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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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vorbei. Die Grenze ist überschritten.«
    »Das hab ich schon erlebt«, sagte Thorne.
    Kambar schob die letzte Gabel Pasta in den Mund und wartete.
    Ohne den Resten auf seinem Teller Beachtung zu schenken,
begann Thorne diesem Mann, den er seit einer Stunde kannte, von der Alzheimererkrankung zu erzählen, die die letzten Lebensjahre seines Vaters und einige seiner Lebensjahre überschattet hatte. Von den bizarren Obsessionen und Zwängen, die das Leben des alten Herrn zunehmend sprunghaft und unkontrollierbar gemacht hatten. Kambar erklärte ihm, dass diese Krankheit sich genauso auf das Gehirn auswirkte, wie er es beschrieb.
    »Die Leute denken, es geht nur darum, dass die Betroffenen Namen vergessen oder nicht mehr wissen, wo sie die Schlüssel hingelegt haben«, sagte Kambar. »Aber am schlimmsten ist, dass man vergisst, wie man sich benimmt.«
    Thorne legte Messer und Gabel beiseite. Rückte sie gerade. »Und inwieweit ist das erblich bedingt?«
    Kambar nickte. Ihm war klar, worum es bei dieser Frage ging. »Sehen Sie, hier gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse, aber nur etwa fünfzehn Prozent der Alzheimerpatienten hatten Eltern, die ebenfalls an Alzheimer litten. Und sogar hier finden sich die stärksten genetischen Verbindungen bei den seltenen Formen, zum Beispiel bei sehr früh einsetzenden Erkrankungen. Darum handelt es sich hier doch nicht?«
    Thorne schüttelte den Kopf.
    »Die Tatsache, dass Ihr Vater Alzheimer hatte, erhöht möglicherweise ein klein wenig Ihr Risiko, aber das ist alles.« Kambar lächelte. »Doch Demenz kommt sehr häufig vor, von daher müssen Sie damit rechnen, sie so oder so zu kriegen. Ich würde also einfach aufhören, mir Sorgen zu machen.«
    »Manchmal war es gut«, sagte Thorne. »Mit meinem Dad, verstehen Sie? An einem Nachmittag haben wir mal
alle auf dem Pier Bingo gespielt, und er hat einfach durchgedreht. Fing an rumzufluchen und zu brüllen, richtig übel, und alle regten sich auf, aber ich hab mich halb totgelacht. Und er wusste, es ist komisch. Man konnte es ihm am Gesicht ablesen.«
    »Ich bin froh, dass es nicht nur schrecklich war«, sagte Kambar. »Wie war es gegen Ende zu?«
    Plötzlich war Thornes Appetit wieder da. Er hatte erst vor kurzem herausgefunden, wie das Feuer ausgebrochen war, das Jim Thorne das Leben kostete, und welchen Anteil er am Tod seines Vaters gehabt hatte. Nicht einmal mit Louise hatte er darüber reden können. Vom anderen Ende des Tisches hörte er Kambar sagen, das sei kein Problem, er habe nicht neugierig sein wollen.
    Thorne zuckte leicht zusammen, als Kambars Beeper losging. Er erhob sich und schüttelte dem Arzt die Hand, als dieser sie ihm entgegenstreckte. »Sie waren eine große Hilfe. Danke.«
    »Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich zu einer lebenswichtigen Gehirnoperation gerufen werde«, sagte Kambar. »Aber in Wahrheit bin ich zu einem Squashspiel verabredet.« Er griff unter seine Jacke und rieb sich den Bauch. »Hätte etwas früher essen sollen.«
    »Das ist meine Schuld.«
    »Das ist kein Problem.«
    »Jemand tötet die Kinder seiner Opfer«, sagte Thorne unvermittelt.
    »Wie bitte?« Kambar hatte wieder diesen kryptischen Kreuzworträtselblick.
    Thorne sah einen Tropfen Soße am Rand seines Schnurrbarts hängen und einen dünnen Streifen direkt unter seinem Kragen. »Die Kinder der Frauen, die Raymond Garvey
umbrachte.« Thorne war plötzlich etwas schwindlig, wahrscheinlich war er zu schnell aufgestanden. Er wartete ein paar Sekunden und hoffte, dass Kambar glaubte, er warte seinetwegen. »Wer immer diese Fragmente von Garveys Gehirnscan hat, hat bereits vier Menschen umgebracht.«
    Kambar sah aus, als wünschte er, diese Frage nie gestellt zu haben. Er blies die Backen auf und sagte: »Fuck.«
    Die Verblüffung war Thorne deutlich anzusehen.
    »Ein medizinischer Fachausdruck«, sagte Kambar. »Für Situationen, in denen man sich wie ein hoffnungsloser Quacksalber mit einer Tasche voll Blutegel fühlt.«
    »Ich verwende den Ausdruck in demselben Kontext«, erwiderte Thorne. »Nur etwas häufiger.«
    »So vieles kann im Gehirn Chaos anrichten, und meistens sind wir absolut machtlos dagegen.« Kambar schüttelte den Kopf, seine Resignation war ihm an den Linien um seinen Mund abzulesen. »Manchmal ist der Schaden … unsichtbar.«
    »Viel Spaß beim Spiel«, sagte Thorne.
    Als der Arzt gegangen war, holte sich Thorne noch einen Kaffee und ein großes Stück Käsekuchen am Tresen. Der Blick aus dem Fenster über

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