Tom Thorne 04 - Blutzeichen
ihr ins Gesicht geschrieben. Sie schien an Tughans Lippen zu hängen, aber Thorne war sich ziemlich sicher, dass nicht nur er über etwas ganz anderes nachdachte …
Seine Gedanken wanderten zu seinem Vater. Er musste mit ihm reden, um zu sehen, wie es lief. Vielleicht wäre es einfacher, Eileen anzurufen.
Dann begann er darüber nachzugrübeln, warum er, beinahe drei Tage, nachdem er zusammen mit Chamberlain im Park-Royal-Gefängnis gewesen war, Tughan noch immer nichts von Gordon Rookers Geschichte erzählt hatte.
Hendricks hatte das ganze Wochenende über ständig davon geredet und ihn dabei angesehen, als wäre er vollkommen verrückt, hatte ihn ununterbrochen damit genervt, während sie sich im Fernsehen Fußball reinzogen …
»Du möchtest Billy Ryan selbst drankriegen, stimmt’s?«, hatte Hendricks gemeint. »Du möchtest den Kerl erwischen, der dieses Mädchen angezündet hat. Der sie auf dem Gewissen hat …«
»Heskey ist ein solcher Esel. Schau dir das an …«
»Du bist bescheuert, Tom.«
»Ich will ihn nicht selbst drankriegen.«
»Warum hast du dann niemandem von Rooker erzählt?«
Der einzige Grund, der Thorne dafür einfiel, war seine Beziehung zu Chamberlain und, okay, in gewisser Weise seine Beziehung zu Tughan. Außerdem hatte er sich zu der Ansicht durchgerungen, Rookers Information, sein Angebot, beziehe sich auf einen Fall, der zwanzig Jahre zurücklag. Er sei nicht unbedingt relevant für die Ermittlung in den Morden an Mickey Clayton, den Izzigils und den anderen. Natürlich hätte er Billy Ryan liebend gern alleine dingfest gemacht, aber er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er das anstellen sollte …
Tughan redete über Dave Holland und Andy Stone. Er lobte sie für ihre Arbeit, bei der sie auf den überaus wichtigen Namen gestoßen waren. Thorne konzentrierte sich auf das, was Tughan sagte, kam aber nicht umhin zu bemerken, wie stinksauer Holland darüber war, sich den Ruhm mit Andy Stone teilen zu müssen.
»Die Leute vom NCIS haben uns das abgenommen und sitzen seit achtundvierzig Stunden daran«, sagte Tughan. »Und wir haben jetzt endlich ein paar ordentliche Hintergrundinformationen über die Zarif-Familie.«
Tughan lehnte sich über den Schreibtisch. Brigstocke stand mit verschränkten Armen links davon. Ihnen gegenüber standen etwa ein Dutzend Leute dicht aneinander gedrängt in dem kleinen Büro: die führenden Polizeibeamten vom Team 3 der Serious Crime Group (West) und ihre Kollegen von der SO7.
»Nach außen hin erscheinen die Zarifs als musterhafte Bürger«, erklärte Tughan. »Jede Immobilie, die ihnen gehört oder an der sie einen Anteil besitzen, jedes Geschäft, an dem sie beteiligt sind – Minicabs, eine Videoladenkette, eine Spedition, eine Lastwagenvermietung –, ist absolut legal. Nicht mal ein Strafzettel für falsches Parken.«
»Typisch, oder?«, meinte Brigstocke.
Tughan nickte einem seiner DCs zu, einem vierschrötigen, bärtigen Waliser namens Richards. Thorne wurde ganz anders, als Richards sich an sie wandte. Er hatte vor ein, zwei Tagen neben ihm in einem Pub festgesessen, und der Kerl hatte ihn nicht vom Hocker gehauen.
»Stellen Sie sich das Ganze als drei konzentrische Kreise vor«, erklärte Richards.
Ohne Rücksicht darauf, ob jemand es bemerkte, schloss Thorne die Augen. Diese Nervensäge hatte ihm die »Konzentrische Kreise«-Rede bereits im Pub gehalten. Er hatte ihn so in die Ecke neben den Spielautomaten gedrängt, dass es kein Entkommen gab, und ihm erläutert, wie eine Bande oder Familie operierte – zehn endlose Minuten, für etwas, das er ebenso leicht in zwei hätte erledigen können. Da waren die Straßengangs: die Taschendiebe und die Autoknacker und die ganzen Typen, die einem Kind die Pistole vor die Nase hielten, um an sein Handy oder seinen MP3-Player zu kommen. Dann gab es die organisierten Ganoven: die Kredithaie, die Betreiber der illegalen Spielhöllen, die Waffenschmuggler und Kreditkartenabzocker. Und im Zentrum saßen die Bonzen: die nach außen hin gesetzestreuen Geschäftsmänner, die riesige Drogendealerringe und Geldwäscheoperationen leiteten und die sich wie respektable Industriekapitäne benahmen.
»Stellen Sie sich drei konzentrische Kreise vor«, hatte Richards erklärt, ein volles Glas Bier in der Hand. »Sie gehen alle ineinander über, aber die Punkte, wo sie sich berühren, ändern sich ständig, lassen sich nicht festmachen.« Er hatte gelächelt und sich zu ihm gebeugt. »Ich denke dabei
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