Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Familiennamen hab ich auch: Anthony Garvey.«
»Klingt definitiv gut.«
»Tony ist okay, da hab ich nichts dagegen.«
»Klingt jünger, find ich.«
»Du hast also nichts dagegen, wenn ich dich wieder besuche?«
»Gehst du schon?«
»Nein, keine Angst, ich hab noch ganz viel Zeit. Ich wollte nur checken, ob es okay wäre.«
»Mehr als okay.«
»Seh ich auch so.«
»Ja … Tony klingt wirklich gut …«
Fünfzehntes Kapitel
Brigstocke war bei der Morgenbesprechung bester Stimmung, allerdings blieb ihm nicht recht viel anderes übrig. Fortschritt - unspektakulär zwar, aber greifbar - gab es, doch die Stimmung des DCI wäre ähnlich, falls dies nicht der Fall wäre. Als leitender Ermittler und Chef des Teams konnte er sich nicht dabei ertappen lassen, dass er sich lauthals darüber beschwerte, dass die Ermittlung feststeckte und alles sich in Scheiße verwandelte.
Das war einer der Gründe, warum Thorne den nächsten Schritt auf der Karriereleiter verweigerte. Trotz Louises Drängen hatte er die Chief-Inspector-Prüfung nicht gemacht. Die Gehaltserhöhung wäre natürlich willkommen, und der Parkplatz, der ihm dann zustünde, wäre auch viel besser. Aber ständig gute Miene zum bösen Spiel machen zu müssen, das war etwas, was ihm gar nicht lag.
»Das lernst du alles«, hatte Louise gemeint.
Aber Thorne war nicht überzeugt. »Ich will es gar nicht lernen«, hatte er gesagt. »Und wahrscheinlich würde ich dem ersten Arschkriecher eine scheuern, der daherkommt, um sich anzubiedern.«
Nach der Besprechung ging Thorne mit Holland zurück in die Ermittlungszentrale. Er wartete, während Holland für sie Kaffee kochte, und sein Blick schweifte zu der großen weißen Tafel, die eine Wand dominierte. Unter den Fotos der vier Opfer, mit denen sie es bislang zu tun hatten, war
die Tafel durch eine dicke, nicht ganz gerade, schwarze Filzstiftlinie in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite standen die Namen der sieben Frauen, die Raymond Garvey umgebracht hatte, und auf der rechten Seite die Namen ihrer Kinder. Rote Linien verbanden die Namen der Mütter mit denen ihrer Söhne und Töchter.
Thorne betrachtete die Namen auf der rechten Tafelseite, das Alter der Betreffenden und wann sie gestorben waren. Eine Namensliste der bereits Umgebrachten und derer, von denen sie annehmen mussten, dass der Mörder hinter ihnen her war.
Catherine Burke (23 Jahre) 9. Sept. (Bruder, Martin, kam bei Verkehrsunfall ums Leben)
Emily Walker (33 Jahre) 24. September
Gregory und Alexandra Macken (20 Jahre/18 Jahre) 27. September
Andrew Dowd (31 Jahre)
Deborah Mitchell (29 Jahre)
Graham Fowler (30 Jahre)
Simon Walsh (27 Jahre)
Unten an der Tafel hingen die drei Phantombilder, die aufgrund der Zeugenbeschreibungen erstellt worden waren, nämlich der Beschreibung von Emily Walkers Nachbarin sowie des Zeugen, der einen Mann gesehen hatte, der mit Catherine Burke sprach, und der Studenten, die beobachtet hatten, wie Greg Macken im Rocket Club angemacht wurde. Unter jedem Bild stand der Name »Anthony Garvey«. Ob Thorne mit seinem Verdacht, der Name sei nicht echt, nun recht hatte oder nicht, es war der einzige Name, den sie für ihren Hauptverdächtigen hatten.
Holland tauchte neben Thorne auf und reichte ihm seinen Kaffeebecher. Thorne starrte in den Plastikbecher.
»Im Kühlschrank war keine Milch, ich musste das weiße Pulverzeug nehmen.«
»Wir sollten unsere Namen auf die Packungen schreiben«, sagte Thorne, »so wie Studenten.«
Holland nickte Richtung Tafel. »Was halten Sie von der Sache mit Dowd und seiner Frau?«
Andrew Dowd war der Mann, den Brigstocke am Tag zuvor erwähnt hatte. Der Mann, der laut seiner Frau vor ein paar Tagen zu einer Wanderung in den Lake District aufgebrochen war und von dem sie seither nichts mehr gehört hatte. Sie behauptete, weder seine Route zu kennen, noch wo er übernachten wollte oder wie lange der Trip dauern sollte. Man hatte sich verständlicherweise um Dowds Sicherheit gesorgt, doch nachdem Kollegen mit seiner Frau gesprochen hatten, gelangte man zu dem Schluss, dass es nur seine Ehe war, die man so gut wie sicher als tot betrachten musste. Sie hatte ihnen erzählt, Andrew sei mehr oder weniger überstürzt aufgebrochen, habe zwar sein Handy mitgenommen, aber nicht das Ladegerät, und habe sich nur ein Mal gemeldet, an dem Abend, als er aufgebrochen sei, um ihr zu sagen, er sei sicher angekommen. Nach einer Nachfrage bei der Telefongesellschaft stand fest, dass der Anruf
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