Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
abhört? Dass sich diese Anrufe nicht zurückverfolgen lassen?«
Brooks seufzte, als bereitete ihm jeder Atemzug Schmerzen. »Ich glaube Ihnen.«
»Gut.« Thorne setzte sich. »Denn das hier könnte etwas dauern...«
Fünfunddreißigstes Kapitel
Thorne hätte mit geschlossenen Augen zur Green Lanes fahren können. Oft genug hatte er in seinem Auto gesessen und Zarifs Restaurant beobachtet. Er kannte die Abläufe, wusste, wann die Leute kamen und gingen. Er wusste auch, wo er am besten sein Auto parkte, damit es nicht gesehen wurde, und wie er in die schmale Gasse gelangte, die hinter den Läden an der U-Bahn-Station am Manor House entlangführte.
Es war kurz nach elf Uhr.
Der Lieferanteneingang von Zarifs Restaurant lag keinen halben Meter von dem spärlich beleuchteten Gässchen entfernt. Thorne wusste, welcher Eingang es war. Er konnte die grauen Plastikmülltonnen vom Ende des Gässchens aus sehen. Oft schon hatte er hier gestanden, genau an dieser Stelle, und hatte dem Alten dabei zugesehen - manchmal auch seiner Frau oder seiner Tochter -, wie er Flaschen in die Flaschentonne warf, während die Öfen drinnen auskühlten und die letzten Gäste am Vordereingang verabschiedet wurden.
Meist war es um halb zwölf Uhr so weit, samstags auch etwas später. Innerhalb der nächsten halben Stunde würde der Großteil der Aufräumarbeiten erledigt sein. Zarifs Frau und seine Tochter wären auf dem Weg in das herrschaftliche und gut gesicherte Familienanwesen in Woodford, und der Chef wie jeden Abend allein mit seinem Glas Wein oder einem starken türkischen Kaffee.
Zufrieden mit sich und der Welt würde er dasitzen und an die Tageseinnahmen des Restaurants und seiner anderen, profitableren Geschäfte denken.
Von seinem Platz am Ende des Gässchens aus beobachtete Thorne eine dürre Katze, die auf einem der Tore entlangkroch. Die wusste wohl ebenfalls, wann die Mülltonnen gefüllt wurden. Sie hatte gerade angefangen, sich zu putzen, als ein Autoalarm auf der Hauptstraße vorn losging. Sie lief davon.
Etwa eine Minute später tauchte eine andere Gestalt aus dem Schatten auf, nur ein paar Schritte von der Stelle entfernt, an der die Katze gesessen hatte. Er wusste, dass der Mann ihn sehen konnte, dass die Straßenlaterne hinter ihm hell genug war, dass er sein kurzes Winken bemerkte.
Der Mann hob ebenfalls die Hand, bevor er so schnell wie vorhin die Katze verschwand. Thorne blieb noch eine Minute stehen und ging dann zu seinem Auto, um dort zu warten.
Fünfundvierzig Minuten später hörte er die Tropfen von den Bäumen auf das Dach des BMWs fallen, als er noch immer über die Straße schaute.
Er beobachtete, wie die Gäste gingen, anschließend die einzige Bedienung, und dass noch immer ein paar Gestalten drinnen zu erkennen waren.
Das Restaurant befand sich zwischen einem Immobilienmakler und einem Minicabbüro, es war etwas zurückgesetzt, davor ein breiter Bürgersteig. Das Minicabbüro gehörte ebenfalls zum Familienimperium und wurde von Arkans ältestem Sohn geführt, doch Thorne wusste über die Gewohnheiten der Söhne genauso Bescheid wie über die ihres Vaters. Wären Memet oder seine zwei jüngeren Brüder da, dann hätten sie sich um diese Zeit bereits im Hinterzimmer verkrochen und würden um teures Geld mit ihren Geschäftspartnern Karten spielen.
Er war sich ziemlich sicher, dass er ungesehen in das Restaurant kommen würde. Wenn alles gut lief, dann wussten nur die zwei entscheidenden Leute, dass er da gewesen war.
Um Viertel vor zwölf sah Thorne einen schwarzen Mercedes vorfahren. Fünf Minuten später eilten Sema Zarif und ihre Mutter, die Thorne nie kennengelernt hatte, aus dem Restaurant und wurden weggefahren. Er sah dabei zu und dachte daran, was Louise gesagt hatte: dass sie sich wundere, warum Leute, die einen ihnen nahestehenden Menschen durch eine Gewalttat verloren hatten, so selten selbst mit Gewalt darauf reagierten. Er konnte unmöglich sagen, wie oft er hier gesessen und kurz davor gestanden hatte. Davor, über die Straße und in das Restaurant zu laufen und auf Arkan Zarif loszugehen. Mit allem, was ihm zwischen die Finger kam: einer Flasche, einem Glas, einem dieser Messer, auf die Zarif so stolz war.
»Das Fleisch suche ich aus«, hatte er Thorne erklärt.
Thorne sah das Lächeln vor sich. Die Bewegung der Schultern.
Er wartete sicherheitshalber noch zehn Minuten, bevor er aus dem Auto stieg.
Die Gegend kam für ihn als Wohngegend nicht in Frage, daher kümmerte er sich
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