Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
zweite Morduntersuchung war eingeleitet worden.
Kurz vor 23:30 Uhr, auf der Fahrt von seinem Haus auf der anderen Seite von Wakefield zum Tatort, rief Andy Boyle Tom Thorne an.
Zwanzigstes Kapitel
»Es gibt so viel zu tun«, sagte sie. »Zu organisieren und so weiter. Ich hatte noch keine Gelegenheit, einkaufen zu gehen oder irgendwas zu kochen, und das Haus ist ein einziger Saustall. Ich wünschte, Sie hätten mich wenigstens Tee kochen lassen. Ich bräuchte nur schnell ans Ende der Straße zu sausen und Kuchen zu kaufen …«
Pat Cook hielt inne und verstummte, als erinnerte sie sich plötzlich an irgendetwas, dann drehte sie den Kopf, um die Frau zu betrachten, die neben ihr auf dem Sofa saß. Sie wirkte überrascht, die Polizistin vom örtlichen Revier zu sehen – die abkommandiert worden war, um über Nacht bei ihr zu bleiben, und ihr seitdem nicht von der Seite gewichen war –, und schüttelte den Kopf. Einen Moment lang schien sie zu überlegen, was die Frau und zwei weitere Polizisten in ihrem Wohnzimmer zu suchen hatten.
Zumindest einer dieser Polizisten war sich selbst nicht ganz sicher.
»Wir sind wunschlos glücklich«, sagte Thorne. »Wirklich.«
Es war Montagmittag, doch die Vorhänge an den großen Fenstern waren zugezogen, und das einzige Licht kämpfte sich hinter dem gefransten braunen Schirm einer Stehlampe hervor. Pat Cook trug einen gefütterten blauen Hausmantel und hielt etwas umklammert, das aussah wie das Oberteil eines Herren-Pyjamas. Sie sprach langsam, jeder Gedanke eine Anstrengung, wie jemand, der noch nicht ganz aufgewacht war.
»Haben Sie zufällig einen Blick auf den Wagen werfen können?«, fragte Andy Boyle, der in der Nähe der Tür stand. Als er und Thorne Jeremy Grover befragt hatten, hatte er eine ähnliche Position eingenommen. Thorne fragte sich, ob er das bewusst tat, ob es sich dabei um eine Art Machtspiel handelte. »Die Marke oder die Farbe?«
»Es war dunkel«, sagte Pat Cook. »Und es ging alles so schnell.«
»Nicht mal, als er davonfuhr? Haben Sie vielleicht das Kennzeichen gesehen?«
»Ich habe nicht auf das Auto geschaut, ich habe auf Howard geschaut. Er schien sich zu drehen und zu drehen. Als er dann endlich aufhörte, sah ich die Autotür neben ihm im Gras liegen.« Sie sah die Polizistin an. »Die Tür hat es ganz vom Wagen weggerissen, wussten Sie das?« Die Polizistin nickte, bestätigte wortlos, dass sie informiert war. »Sie lag völlig verbogen da, und ich dachte, dass es ein Haufen Arbeit sein würde, sie wieder ans Auto zu montieren. Lächerlich, wenn ich es mir jetzt überlege. Finden Sie nicht, dass das lächerlich ist?«
»Es ist nicht lächerlich«, sagte Thorne.
Er wusste aus Erfahrung, dass einem in Extremsituationen die seltsamsten Gedanken durch den Kopf schossen, und erinnerte sich an eine Frau, die mit einem Tranchiermesser auf ihren Mann losgegangen war und immer wieder damit anfing, dass sie ein fürchterlich schlechtes Gewissen habe, weil sie sein Lieblingshemd ruiniert hatte. An einen Vater, dessen kleiner Sohn den Schüssen aus einem vorbeifahrenden Auto zum Opfer gefallen war und der davon besessen war, den Fußball zu finden, den sein Sohn bei sich gehabt hatte. »Das war sein bester Ball«, hatte der Mann immer wieder gesagt. »Er wäre traurig, wenn der Ball verloren ginge.«
»Haben Sie wenigstens gesehen, ob ein oder zwei Leute in dem Auto saßen?«, fragte Boyle.
Thorne krempelte so unauffällig wie möglich seine Hemdsärmel hoch und lockerte seine Krawatte. In dem Zimmer war es viel zu heiß, doch keiner der Besucher hatte den Mut, eine Bemerkung zu machen.
»Ich habe gar nichts gesehen.«
Thorne ertappte sich dabei, dass er sich fragte, ob Cook für das Herunterdrehen der Heizung verantwortlich gewesen war; ob er derjenige gewesen war, der sich beklagt hatte, dass es zu stickig sei, und durchs Haus marschiert war, um den Thermostat einzustellen und Fenster aufzureißen. Einem Ehepaar, das sich bei solchen Dingen einig war, musste Thorne erst noch begegnen.
Boyle stellte noch ein paar weitere Fragen zu dem Zwischenfall, doch Thorne wusste, dass diese rein akademischer Natur waren. Das Auto war fast sicher gestohlen gewesen, und wenn es letztendlich auftauchte, würden sie von Glück reden können, wenn es ihnen überhaupt etwas auch nur annähernd Brauchbares lieferte. Selbst wenn sie das unerhörte Glück haben sollten, den Fahrer des Wagens zu schnappen, würde es ihnen in Anbetracht des bisherigen Verlaufs
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