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Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten

Titel: Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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»Arbeiten Sie heute?«
    »Ich bin gekommen, um über Paul zu sprechen«, sagte Helen.
    Linnell grinste. »Das gefällt mir.«
    Zum zweiten Mal in zwei Minuten hatte er sie überrascht. Darin hatten Linnell und die Leute, die für ihn arbeiteten, wohl viel Übung. Sie zwang sich, sich zu entspannen und zu konzentrieren. Das Baby trat sie wie verrückt, und sie setzte sich anders hin, um es sich bequemer zu machen. Sie strich sich mit der Hand über den Bauch. »Wie haben Sie Paul kennengelernt?«, fragte sie.
    »Wir lernten uns vor sechs Jahren kennen«, sagte Linnell. Er spielte mit der Goldkette an seinem Hals, ließ die Glieder zwischen seinen Fingern hin und her wandern. »Er gehörte zu einem Team, das in einem Fall aus meinem Umfeld ermittelte. Jemand aus meinem Umfeld war ermordet worden. Danach … eigentlich die ganze Zeit, war Paul phantastisch. Ein oder zwei seiner Kollegen waren nicht ganz so … einfühlsam, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wenn man einen gewissen Ruf hat, können die Menschen einen nur so und nicht anders sehen. Paul hat mich immer so behandelt, wie er jedes andere Opfer auch behandelt hätte.«
    »Und danach?«
    »Wir blieben in Kontakt.«
    »Das ist alles?«
    »Ich nehme an, wir wurden Freunde.« Er zuckte die Schultern, als sei das alles sehr einfach. »Wir waren Freunde .«

    »Haben Sie ihn oft gesehen?«
    »Alle ein, zwei Monate. Wir hatten beide viel um die Ohren. Sie wissen das ja …«
    »Sie aßen zusammen, gingen miteinander ins Kino, oder wie?«
    »Wir aßen zusammen, unterhielten uns über dies und das, gingen ins Pub. Ich nahm ihn mal mit ins Oval zu einem Kricketspiel.« Er lachte. »Was waren wir fertig.«
    Helen nickte, als wäre nichts Ungewöhnliches an dem, was Linnell ihr da erzählte, doch in ihr tobte es, und das kam nicht davon, dass das Baby mit ihren Nieren Fußball spielte. Sie musste Druck aufbauen, die härteren Fragen stellen, die sie gestern Abend geübt hatte. Sie sah den entspannten Ausdruck in Linnells Gesicht, als er über Paul sprach, und fragte sich, ob es tatsächlich nicht mehr war als die Freundschaft, die ihm so viel zu bedeuten schien. Ihr schoss durch den Kopf, dass er womöglich schwul und in Paul verliebt war. Sie senkte den Blick, er trug keinen Ehering.
    Vielleicht hatte Paul gewusst, dass Linnell etwas für ihn übrighatte, und hatte das ausgenutzt.
    »Möchten Sie etwas essen?«, fragte Linnell.
    Helen schüttelte leicht den Kopf. »Haben Sie sich auch über die Arbeit unterhalten?« So wie Linnell sie ansah, war klar, er verstand, was sie meinte. Seine Arbeit, wenn man das so nennen konnte, und die Pauls.
    »Die ersten paar Male, denk ich, einfach, um ins Gespräch zu kommen. Später nicht mehr. Es war eine Art ungeschriebenes Gesetz. Wir wollten nicht, dass uns das in die Quere kommt.«
    Helen entging nicht, dass er noch immer mit seiner Goldkette spielte. In die Quere von was kommt?, fragte Helen sich. »Er hat Sie also nie nach Ihren Geschäftspartnern gefragt? Oder danach, was Sie machen?«

    »Wie gesagt, das wäre uns in die Quere gekommen und schwierig geworden.« Er schwenkte den schmelzenden Eiswürfel in seinem Glas. »Reden Ihre Freunde immer über Kindesmissbrauch?«
    Wieder hatte er sie überrascht. Linnell machte klar, dass er jede Menge über sie wusste und auch über das, was sie tat. Gut möglich, dass er sich umgehört hatte. Sie hatte nicht die geringsten Zweifel, dass er andere Polizeibeamte kannte, die sich nur zu gern für ihn umhörten. Oder er hatte es bei einer ihrer gemütlichen Plauderstunden von Paul erfahren. Vielleicht, als sie bei diesem Kricketspiel waren.
    Wie auch immer, die Bemerkung weckte in Helen den Wunsch nach einer langen, heißen Dusche. »Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«, fragte sie.
    Er dachte darüber nach. »Etwa vor zwei Wochen. Er kam übrigens hierher.«
    »Ich weiß«, sagte Helen. Er sollte ruhig wissen, dass auch sie über einiges Bescheid wusste.
    »Er hatte was zum Essen mitgebracht.« Bei der Erinnerung daran huschte kurz ein Lächeln über Linnells Gesicht. »Ich wünschte, wir hätten uns in besserem Einvernehmen getrennt, um die Wahrheit zu sagen.«
    »Was?«
    Er schien sich nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen. Nun wickelte er das Kettchen um einen Finger, doch dann zuckte er die Schultern, als sei er zu dem Schluss gekommen, er könne es ihr ruhig sagen, da sie ohnehin nicht sonderlich überrascht darüber wäre. »Vorhin sagte ich, wir hätten nicht über die

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