Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
für diesen Mann stieg in ihm auf. Auf dem Weg hierher hatte er beunruhigenderweise kein Wörtchen herausgelassen, und Thorne hätte nicht sagen können, für welche Seite er sich entscheidet.
»Ließe sich das schnell machen?«, fragte Johns.
Brigstocke nickte. »Die Fotos von Fowler und Walsh sind längst nicht mehr aktuell, aber die besten, die wir haben. Ein altes Führerscheinfoto von Walsh und das neueste Foto von Fowler, das sein Vater finden konnte. Von Andrew Dowd sollte uns seine Frau ein paar gute Aufnahmen geben können, wenn wir das Okay bekommen.«
»Falls sie sie nicht alle zerschnipselt hat«, sagte Jesmond. »Nach allem, was man hört, ist sie ein ziemliches Miststück.«
Johns sah zu Paula Hughes. Sie hatte braune Locken und zeigte für Thornes Geschmack zu viele Zähne, wenn sie lächelte.
»Wir können sie bis morgen in sämtlichen überregionalen Tageszeitungen bringen«, sagte sie. »Und in den Sechsuhrnachrichten heute Abend, wenn wir schnell sind.«
Johns nickte und machte sich ein, zwei Notizen.
»Wir haben noch immer … ein Problem damit«, sagte Jesmond, »dass Garvey dadurch merken könnte, dass wir ihm auf den Fersen sind.«
Thornes Seufzer war unüberhörbar. Köpfe drehten sich zu ihm um. »Ich denke, das hat er schon gemerkt«, sagte er. »Ich denke, das ist ihm recht. Was hätte er sonst für einen Grund, die MRT-Schnipsel zurückzulassen?«
Jesmonds Augen funkelten. »Es ist außerordentlich gefährlich, über einen Mann wie Anthony Garvey irgendwelche Mutmaßungen anzustellen. Wir haben es hier nicht gerade mit einer rationalen Denkweise zu tun.«
»Umso mehr Grund, keine Risiken einzugehen.«
»Ich stimme absolut zu. Also warum Fotos von Leuten rausgeben, die er umbringen möchte?«
»Damit wir sie finden.« Du Volltrottel. Die Worte dröhnten in Thornes Schädel, sodass er kurz Angst hatte, er könnte sie laut ausgesprochen haben. Er fing den Blick der Polizistin auf, die das Protokoll führte. Augenscheinlich war es nicht nötig gewesen, die Worte laut auszusprechen.
»Zumindest müssen wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass wir ihm in die Hände arbeiten.«
»Ich denke, er weiß, hinter wem er her ist.« Thorne bemühte sich, möglichst nicht sarkastisch zu klingen. »Und wenn wir jetzt nicht alles tun, was in unserer Macht steht, findet er sie womöglich vor uns.«
»Warum sollte er das?«
»Er sucht schon verdammt viel länger als wir.« Thorne vergewisserte sich, dass er Johns’ Aufmerksamkeit hatte. »Und wenn wir diese Fotos nicht einsetzen, sieht es allmählich so aus, als suche er auch verdammt intensiver.«
Jesmond errötete und klopfte mit seinem Stift gegen die Tischkante. Es tat Thorne gut zu sehen, dass die rotblonden Haare ein klein wenig schütterer waren als das letzte Mal, als er ihn gesehen hatte, und die Anzahl der Äderchen in seinem Gesicht zugenommen hatte.
»Es tut mir leid«, sagte Thorne, »aber ich verstehe wirklich nicht, warum Sie sich Sorgen machen.«
»Und was ist, wenn wir diese Fotos an die Presse geben und Garvey einen der Betreffenden tötet?«
»Was ist, wenn wir es nicht tun und er trotzdem jemanden tötet?«
»Logischerweise versuchen wir beide Szenarien zu vermeiden. Aber wir müssen überlegen, welches das am wenigsten … problematische ist.«
»Problematisch?« Thorne starrte Jesmond an, und dabei fiel ihm ein Artikel über eine amerikanische Autofirma ein, die bei einem ihrer Modelle einen gefährlichen Defekt entdeckt hatte. Nachdem das Management alle Optionen abgewogen hatte, beschloss es, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Man hatte berechnet, dass eine Rückrufaktion teurer käme als die Entschädigungszahlungen an die Verletzten und Hinterbliebenen.
Problematischer …
»Darüber müssen wir reden«, sagte Johns. »Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, wir hätten nicht alles Menschenmögliche unternommen, falls diese Info an die Öffentlichkeit gelangt.«
»Was sie wird«, sagte Thorne.
Jesmond schüttelte den Kopf. »Solange wir die Verbindung zwischen den Opfern nicht an die große Glocke hängen, läuft jede Kritik ins Leere.«
»Die Zeitungen werden davon erfahren«, warf Thorne ein. »Es laufen zu viele Quatscher und zu viele Journalisten herum, die mit dem Scheckbuch winken. Und die ganze Geschichte kommt spätestens dann heraus, wenn Maier sein nächstes Buch veröffentlicht.«
Thorne bildete sich ein, in Jesmonds Augen Besorgnis aufflackern zu sehen, aber nur kurz. Jesmond war
Weitere Kostenlose Bücher