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Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes

Titel: Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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warum Sie glauben, Sie müssten so verdammt neutral sein.«
    »Immer mit der Ruhe, mein Freund …«
    »Sorry …«
    »Das ist es, was uns auszeichnet und wonach wir zu streben haben, Tom. Wir haben das ernst zu nehmen, okay?«
    Thorne griff nach einer Ausgabe von Uncut und ging damit zur Kasse. Er hatte noch fünf Minuten, bis sein Zug einfuhr. »Ich hab letzte Nacht nicht viel geschlafen«, sagte er.
    »Wann sind Sie in King’s Cross?«
    »Etwa um halb vier.«

    »Fahren Sie direkt nach Hause«, sagte Brigstocke. »Sie sind früh los, und vor fünf Uhr wären Sie ohnehin nicht hier. Schauen Sie einfach, dass Sie morgen früh der Erste im Büro sind.«
    »Sind Sie sich sicher?«
    »Ich überlasse es Ihnen. Ich meine, wenn Sie lieber ein paar Stunden damit verbringen, unser verbliebenes Dutzend Anthony Garveys anzurufen …«
    »Bis morgen dann.«
    »Ich ruf an, wenn sich was Neues ergibt.«
    Genau, dachte Thorne. Zum Beispiel die Leiche eines der drei abhandengekommenen Opfer auf der Liste.
     
    Thorne nahm noch einen Schluck aus der Bierdose, die er nun dank Brigstocke genießen konnte. Ihm gegenüber saß eine junge Frau, blond, unreine Haut, die in einer Ausgabe von heat blätterte. Sie blickte immer wieder von ihrem Promiblatt auf und starrte auf das Bier in Thornes Hand, als sei Alkoholkonsum in einem Zug auf einer Liste unakzeptablen Verhaltens in der Öffentlichkeit in derselben Liga, wie Crack zu rauchen oder seinen Schwanz herauszuholen.
    Als er die Dose wieder an die Lippen hob, fing er sich einen besonders angewiderten Blick ein und spielte mit dem Gedanken, ihr einen Schluck anzubieten. Oder möglichst laut zu rülpsen. Oder ihr zu sagen, was er von den gehirntoten Auswürfen in ihrer Zeitschrift hielt und dass jeder Trottel, der Freude daran hatte, Fotos von Paparazziopfern anzuschauen, die aus Nachtclubs stolperten oder ohne Unterhose aus einer Limo stiegen, sich nicht das Recht herausnehmen sollte, irgendwen zu kritisieren. Dann dachte er darüber nach, was wohl Louise sagen würde. Er erinnerte sich, dass sie gelegentlich mit großem Vergnügen OK oder heat
durchblätterte, wenn sie beim Friseur saß oder im Wartezimmer eines Arztes.
    Er wartete, bis die Frau das nächste Mal aufsah, und lächelte sie an, woraufhin sie sich sofort wieder in ihre Zeitschrift vertiefte.
    Ergibt einen gewissen Sinn.
    Dass Menschen starben, weil sie eine bestimmte Mutter hatten, dass Menschen mordeten, weil sie einen bestimmten Vater hatten. Thorne schluckte sein dünnes Lager und dachte, dass das wohl genauso einen Sinn ergab wie alles andere in dieser Welt, in der es so wichtig war, berühmt zu sein. Und wo es ganz egal war, weswegen man berühmt war. Eine Welt, in der Pärchen, die es nicht schafften, sich um einen Hamster zu kümmern, im Supermarkt sechs Kinder hinter sich herzogen.
    »In Cambridge jemand zugestiegen?«
    Thorne hatte den Schaffner bei der ersten Runde verpasst, weil er im Speisewagen gewesen war. Kaum war seine Fahrkarte gelocht, machte er sich noch mal auf den Weg. Dabei zerdrückte er, als er sich aus seinem Sitz quälte, seine Dose so laut er konnte und ließ sie auf dem Tisch zurück.
    Am Waggonende sprach ein Mann in sein Handy. Er lachte, es war eher ein wütendes Halbhusten, und erzählte jemandem, wie »typisch« etwas für jemand anderen sei. Das Ganze war weniger laut denn nervig.
    Thorne blieb am Tisch des Mannes stehen und riss ihm das Handy aus der Hand. Dabei deutete er mit dem Kopf hoch zu einem Schild: ein mit einer roten Linie durchgestrichenes Handy. Er drückte auf die Taste, um das Gespräch zu beenden, und zog mit der anderen Hand schnell seine Brieftasche heraus. Der Mann setzte an: »Verdammt, was bilden Sie sich …?« Und hielt inne, als er die Dienstmarke sah.

    Den Rest des Weges legte Thorne in weitaus besserer Stimmung zurück.
     
    Louise kam eine Stunde später als Thorne nach Hause.
    »Du weißt ja, wie’s ist«, sagte sie. »Man nimmt sich ein paar Tage frei, und dann stapelt sich die Arbeit auf dem Schreibtisch.« Sie erzählte ihm, dass sie es genieße, bis zum Hals in der Arbeit zu stecken und über etwas anderes nachdenken zu können. Sie war gut aufgelegt.
    Thorne schlug ihr vor, doch ein paar Sonderschichten einzulegen, da ihr die Arbeit offensichtlich so guttue.
    »Das hängt damit zusammen, dass man eine andere Perspektive der Dinge bekommt«, meinte sie.
    Louise machte Spaghetti mit Speck, Zwiebeln und Pesto, und anschließend sahen sie eine Weile fern.

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