Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
bisschen komisch. Gut möglich, dass er sich wieder wohler in seiner Haut fühlte, wenn das alles vorbei war und sie die Kohle in der Tasche hatten. Vielleicht könnten sie dann irgendwo hinfahren.
Aber klar, Mann. Es wär verdammt angebracht, dann wegzufahren. Und vielleicht würde er ja dann aufhören, ständig an diese anderen Mädchen zu denken …
Als Amanda fünf Minuten später ins Zimmer kam, fürchtete er eine schreckliche Minute lang, sie könne seine Gedanken lesen. Dass es so offensichtlich sei wie der Halbsteife in seiner Hose, den er schnell mit dem Daily Star verdeckte. Es war aber alles cool. Sie fragte ihn, ob alles okay sei, und küsste ihn auf die Stirn, als er sie dasselbe fragte. Sie bediente sich bei seinen Zigaretten und sah nach, ob was Ordentliches im Fernsehen lief.
Dann setzte sie sich auf die Bettkante und redete darüber, was sie mit dem Jungen machen sollten.
Zweites Kapitel
»Er ist ja kein Baby mehr, oder?« Holland beugte sich vor und stützte sich an den beiden Kopfstützen ab. »Wahrscheinlich warteten sie einfach drauf, dass er wieder zu Hause aufkreuzt.«
»So haben sie es mehr oder weniger erklärt.«
»Es war vielleicht nicht das erste Mal.«
»Nein, das glaub ich nicht«, sagte Porter. Sie überholte mit dem Saab Turbo, der kein Polizeinummernschild hatte, einen silbernen Wagen und bedachte die Frau am Steuer, die lebhaft in ihr Handy plauderte, mit einem bösen Blick. »Aber wie gesagt, wir haben uns noch nicht so ausführlich mit den Eltern unterhalten. Hoffen wir, dass wir in den nächsten Stunden mehr erfahren.«
»Vorausgesetzt, wir kommen dort unbeschadet an.« Thorne saß etwas angespannt auf dem Beifahrersitz. Es beunruhigte ihn, dass Porter hinter dem Lenkrad genauso hektisch war wie im Büro. Ihre ständigen Blicke in den Rückspiegel hatten mehr mit dem Fall als mit der Fahrt und ihrer Sicherheit zu tun.
»Versteht sich von selbst, wenn es irgendeine Art von Drohung gegeben hätte, würden wir uns mit der Familie nicht zu Hause unterhalten. Wir würden uns fernhalten und nach einem Weg suchen, auf neutralem Gebiet mit ihnen zu sprechen.«
»Das ist sicher nicht immer einfach«, meinte Holland.
»Nein, das ist nicht immer einfach. Aber wenn man die Familie zu Hause besuchen muss, gibt es dazu immer Mittel und Wege. Man muss nur etwas erfinderisch sein.«
»Wie, mit Verkleidungen und solchen Tricks?«
Thorne wandte sich zu Holland um und schnitt eine Grimasse. » Verkleidungen! Wie alt sind Sie denn, sechs?«
»Genau«, sagte Porter. »Wir haben eine riesige Kostümkiste im Büro. Gasmänner- und Postbotenuniformen, alles da.« Wieder sah sie lange in den Rückspiegel. »Es spricht nichts dafür, dass ein Besuch bei den Mullens Luke zusätzlich in Gefahr bringt. Dennoch gilt es, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu befolgen. Die Situation darf nicht außer Kontrolle geraten. Keine Polizisten in Uniform.« Wieder ein Blick in den Rückspiegel. »Und immer die Augen offen halten.«
Der Crashkurs in Ermittlungsmethoden bei Entführungen hatte vom Scotland-Yard-Parkplatz bis Arkley gedauert – eine grüne Vorstadtidylle in Hertfordshire, etwa zwanzig Kilometer nördlich vom Londoner Stadtzentrum. Ihnen war klar geworden, wie ungleich flexibel die Vorgehensweise dieser Einheit war und um wie viel schneller hier alles geschah als in anderen Einheiten. Zwar unterschieden sich Entführungen nicht allzu sehr von Mordfällen – wenn es so etwas wie einen »typischen« Fall überhaupt gab –, aber Thorne war dennoch überrascht über die große Bandbreite an Fällen. Obwohl ein Großteil der Entführungen einer Pressesperre unterlag, also nicht an die Öffentlichkeit gelangte, bestand kein Zweifel, dass es sich hier um eine Wachstumsindustrie handelte.
»Und eine relativ sichere Verdienstmöglichkeit«, sagte Porter. Sie erzählte ihnen, dass bei der Hälfte ihrer Fälle die ausländische Drogenmafia die Hände im Spiel hatte und dass es bei weniger als einem von fünf Fällen zu einer Verurteilung kam. »Die meisten Opfer sagen nie aus, diese undankbaren Dreckskerle. Letztes Jahr haben wir so einen alten Typen gerettet, den sie gefesselt und in einem Lagerhaus gefoltert hatten. Sie haben dem Mistkerl beide Ohren abgeschnitten, und trotzdem hat er sich geweigert auszusagen. Er hatte einfach Schiss, die anderen aus der Bande könnten es ihm heimzahlen.«
»Ist doch verständlich, dass er Angst hatte«, sagte Holland. »Er würde sie ja nicht kommen
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