Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
sich, obwohl man mehr Platz zu Verfügung hatte, eine Art Klaustrophobie bemerkbar. Während da draußen die Verbrechen begangen wurden, mit denen man sich am nächsten Morgen herumschlagen musste. Einige Verbrechen mehr als andere. Für Betrug eignete sich der Tag besser, und für Drogenschmuggel und diverse Diebstahlarten. Aber nachts florierten die Gewaltverbrechen, bei denen die Menschen litten und starben.
Nachts hatte man in einer Polizeiwache das Gefühl, als harre man der Dinge, die da kommen.
Was die aktuellen Fälle anging, waren die Ermittlungen für heute so gut wie eingestellt. Adrian Farrells Anwalt hatte darauf bestanden, dass sein Mandant in seine Zelle zurückgebracht wurde und seine acht Stunden Schlaf bekam. Es hatte keine Stunde gedauert, und Danny Donovan hatte dasselbe für Freestone gefordert. Und wenn die einzige Spur in der Luke-Mullen-Entführung im Bett lag, gab es nicht wirklich mehr etwas zu ermitteln. Man beschränkte sich also darauf, die Papierarbeiten zu erledigen, zu viel Kaffee zu trinken und anschließend deprimiert und bis zu den Haarspitzen mit Koffein abgefüllt herumzusitzen.
Russell Brigstocke kam in das CID-Büro und sah aus, als könne ihm eine weitere Tasse Kaffee nicht schaden. »Ihr beiden könnt euch jetzt genauso gut nach Hause verpissen«, sagte er.
»Schön ausgedrückt«, sagte Thorne. »Und ich widerspreche nicht.«
Porter stand auf. »Sind Sie sicher, Guv?« Sie griff bereits nach ihrer Handtasche.
»Ich brauche euch hier wieder in sieben Stunden … und zwar ausgeschlafen. Das heißt, ich möchte niemandem im Oaks auf ein paar Bierchen zum Einschlafen sehen.«
Thorne zog seine Lederjacke an. » Sehen ? Haben Sie vor, später reinzuschauen?«
»Ich hab vor, wenn’s geht, nach Hause zu gehen.« Brigstocke ließ sich auf den Stuhl fallen, den Porter gerade geräumt hatte. »Nicht dass das Sinn macht.«
»Wann haben Sie zuletzt Ihre Kinder gesehen?«, fragte Porter.
Brigstocke schaute sie mit gespielter Verwunderung an. »Hab ich Kinder?«
Unten in der Lobby nickte Thorne dem uniformierten Beamten hinter der Plastikscheibe zu, der dümmlich zurücknickte, bevor er weiter über seinem Kreuzworträtsel in der Sun brütete.
»Wie kommen Sie nach Hause?«, fragte er Porter.
»Ich müsste gerade noch den letzten Zug erwischen«, sagte sie. »Dann bin ich mit etwas Glück in einer Stunde zu Hause. Oder ich muss mit dem Taxi fahren.«
Thorne merkte, dass er noch immer nicht wusste, wo Porter wohnte. »Wohin müssen Sie denn?«
»Pimlico.«
»Ich bring Sie bis zur U-Bahn.«
»Danke.«
Thorne wartete, bis sie durch die Drehtür durch waren.
»Hören Sie, ich hab eine Ausziehcouch. Sie sind herzlich eingeladen …«
»Gut.«
Sie liefen zum Auto. Thorne wollte sich nicht zu ihr umdrehen und sie anstarren, und zwischen den Straßenlaternen war es zu dunkel, um mit einem kurzen Blick feststellen zu können, wie Porter sein Angebot aufnahm. »Ich hab nur gedacht, Sie brauchen eine Stunde bis nach Hause, und ich wohne gleich in Kentish Town, es war also durchaus vernünftig, verstehen Sie. Wie gesagt, war nur ein Gedanke, aber Sie bekämen eine Stunde mehr Schlaf.«
Zwar konnte Thorne Porters Gesicht nicht klar erkennen, aber der Schalk in ihrem Ton war unüberhörbar. »Eine Stunde mehr Schlaf klingt wunderbar.«
»Super.«
»Okay …«
»Wie gesagt, bis zu mir sind’s nur zwanzig Minuten. Und wenn Sie mich fragen, Sie haben Glück, wenn Sie’s in einer Stunde bis nach Pimlico schaffen. Also mindestens eine Stunde mehr Schlaf.«
»Klingt ja nicht gerade verführerisch, wie Sie das sagen.«
Siebzehntes Kapitel
Die schwierigen Fragen waren immer Maggies Aufgabe gewesen. Sie war es gewesen, die alles stehen und liegen ließ, wenn es Probleme mit den Hausaufgaben gab. Als Luke und Juliet noch jünger waren, war ihr Mann natürlich auch nicht oft da gewesen, aber sogar nachdem er sich zur Ruhe gesetzt hatte, war das ihre Aufgabe geblieben. Nicht dass er nicht schlau genug dafür gewesen wäre. In vielen Dingen, auf die es ankam, war er weitaus bewanderter. Aber bis auf Mathematik – für die Tony immer ein Geschick hatte – lag die Verantwortung für die richtige Antwort bei ihr. Sie kannte die Regierungszeit jedes Tudormonarchen, konnte die Symbole und Ordnungszahlen der meisten chemischen Elemente auswendig und hatte Täler in U- und V-Form bereits zweimal gezeichnet.
Bei den anderen Fragen war sie genauso gut, den unangenehmeren. Fragen wie »Wo
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