorne. Er stand etwa zwei Meter von ihnen entfernt, und sein Unverständnis war ihm ins Gesicht geschrieben.
»Was ist mit Ihnen, Sir?«, fragte Holland. »Können Sie uns ein paar Tricks verraten?«
Stone lachte bereits über seinen Witz, bevor er zu sprechen begann. »Ich bin sicher, Dr. Hendricks könnte etwas Rohypnol auf die Seite bringen, wenn Sie mal völlig verzweifeln …«
Aber Thorne war bereits auf dem Weg zur Tür.
»Kann man sich nicht wenigstens einmal auf Sie verlassen«, seufzte Tughan. »Ich dachte, Sie wären froh, mich von hinten zu sehen.«
Tughan stand in der Tür zu seinem Büro. Brigstocke war nirgends zu sehen.
»Hören Sie, wir beide können uns nicht ausstehen«, sagte Thorne. »Das ist nun mal so. Weshalb wir, da bin ich sicher, nicht weniger gut schlafen. Und ein- oder zweimal, ich geb’s ja zu, hab ich etwas nur gesagt, um Sie auf die Palme zu bringen. Aber das hier« – er deutete nach hinten zur Einsatzzentrale, um auf das anzuspielen, was Tughan dort drinnen gesagt hatte – »ist wirklich dumm. Ich weiß, diese Entscheidung ist nicht auf Ihrem Mist gewachsen …«
»Nein, aber ich stehe dazu.«
»Entscheidungen werden befolgt, nicht hinterfragt. Ist es das?«
»Nicht, wenn wir etwas erreichen wollen.«
»Sie meinen karrieretechnisch? Oder sind wir wieder bei dem bisher Erreichten?«
»Ganz wie Sie möchten …«
Thorne hatte sich gegen den Türpfosten gelehnt, Tughan stand auf der anderen Seite der Tür. Beide schauten über den Gang auf die gegenüberliegende Wand. Das Pinboard war behängt mit Newsletters der Polizeigewerkschaft und verknitterten Fotokopien unwichtiger Diagramme. Dazu ein
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