Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
Architekturbüro in Clerkenwell, und sie unterrichtete am örtlichen Privatgymnasium. Ihr freistehendes Haus befand sich gegenüber der Cobham Mill, und beide fuhren Volvo. Sie hatten einen neunjährigen Sohn, der für die Grafschaft Rugby spielte, besaßen einen Flat-Coated Retriever und waren zehn Jahre lang die Pflegeeltern von Ellie Langford gewesen, bis diese vor sechs Monaten plötzlich verschwunden war.
Maggie Munro führte Thorne und Anna in ein großes Wohnzimmer. Sie bot ihnen Tee an, doch Thorne sagte, sie wollten nicht zu viel von ihrer Zeit in Anspruch nehmen.
Irgendwo im Haus bellte der Hund.
»Ich war vermutlich ein bisschen … hysterisch , als Sie anriefen«, sagte Maggie. Ihr starres Lächeln und die Art und Weise, wie sich ihre Hände in ihrem Schoß bewegten, verrieten Thorne, dass sie noch immer alles andere als ruhig war. »Aber als Sie sagten, wer Sie sind, dachte ich, Sie hätten sie vielleicht gefunden.«
»Tut mir leid, wenn wir uns missverstanden haben«, sagte Thorne.
Julian Munro kam herein, und Anna und Thorne standen auf, um ihm die Hand zu schütteln, bevor sich alle wieder setzten. Alles wirkte ziemlich formell, obwohl Thorne und Anna aufgefordert worden waren, sich wie zu Hause zu fühlen, und die Munros legere Wochenendbekleidung trugen: er Jeans und ein Rugby-Trikot, sie einen taubenblauen Trainingsanzug.
»Ich muss zugeben, dass ich gedacht habe, Sie wären älter«, sagte Thorne. Es hatte ihn tatsächlich überrascht, dass die Munros erst Ende dreißig waren, da er sich in den Kopf gesetzt hatte, Pflegekinder seien ausschließlich etwas für Damen jenseits der fünfzig, deren eigene Kinder aus dem Nest geflüchtet waren.
»Wir hatten eine ganze Weile versucht, ein Baby zu bekommen«, sagte Julian, »aber aus dem einen oder anderen Grund hat es einfach nicht funktioniert. Deshalb zogen wir eine Adoption in Erwägung, was sich dann jedoch als unglaublich langwieriger und schleppender Prozess entpuppt hat.«
Seine Frau hatte zustimmend genickt und fuhr jetzt mit der Geschichte fort: »Also beschlossen wir, es mit einem Pflegekind zu versuchen, um herauszufinden, ob wir dafür geschaffen sind, das Kind von jemand anderem großzuziehen. So kam Ellie zu uns.« Sie lächelte. »Wie der Zufall es wollte, war ich ein paar Monate später plötzlich in anderen Umständen.«
Jetzt war Thorne an der Reihe zu lächeln. »In anderen Umständen« war eine Formulierung, die nur in gehobenen Kreisen verwendet wurde. Trotzdem glaubte er, bei beiden die Spur eines nördlichen Dialekts herausgehört zu haben, und hatte sich aus keinem besonders guten Grund schnell das Bild von einem Paar gemacht, dem nichts in den Schoß gefallen war. Das hart für alles gearbeitet hatte, was es besaß.
»Ellie war begeistert, einen kleinen Bruder zu bekommen«, sagte Maggie. »Und als Samuel dann auf die Welt kam, waren wir eine richtige Familie.«
»Er ist gerade beim Training«, sagte Julian, um die Abwesenheit ihres Sohnes zu erklären. »Wie jeden Samstagvormittag.«
Anna zog die Schultern hoch und fröstelte theatralisch. Auf der Fahrt war im Radio von Schnee die Rede gewesen. »Der Arme friert bestimmt«, sagte sie.
Julian schüttelte den Kopf. »Er ist ein ziemlich zäher Bursche.«
Die beiden saßen ein Stück voneinander entfernt auf einem großen Sofa, während Anna und Thorne ihnen gegenüber auf passenden Sesseln Platz genommen hatten. Zwischen ihnen stand ein niedriger Tisch, auf dem Hochglanzmagazine verstreut lagen.
Maggie beugte sich vor und räusperte sich, als wollte sie eine vorbereitete Rede halten. »Tatsache ist, wir freuen uns sehr, dass Sie gekommen sind«, sagte sie. »Bislang hat niemand Ellies Verschwinden wirklich ernst genommen. Sie ist achtzehn, also ist sie von Rechts wegen für sich selbst verantwortlich, und uns wurde immer wieder gesagt, dass sie bestimmt mit irgendeinem Freund durchgebrannt ist. Dass sie sicher wiederauftaucht, sobald es ihr langweilig wird oder ihr das Geld ausgeht. Das war unglaublich frustrierend.«
»Hatte sie einen?«, fragte Anna, »einen Freund?«
Maggie schüttelte den Kopf. »Wir wussten von niemandem. Jedenfalls von niemand Besonderem.«
»Die Polizei hat sich recht regelmäßig bei uns gemeldet«, sagte Julian. »Zumindest am Anfang. Aber nur, um uns zu sagen, dass es nichts zu sagen gibt, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Er biss die Zähne zusammen und atmete geräuschvoll durch die Nase aus. »Es saßen immer irgendwelche
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