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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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prompt ausraubten. Sie wussten ja, der Besitzer war nicht zu Hause, und er war außerdem damit beschäftigt, den Autodiebstahl zu verkraften.
    So ein Navi war natürlich für Edleres gedacht, wobei das, was sie vorhatte, nicht unbedingt edel war.
    Im Südwesten und im Zentrum Londons kannte Paul sich aus, er hatte das Navi daher nur benutzt, wenn er nördlich der Themse war oder in eine andere Stadt fahren musste. Helen wusste, dass die »Letzten Ziele« nach dem Datum aufgelistet waren, an dem sie einprogrammiert worden waren. Sie hoffte daher, dass sie nicht zu viele Daten durcharbeiten musste. Bei ein paar erkannte sie auf den ersten Blick, dass sie
nicht infrage kamen. Dann fiel ihr ein, was Gary Kelly über Frank Linnell und dessen Gebiet erzählt hatte, und sie sah sich die Adressen im Südosten näher an.
    Die ersten zwei waren Zeitverschwendung: Linnell hatte sein Quartier garantiert nicht in der Polizeiwache in Catford aufgeschlagen, und das Reihenhaus in Brockley stellte sich als das Zuhause eines Rentnerpaares heraus, dessen Tochter Zeugin in einem Mordfall war, in dem Paul vor ein paar Monaten ermittelt hatte.
    Die alte Frau erinnerte sich an ihn. »Netter Mann«, sagte sie. »Und so höflich.«
    Helen war früh aufgebrochen, und kurz nach halb elf bog sie in eine Seitenstraße am Charlton Park ein und hielt an einem Pub etwa einen guten Kilometer südlich der Themse. Davor parkte ein schwarzer Range Rover neben einem Schuttcontainer, und ihr fiel wieder ein, dass Kelly erwähnt hatte, Linnell sei im Baugewerbe tätig.
    Schon wieder Glück gehabt.
    Als sie auf das Pub zuging, kam ihr ein Mann in einem mit Farbklecksen übersäten Overall entgegen und leerte den Inhalt eines Eimers in den Container.
    »Ist der Chef drin?«, fragte Helen. Den Dienstausweis ließ sie stecken. Der Mann knurrte etwas – was genauso gut »ja« wie »nein« heißen konnte – und ging hinein.
    Sie suchte sich ein schattiges Plätzchen und wartete.
    Fünf Minuten später ging die Tür wieder auf, und ein kräftig gebauter Schwarzer tauchte auf. Er musterte sie von oben bis unten und fragte sie dann, ob sie etwas zu trinken möchte. Helen war verblüfft, was sie jedoch zu überspielen versuchte. »Ein Glas Wasser wäre nett«, sagte sie. Der Schwarze hielt ihr die Tür auf.
    Er führte sie durch das Pub, wo ein halbes Dutzend Männer die Wände strichen, hämmerten und bohrten. Sie hörte,
wie zwei sich in einer osteuropäischen Sprache unterhielten. Polnisch, vermutete sie. Es arbeiteten so viele Polen als Klempner und Bauarbeiter in Großbritannien, dass die Regierung vor kurzem offiziell angefragt hatte, ob man nicht ein paar zurückschicken könnte.
    Frank Linnell saß im Garten. Er stand auf, als sie in den Innenhof trat, und sagte: »Helen, richtig?«
    Er war in den Fünfzigern, sah aber noch fit aus in der kurzen blauen Sporthose und dem weißen Polohemd. Seine mit irgendwas nach hinten gekämmten Haare kringelten sich im Nacken und waren noch nicht nennenswert ergraut. Das Gesicht war … weicher, als Helen erwartet hatte.
    Sie nahm ihm gegenüber am Lattentisch Platz und bedankte sich, als der schwarze Riese ihr etwas zu trinken brachte.
    »Rufen Sie einfach, wenn Sie noch ein Glas möchten«, sagte er.
    »Nett hier draußen, ja?«, sagte Linnell. »In ein, zwei Tagen ist das richtig klasse hier. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich bin mir nicht sicher, ob ich das Pub verkaufen will.«
    Zwischen ihrem Sitzplatz und einem neuen, etwa zehn Meter entfernten Zaun war frischer Rasen ausgelegt, und an einer Seite des Innenhofes standen reihenweise Hängekörbe mit Blumen und noch in Folie gewickelte Blumentöpfe.
    »Ein paar Schaukeln oder eine Rutsche da drüben auf dem Rasen, das wäre doch super.«
    Helen trank einen großen Schluck und holte tief Luft. Sie sah hinüber zu dem Mann, der, wenn auch nur ein Bruchteil von dem, was sie gehört hatte, wahr war, auf der Wunschliste beinahe aller Polizeichefs der Stadt stand und der mit ihr sprach, als würden sie sich seit Jahren kennen.
    »Kann nicht mehr lange dauern.« Er deutete auf Helens Bauch. »Schaut fertig aus.«
    »Machen Sie bloß keine lauten Geräusche«, sagte sie.

    »Wollen Sie danach gleich wieder arbeiten? Oder …«
    »Nicht gleich.«
    »Das ist das Beste für das Kleine, wenn Sie mich fragen.«
    »Wir werden sehen.«
    »Und heute?« Linnell nippte an seinem Drink. Sah wie Coca-Cola aus, aber man konnte nie wissen, ob nicht noch was anderes drin war.

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