Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur
Sie sich Marissa Fordhams Telefonlisten angesehen?«
»Ihr letzter Anruf am Abend vor ihrem Tod galt Gina Kemmer«, sagte Hamilton. »Davor hat sie bei den Bordains angerufen, bei Mark Foster und bei der Frau, die die Acorn Gallery leitet. Nichts Auffälliges. Alles Leute, die sie kannte und mit denen sie privat zu tun hatte.«
»Und die Bankauskunft?«
»Es gibt eine regelmäßige monatliche Überweisung in Höhe von fünftausend Dollar von Milo Bordain.«
»Das sind sechzigtausend im Jahr!«, rief Campbell. »Scheiße! Ich fange sofort mit Fingermalerei an. Die Bordain sieht sich bestimmt schon nach einem neuen Künstler um, den sie unterstützen kann.«
»Dann tauchen noch ein paar Überweisungen von der Acorn Gallery auf. Sie hatte auf ihrem Sparbuch siebenundzwanzigtausend Dollar und dreitausendzweihunderteinundfünfzig auf dem Girokonto. Das Treuhandkonto für ihre Tochter beläuft sich auf über fünfzigtausend Dollar.«
»Das ist eine Menge Geld«, sagte Vince.
»Ihre Lebenshaltungskosten waren nicht besonders hoch«, sagte Dixon. »Das Haus, in dem sie wohnte, gehört den Bordains. Sie erhielt großzügige Zuwendungen.«
»Und wenn sie noch dazu aus einer reichen Familie stammte …«, begann Hicks.
»Bislang haben wir aus Rhode Island keine Informationen über eine Marissa Fordham«, sagte Hamilton. »Und aus Kalifornien habe ich auch nichts über sie aus der Zeit vor 1981.«
»Milo Bordain meinte, sie wäre möglicherweise vor einem gewalttätigen Ehemann oder Freund davongelaufen«, sagte Hicks. »Vielleicht hat sie ja ihren Namen geändert.«
Dixon seufzte und rieb sich mit der Hand über die Stirn. »Na prima. Ich werde den Pathologen anrufen. Wir brauchen ihre Fingerabdrücke.«
»Haley wurde im Mai 1982 geboren«, sagte Mendez. »Wenn Marissa vor September 1981 nach Kalifornien gezogen ist, ist sie nicht vor dem Vater des Kindes davongelaufen.«
»Wie geht es der Kleinen, Vince?«, fragte Dixon.
»Sie wird morgen aus dem Krankenhaus entlassen. Die Hirntätigkeit ist normal. Womöglich ist ihr Kehlkopf dauerhaft geschädigt, aber sprechen kann sie.«
»Was sagt sie?«
»Sie erinnert sich nicht«, sagte Vince. »Aber wir müssen Geduld haben. Vielleicht kommt ihre Erinnerung im Lauf der Zeit zurück – vielleicht aber auch nie.«
»Könnten wir sie nicht hypnotisieren oder unter Drogen setzen?«, fragte Campbell.
»Das würde ich lieber nicht versuchen«, sagte Vince. »Meine Frau würde sich mit Zähnen und Klauen auf jeden stürzen, der das versucht.«
»Und ihn anschließend genüsslich zum Frühstück verspeisen«, fügte Mendez hinzu.
Vince grinste stolz. »Ja, so ist sie.«
»Es wäre gut, wenn uns das Mädchen weiterhelfen könnte«, sagte Dixon.
»Wenn Haley etwas weiß, wird Anne es herauskriegen«, sagte Vince. »Aber sie wird deswegen bestimmt nicht die seelische Gesundheit des Mädchens aufs Spiel setzen. Damit hat sie auch völlig recht. Das heißt, wir sollten besser unseren Hintern in Bewegung setzen und den Mörder selbst suchen.«
Dixon sah auf seine Uhr und runzelte die Stirn. »Ich habe einen Pressetermin. Sie wollen, dass ich einen Kommentar zu der Belohnung von Milo Bordain abgebe.«
»Und wie lautet Ihr Kommentar, Chef?«, rief Campbell Dixon hinterher, der schon auf dem Weg zur Tür war.
»Kein Kommentar.«
31
Gina Kemmer lief wie ein gefangenes Tier in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Draußen war es dunkel. Die Nacht schien sich gegen die Mauern ihres behaglichen kleinen Hauses zu drücken, als versuchte sie einzudringen und sie zu verschlingen. Sie hatte alle Lampen im Wohnzimmer eingeschaltet, um das Ungeheuer zu vertreiben.
Ihr war kalt. Sie hatte sich einen dicken Pullover übergestreift und hielt die Arme über der Brust verschränkt, als würde sie in einer Zwangsjacke stecken, und sie hatte wirklich Angst, den Verstand zu verlieren. Marissa war tot, und ihr eigenes Leben war völlig aus dem Gleis geraten.
Immer wenn sie an ihre Freundin dachte, sah sie das schreckliche Bild der abgeschlachteten, blutüberströmt auf dem Boden liegenden Marissa vor sich. Es lag noch immer zwischen all den schönen Erinnerungsbildern auf ihrem Sofatisch. Sie musste es loswerden. Sie wollte es nicht haben. Sie wurde die Vorstellung nicht los, dass das Blut aus dem Foto über die Schnappschüsse aus glücklichen Zeiten floss und sie zerstörte.
Ihr Magen revoltierte, aber da war nichts mehr, was sie von sich geben könnte. Sie ging in die Küche und holte sich eine
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