Tom Thorne 10 - Tödlicher Verdacht
errötete.
Sie murmelte: »Tut mir leid, blöder Scherz« und reichte ihm eine Visitenkarte. »Ich bin Anna Carpenter, und …«
Thorne nahm die Karte entgegen, ohne einen Blick darauf zu werfen, und deutete auf die Sicherheitstür. »Gehen wir rauf in mein Büro.« Er zog seinen Ausweis durch das Kartenlesegerät und zeigte dem Polizisten am Empfang den Mittelfinger, der noch immer vor sich hinkicherte, als er Anna durch die Tür bugsierte.
Drittes Kapitel
Thorne starrte auf die Visitenkarte und das Foto vor ihm auf dem Schreibtisch. Er tippte mit dem Finger auf die verknitterte Karte. » F . A . Investigations«. Darunter der Name »Frank Anderson« und eine Adresse in Victoria. Sie sah aus wie eine von denjenigen, die man sich im Fünfzigerpack von Do-it-yourself-Maschinen an Bahnhöfen ausdrucken lassen konnte. Dünner Karton und ein Schrifttyp, der die Buchstaben aussehen ließ, als stammten sie aus einer kaputten Schreibmaschine. Ein kitschiges Bild von einem Schnüffler mit Lupe.
»Bekommen Sie keine eigene Visitenkarte?«, fragte Thorne.
Die Frau, die ihm gegenübersaß, fummelte an ihrem Daumennagel herum. »Mr Anderson sagt immer, er kümmert sich schon noch darum«, entgegnete sie. »Und er trifft sämtliche Verwaltungsentscheidungen. Ich glaube, momentan muss er sein Geld für wichtigere Dinge verwenden.«
Thorne nickte verständnisvoll. Wie zum Beispiel für Reparaturen an seinem Cavalier, dachte er.
»Das ist allerdings mein Fall.« Sie wartete, bis Thorne aufblickte und sie ansah. »Ich meine, Donna ist meine Klientin.«
Thorne konnte Anna Carpenters Entschlossenheit deutlich in ihrem Gesicht lesen und aus ihrer Stimme heraushören. Ihr Bedürfnis, Eindruck zu machen, sich selbst zu imponieren, auch wenn sie in ihrer Jeans und ihrer schwarzen Cordjacke nicht ganz glaubwürdig wirkte. Eher wie eine zu alt geratene Studentin, hätte Thornes Vater gesagt. Thorne schätzte sie auf Ende zwanzig. Sie hatte ein rundes, hübsches Gesicht. Wenn sie gerade nicht an ihren Fingernägeln herumfummelte, zog sie an einer Strähne langen, schmutzigblonden Haars und rutschte auf ihrem Stuhl hin und her, als habe sie Schwierigkeiten, länger als ein paar Sekunden am Stück still zu sitzen.
»Das habe ich nie infrage gestellt«, sagte Thorne. Er senkte abermals den Blick und widmete seine Aufmerksamkeit dem Foto. Es zeigte einen Mann, der mit zusammengekniffenen Augen in der Sonne saß, in die Kamera grinste und ein Glas Bier hochhielt. Er war schätzungsweise Mitte fünfzig, wobei die Haare auf seinem Kopf im Vergleich zu dem grauen Gewirr auf seiner schlaffen, nussbraunen Brust unnatürlich dunkel wirkten. Der Himmel war wolkenlos, im Hintergrund fiel die gezackte Kontur eines Berges schräg zu einem dunkelblauen Streifen Meer ab, und in der Ferne war ein kleines Segelboot zu erkennen. Möglicherweise saß er selbst auf einem Boot oder am Ende eines Piers. Vielleicht auch in einem Restaurant in Ufernähe.
»Griechenland? Spanien? Südfrankreich?« Thorne schüttelte den Kopf. »Florida vielleicht? Ich habe genauso wenig Ahnung wie Sie.«
»Birmingham ist es jedenfalls nicht«, erwiderte Anna. »Weiter bin ich allerdings auch nicht gekommen.«
Der Mann hatte die Augen fast ganz geschlossen, um sich gegen das grelle Licht zu schützen, doch sein Grinsen wirkte ungezwungen, mühelos. »Er macht einen glücklichen Eindruck.«
»Dazu hat er auch jeden Grund«, sagte Anna. »Eigentlich dachte ich, Sie würden ihn erkennen.«
Thorne sah ihn sich genauer an. In seiner Erinnerung regte sich etwas, aber nur ganz vage. »Wie heißt Ihre Klientin?«
Eine Pause, die Spur eines zufriedenen Lächelns. »Sie hat dieses Foto im Dezember zugeschickt bekommen.« Anna rutschte mit ihrem Stuhl nach vorn, bis sie dicht am Schreibtisch saß. »Zwei Monate vor ihrer Entlassung aus dem Gefängnis.«
»Was hat sie denn ausgefressen?«
»Verabredung zum Mord an ihrem Ehemann.«
»Wie lang?«
»Zwölf Jahre. Sie hat zehn abgesessen.«
» Langford? « Thorne starrte sie an. Der Groschen war gefallen, doch das Ganze ergab keinen Sinn. »Ihre Klientin ist Donna Langford?«
Anna nickte. »Sie benutzt jetzt ihren Mädchennamen, aber, ja, so hieß sie.«
»Jemand nimmt Sie auf den Arm, meine Liebe.«
»Das glaube ich nicht.«
»Sie wissen, was sie getan hat?« Thorne tippte mit dem Finger auf das Foto. »Warum dieser Mann unmöglich derjenige sein kann, für den sie ihn hält?«
»Sie hat mir einen Teil der Geschichte
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