Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
dennoch schwergefallen, ihre Begeisterung zu teilen.
»Warum solltest du da weiterkommen, wenn es die Cops nicht können?«, hatte er gemeint.
Weil ich ein Cop bin, war ihr auf der Zunge gelegen, und weil ich verdammt gut bin.
»Wie lange bist du weg?«
Es war die Art von Job, die einem Privatdetektiv gefallen hätte - eine Karriere, über die sie vor ein paar Jahren nachgedacht hatte, als sie aus dem aktiven Dienst ausschied. Ausgeschieden wurde. Aber ihr war klar, dass sie es hassen würde, stundenlang im Auto zu sitzen, den Fußraum mit leeren Chipspackungen zuzumüllen und in der Hoffnung, ein oder zwei Fotos von einem untreuen Mann oder einer untreuen Frau zu bekommen, ein langweiliges Haus zu beobachten.
Sie hatte die Hypnotherapeutensache heruntergespielt, aber lustig war das damals ganz und gar nicht gewesen. Und sie war Tom Thorne wahnsinnig dankbar für seine Hilfe. Er hatte sie vor einer kuscheligen Zukunft aus Gassigehen und Kreuzworträtsellösen bewahrt. Ein Lebensstil, der vielleicht in fünf oder zehn Jahren traumhaft sein mochte, aber nicht jetzt.
Gott, sie war noch keine sechzig Jahre alt.
Thorne war ihr am Samstag etwas zerstreut erschienen. Sie konnte nicht sagen, ob tatsächlich was los war, weil sie ihn, wenn sie ehrlich war, nicht gut genug kannte, um beurteilen zu können, was normal war. Es gab zu vieles, worüber sie nie sprachen, und sie spürte immer eine Reaktion bei ihm, wenn sie darauf anspielte.
Manchmal, wenn sie dem Hund zusah, wie er am Meer entlangjagte, oder wenn sie mit Jack in ihrem winzigen Garten werkelte, kam es ihr vor, als sei das alles jemand anderem passiert. Aber sie schämte sich nicht für das, was sie getan hatte. Damals ging es einzig darum weiterzukommen - ein gelöster Fall, der sie für ein Dutzend Fälle voller Frustration und ohne greifbares Ergebnis entschädigte. Sie war eine Getriebene - das hatte sie mit Thorne gemeinsam -, und selbst jetzt, wo sich auf dem Bett die Unterlagen
und Notizen stapelten, spürte sie diese Leidenschaft wie lange nicht mehr. Sie hatte schon geglaubt, das sei vorbei.
Ich muss öfter aus dem blöden Haus raus, dachte sie.
Sie hatte den Tag, nachdem sie sich mit Thorne getroffen hatte, damit verbracht, die Fallakten der ursprünglichen Garvey-Ermittlung durchzugehen. Sie hatte keine großartigen neuen Erkenntnisse erwartet, aber die beiläufige Brutalität der Morde hatte sie dann doch geschockt. Wie Thorne fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie von einem Mann ausgeführt worden waren, der unter einer schrecklichen Persönlichkeitsveränderung litt, und auch, dass sie für ihn absolut wesensfremd waren.
Sie hatte ihre Zeit am Telefon und am Laptop verbracht und Kontakt mit alten Kollegen aufgenommen, von denen viele tief in diese Ermittlung involviert waren. Sie hatte sie gelöchert und um Gefallen gebeten und bereitwillig geantwortet, wenn man sie fragte, was sie denn so getrieben habe, seit man zum letzten Mal voneinander gehört hatte.
»Ach, immer ein wenig mitgemischt«, war die Standardantwort.
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war Raymond Garvey seit siebzehn Jahren mit seiner Sandkastenliebe verheiratet gewesen. Nach der voraussehbaren Pressehatz und zu vielen Hundehäufchen vor der Tür war Jenny Garvey aus London weggezogen und abgetaucht, um darauf zu warten, dass der Mann, den sie zu kennen glaubte, ins Gefängnis wanderte und dass ihre Scheidung durchkam. Chamberlain hatte sie in ihrer Wohnung in Southampton aufgespürt. Die Frau hatte am Telefon verständlicherweise zögerlich geklungen, war aber etwas aufgetaut, als Chamberlain ihr versicherte, nicht in zu vielen alten Wunden zu bohren.
Sie wollte mit dem ersten Zug morgen früh an die Südküste
fahren und schauen, was bei dem Schwätzchen mit der Exfrau rauskam. Natürlich wusste sie, dass Anthony Garvey nicht Jennys Kind war, aber da sie sonst so gut wie nichts hatte, blieb ihr nicht viel anderes übrig, als mit ihr zu reden und zu sehen, wie weit sie damit kam. Ob Jack mit der vergeblichen Liebesmüh vielleicht doch nicht ganz recht hatte.
In ein paar Stunden würde er wieder anrufen. Sie telefonierten dreimal am Tag miteinander, manchmal öfter. Häufig fragte er sie, ob sie länger brauchte im Supermarkt, aber das nahm sie ihm nicht übel.
Danach war es mehr oder weniger immer dasselbe Gespräch.
Gestern Abend hatte sie ihn gefragt, wie er zurechtkäme, woraufhin er geantwortet hatte, er versuche, das Beste daraus zu machen, obwohl die Hüfte ihm
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