Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
der Ermittlungen vermutlich nicht gelingen, denjenigen ausfindig zu machen, der ihn für den Mord an Howard Cook bezahlt hatte. Thorne war sich natürlich darüber im Klaren, wer letztendlich verantwortlich war, und er wusste aus verlässlicher Quelle, dass es sich dabei um einen Mann handelte, der sämtliche Eventualitäten berücksichtigte. Dazu zählten mit Sicherheit auch die Verhaftung und das Verhören der Leute, die er anheuerte.
»Es hat was mit seinem Job zu tun, nicht wahr?«, fragte Pat plötzlich. »Mit dem Geld.«
Boyle entfernte sich einen halben Schritt von der Tür. »Was ist damit?«
»Als ich ihn danach gefragt habe, und das war schon letztes Jahr, hat er gesagt, er würde einen Haufen Überstunden machen.« Sie schüttelte den Kopf über das, was sie augenscheinlich für eine vollkommen harmlose Lüge hielt. »Aber ich wusste über sein Kommen und Gehen genau Bescheid, weil ich immer für ihn gekocht habe, immer eine warme Mahlzeit für ihn fertig hatte, wissen Sie? Ich kannte seine Arbeitszeiten besser als er selbst, und er machte keine Überstunden.«
»Was war es dann Ihrer Meinung nach?«, erkundigte sich Thorne.
»Ich wusste, es … waren keine Überstunden.«
Thorne nickte. »Und woran ist es Ihnen aufgefallen?«
»Eigentlich an ein paar Kleinigkeiten. Er hat mir eines von diesen Muskelstimulationsgeräten gegen meine Arthritis gekauft und ein orthopädisches Bett, so eines, das rauf- und runterfährt. Und die sind nicht billig. Ich habe mich erkundigt. Als bei unserem Wagen die Inspektion fällig war, gab es nicht das übliche Gejammer, wissen Sie? Diese Werkstätten ziehen einem das letzte Hemd aus, nicht wahr? Die sind doch alle korrupt.«
Thorne und Boyle wechselten einen Blick. Da kein Zweifel daran bestand, dass sie den Tod ihres Mannes noch nicht ganz begriffen hatte, war sie sich der Ironie mit Sicherheit nicht bewusst.
»Dann haben Sie das Ganze also einfach akzeptiert? Sie haben nichts gesagt?«
»Um ehrlich zu sein, ich habe es so gut wie vergessen. Um finanzielle Angelegenheiten hat sich immer Howard gekümmert. Er wollte nicht, dass ich mir Sorgen mache.«
Darauf möchte ich wetten, dachte Thorne.
»Die Rechnungen wurden bezahlt, wir machten Urlaub. Alles lief normal weiter, wissen Sie?«
»Haben Sie ihn irgendwann einmal mit jemandem gesehen, der Ihnen verdächtig vorkam?«, fragte Boyle.
Pat Cook schien das ziemlich amüsant zu finden. »Er war Gefängnisaufseher, mein Lieber«, sagte sie. »Er hat acht Stunden am Tag mit einigen der verdächtigsten Burschen verbracht, die einem begegnen können.«
»Stimmt …«
Thorne fragte sich abermals, was Andy Boyle erwartete: Oh, ja, wenn ich es mir recht überlege, da war ein Mann … Er sah ziemlich zwielichtig aus und hat sich vergewissert, dass niemand zusieht, bevor er Howard einen großen braunen Umschlag zugesteckt hat, der prallvoll mit Geld war. Komisch, damals habe ich mir eigentlich gar nichts dabei gedacht …
»Und, was jetzt?«, fragte sie.
»Tja, wir werden tun, was wir können, um diejenigen, die für den Tod Ihres Mannes verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen …« Das war der Anfang einer kleinen Ansprache, die Thorne bereits viele Male gehalten hatte und von der er wusste, dass sie überzeugend klang, doch er hielt inne, als er sah, wie Pat Cook den Kopf schüttelte.
»Nein, mein Lieber, ich meine, wegen Howard.« Sie faltete die Hände im Schoß. »Werden Sie ihn jetzt endlich in Ruhe lassen?«
Anschließend fuhr Andy Boyle sie zuerst nach Wakefield und dann in ein Industriegebiet südlich der Stadt, wo sein Team in mehreren miteinander verbundenen Gebäuden untergebracht war. Räumlichkeiten der Polizei waren selten schön, doch diese waren besonders trostlos und ließen Becke House im Vergleich geradezu bezaubernd erscheinen. Thorne fragte sich, ob die Polizei einen Exklusivvertrag mit denselben Leuten hatte, die auch Schlachthöfe und mehrgeschossige Parkhäuser entwarfen. Mussten diese Gebäude denn wirklich so scheußlich sein? Er bestand nicht auf Strohdächer oder kunstvoll integrierte Wasserspiele, aber, großer Gott … war der Job an sich nicht schon schlimm genug?
Es war sicher nicht von Vorteil, wenn diejenigen, die ihn ausübten, bereits beim Betreten ihrer Arbeitsstätte deprimiert waren.
Als sie hineingingen, machte Thorne diesbezüglich eine Bemerkung, doch sein Kollege aus Yorkshire sagte, er habe sich darüber noch nie ernsthaft Gedanken gemacht und würde sich ohnehin
Weitere Kostenlose Bücher