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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Reaktion. »Hören Sie, ich wollte nur …«
    Ruston wandte sich um, als Schritte auf der Treppe zu hören waren, und ließ die Tür nicht aus den Augen, bis ein Mann hereinkam. Er war um die vierzig, vielleicht zehn Jahre
älter als Ruston selbst. Groß, ein bisschen zu schwer. Sie stellte ihn als Patrick vor. Ehemann oder Freund? Helen wusste es nicht, so detailliert waren die Angaben im Notizbuch des Kollegen nicht gewesen. Sie wusste, dass Ruston in der Canary Wharf arbeitete, bei einer der großen Übersee-Banken.
    Die Frage, was man dort verdiente, erübrigte sich.
    Patrick kam herüber und gab ihr die Hand. Er war wie seine Partnerin lässig sonntäglich gekleidet – Designerjeans und ein T-Shirt. Ruston allerdings trug eine dünne schwarze Weste über ihrem T-Shirt. Nachdem Deering sie an ihrer Wohnung abgeliefert hatte, hatte Helen sich umgezogen. Nun trug sie das weiteste Sommerkleid, das sie hatte finden können. Dabei hätte sie nicht sagen können, warum sie sich die Mühe machte, sich extra fein anzuziehen. Sie fühlte sich wie das aufgetakelte fette Mädchen, das zu früh zur schicken Sommerparty gekommen war.
    »Helen ist Polizeibeamtin«, sagte Ruston.
    Patricks Lächeln ging in ein Seufzen über. »Gott, haben wir das nicht schon alles durch?« Er deutete mit einem Nicken auf Ruston. »Sie hat mindestens zehn- oder zwanzigmal ausgesagt. Wäre nett, wenn sie zwischendurch Zeit für sich hätte, um … darüber hinwegzukommen, verstehen Sie?«
    Helen starrte auf den Boden. Patrick trug China-Slipper, und ihr fiel auf, wie behaart sein Spann war.
    »Der Polizist, der an der Bushaltestelle gestorben ist, war ihr Mann.«
    Helen sah auf, korrigierte sie aber nicht. Sie sah, wie sich der Ausdruck auf Patricks Gesicht erneut änderte. Sah, wie die Räder in seinem Kopf arbeiteten und er gegen den Drang ankämpfte, die auf der Hand liegende Frage zu stellen: Warum sind Sie hier?
    Helen war ihm für seine Zurückhaltung dankbar, für seine Unbeholfenheit. Beinahe so dankbar, wie er Ruston war,
als sie ihn fragte, ob er nicht Lust hätte, Kaffee zu kochen. Er nahm die Bestellung entgegen – einen Kaffee, einen Tee -, und weg war er. Wobei er die Tür laut genug hinter sich zuzog, um Ruston leicht zusammenzucken zu lassen.
    »Wie ich sagte, ich hätte anrufen sollen.«
    »Ist schon okay«, widersprach Ruston. »Ich versteh das.«
    Helen nickte, das war nett von ihr. Sarah Ruston klang überhaupt so, als verstünde sie beinahe alles. »Wann fangen Sie wieder an zu arbeiten?«
    »Wohl Ende nächster Woche.«
    »Das ist gut.«
    »Ich bleib ein paar Tage länger zu Hause. Das Schlüsselbein ist so weit in Ordnung, aber ich möchte nicht, dass die Leute glauben, es sei schon Halloween.«
    »Sie sehen gut aus.«
    »Ja, nun.«
    Helen sah Ruston dabei zu, wie sie sich mit den Fingern durch die schulterlangen Haare fuhr. Vermutlich ließ sie sich die Haare alle drei, vier Wochen färben, aber jetzt war der Haaransatz zu erkennen. Helen konnte ihr schwer Nachlässigkeit vorwerfen, nach dem, was sie durchgemacht hatte. Dann sah sie das angedeutete Lächeln, das ihr verriet, dass diese Frau andere Komplimente gewohnt war.
    »Und Sie?«
    »Mir ging es schon besser.«
    »Wann soll das Baby kommen?«
    »Offiziell in ein paar Wochen, aber so was kann man nie genau sagen. Haben Sie Kinder?«
    »Patrick hat welche. Aus einer früheren Beziehung …«
    »Na ja«, Helen errötete, als sie ihren Bauch tätschelte. »Er könnte jetzt praktisch jeden Tag auf der Bildfläche erscheinen.«
    »Sie wissen, dass es ein Junge ist?«

    »Das ist eher ein Gefühl.«
    »Wie aufregend.«
    »Mir macht es eher Angst. Jetzt noch mehr, verstehen Sie …« Sie drehte sich weg und starrte auf das Bild über dem Kamin. Weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte, fragte sie, woher es stammte, und Ruston erklärte ihr, sie und Patrick hätten es aus einem Thailand-Urlaub mitgebracht. »Da wollte ich immer mal hin«, sagte Helen. »Einmal wär ich fast mit einem Exfreund hingeflogen, aber …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende, als ihr bewusst wurde, was sie da gesagt hatte.
    Wie lange dauerte es, bis aus einem »toten Freund« ein »Exfreund« wurde?
    »Möchten Sie über den Unfall reden?« Ruston beugte sich zu ihr, wobei sie sich mit ihrem gesunden Arm auf dem Sofa abstützte. »Ich hab damit kein Problem. Ich habe viel darüber gesprochen.« Bevor Helen antworten konnte, ging die Tür auf, und Patrick kam mit den Getränken herein. Er verteilte

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