Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur
unwahrscheinlich wäre –, warum sollte er sie dann sagen?«
»Um uns zu verarschen«, sagte Mendez. »Er weiß, dass wir nichts gegen ihn in der Hand haben.«
»Er hat zugegeben, uns angelogen zu haben, was seinen Aufenthaltsort in der Mordnacht angeht«, sagte Vince. »Aber er wollte mir nicht verraten, wo er stattdessen war. Dass er bei einer Frau war, ist klar, aber er wird den Namen erst preisgeben, wenn ihm nichts anderes übrig bleibt. Und davon kann noch längst nicht die Rede sein.«
»Nehmen wir mal an, er war bei Marissa«, sagte Mendez.
»Warum sollte er sie umbringen?«
»Sie hat gedroht, es Sara zu sagen.«
»Na und?«, fragte Vince. »Sara glaubt schon seit mehr als einem Jahr, dass er sie betrügt. Sie hat sich an Marissa herangemacht, weil sie nach einem Beweis dafür suchte. Das wusste er. Warum sollte er Marissa umbringen?«
»Er ist aufbrausend«, erwiderte Mendez, unverkennbar genervt. »Vielleicht ist er einfach ausgerastet. Vielleicht hat sie seine Mutter eine drogensüchtige Hure genannt.«
»Dafür kriegt man eins in die Fresse. Das wissen wir«, sagte Vince. »Morgan ist kein einfacher Mann. Darüber hinaus hat er im Laufe des letzten Jahres eine extreme charakterliche Veränderung durchgemacht. Das sollte einem immer zu denken geben. Aus irgendeinem Grund legt er in seinen Beziehungen ein selbstzerstörerisches Verhalten an den Tag.«
»Er hatte mit zwei Frauen ein Verhältnis, die beide ermordet wurden«, sagte Mendez. »Das heißt für mich, dass er entweder eine oder beide umgebracht hat oder dass er zumindest einen anderen nicht daran gehindert hat, sie zu ermorden. Ich an seiner Stelle würde mich jedenfalls verantwortlich fühlen.«
Mendez, der edle Ritter. Aber war Steve Morgan wirklich so anders?, fragte sich Vince. Im Grunde nicht, wenn er benachteiligten Frauen tatsächlich aus altruistischen Motiven geholfen hatte. Er rettete sie. Seine Frau war dabei leider durchs Raster gefallen, weil sie ihm nicht hilfsbedürftig genug erschien – und sie applaudierte ihm auch nicht für seine ehrenamtliche Tätigkeit. Sara war im Gegenteil eifersüchtig, dass er für andere so viel Zeit aufbrachte.
»Peter Crane war sein Freund«, sagte Vince. »Lisa Warwick war seine Geliebte. Vielleicht denkt er, er hätte den Mord an ihr verhindern müssen, aber er hat es nicht gekonnt.
Und jetzt ist Marissa auch tot. Nehmen wir mal an, sie war auch seine Geliebte, und er hat sie nicht umgebracht. Er agiert immer selbstzerstörerischer. Er geht auf einen Cop los. Er geht auf seine Frau los, versucht, ihr so viel Angst zu machen, dass sie abhaut, lässt sie glauben, dass er der Mörder ist. Um letztlich sich selbst zu bestrafen.«
»Ich glaube, wir dürfen ihn noch nicht ausschließen«, sagte Dixon.
»Nein«, stimmte Vince ihm zu. »Wir dürfen ihn nicht ausschließen. Nicht, solange wir nicht wissen, wo er in der Mordnacht war. Oder zu dem Zeitpunkt, als Gina Kemmer verschwand.«
»Ich weiß jedenfalls, wo er nicht war, als Gina Kemmer verschwand«, sagte Mendez. »In seinem Büro. Bill und ich hatten ihn gesucht. Seiner Frau hatte er erzählt, er würde bis spätabends arbeiten, aber er war nicht in der Kanzlei. Mir erzählte er später, er wäre bei einem Klienten in Malibu zum Abendessen gewesen. Das ist meiner Meinung nach frei erfunden. Er ist erst nach Mitternacht zu Hause aufgetaucht. Ich hatte auf ihn gewartet.«
»Was ist mit Bordain?«, fragte Dixon.
»Er erinnert sich angeblich nicht mehr genau, was er wann an dem fraglichen Tag gemacht hat«, erwiderte Hicks.
»Das heißt, er hat kein Alibi.«
»Ja, so könnte man es formulieren.«
»Mark Foster?«
»Am frühen Abend haben wir mit ihm gesprochen«, sagte Hicks. »Danach hatte er eine Probe. Für den Rest des Abends hat er kein Alibi.«
»Wann Gina Kemmer an diesem Nachmittag ihr Haus verließ, wissen wir in etwa«, sagte Mendez. »Aber wir wissen nicht, wann sie mit dem Täter zusammentraf. Es könnte gleich danach gewesen sein oder sehr viel später.«
»Von diesem ständigen Entweder-oder kriege ich langsam Kopfweh«, klagte Dixon. »Wir müssen endlich einen Schritt vorankommen. Haben wir die Fotos für das kleine Mädchen zusammen?«
»Bordain wollte sich nicht fotografieren lassen, Zahn ist unauffindbar, und Steve Morgan hat mir einen Vogel gezeigt«, sagte Hamilton. »Aber ich habe mir die Fotos für eine Gegenüberstellung anderweitig beschafft – aus dem Collegejahrbuch, aus den Lokalzeitungen, aus dem Oak
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