Top Secret 1 - Der Agent (German Edition)
bei sich, was er mitnehmen konnte. Clark versuchte, vor James zu verbergen, wie aufgeregt er war, doch er konnte sich nicht beherrschen.
»Er ist erst zehn«, versuchte James, ihn zu beruhigen, »sie werden einsehen, dass es ein Unfall war.«
»Darauf würde ich nicht wetten, Ross. Die Bullen werden die Geschichte so verdrehen, dass er dran ist. Wem wird man wohl glauben? Ein paar Kindern, die ständig Ärger machen, oder der Polizei?«
»Ich bin doch auch Zeuge«, sagte James.
»Wenn sie Sebastian wegschicken, dann werde ich eigenhändig einen Polizisten abstechen, damit ich bei ihm bleiben kann.«
40.
Im Gemeindesaal von Craddogh ging es zu wie in einem Irrenhaus. Die achtzig Leute darin konnten kaum atmen, kreischende Kinder rannten herum, und dazwischen wollten die Journalisten Fotos und Statements von Gladys Dunn, doch die alte Dame brauchte Ruhe. Michael Dunn hieb dazwischen und wurde unter Blitzlichtgewitter von der Polizei abgeführt.
Die Bewohner von Fort Harmony wollten zurück ins Lager, um ihre Sachen zu holen, doch die Polizei hatte die Straßen blockiert, sodass niemand durchkam. Sie sagten, es würde alles eingesammelt und in ein paar Stunden gebracht werden.
Clark war völlig verzweifelt, schluchzte und weinte nach seinem Bruder und seiner Mutter und schrie jeden Bullen in seiner Nähe an, dass er ihn bei der ersten Gelegenheit umbringen würde. James versuchte ohne großen Erfolg, ihn zu beruhigen.
»Du bist der Erste, der je nett zu uns gewesen ist«, sagte Clark zu James. James fühlte sich mies, denn Clark war in Wirklichkeit nicht sein Freund. Er hatte ihn doch nur zum Zweck seiner Mission ausgenutzt.
Im Fernsehen wusste man immer, wer die Bösen waren und dass sie am Ende kriegten, was sie verdienten. Jetzt erkannte James, dass auch die Bösen ganz normale Leute waren, die Witze erzählten, einem Kaffee anboten, zum Klo gingen und Familien hatten, die sie liebten.
James zählte alle auf: Fire, World und Bungle gehörten offensichtlich zu den Bösen. Sie hatten versucht, Leute mit Milzbrand-Erregern zu töten. Die Ölgesellschaften waren ebenfalls schlecht, weil sie die Umwelt zerstörten und Menschen in armen Ländern ausbeuteten. Die Polizisten waren schlecht: Sie hatten einen schwierigen Job, doch offensichtlich genossen sie ihre Macht mehr, als gut war. Die einzigen Guten waren die Bewohner von Fort Harmony und die waren aus ihrem Heim vertrieben worden.
Nicht ganz im Klaren war sich James über seine eigene Rolle. Soweit er es beurteilen konnte, hatte er eine kleine Gruppe von schlechten Menschen daran gehindert, eine größere Gruppe von schlechten Menschen zu töten, was dazu führte, dass die guten Menschen von wieder anderen schlechten Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden. War er selbst demnach gut oder schlecht? Das einzige Ergebnis, zu dem ihn seine Überlegungen führten, waren Kopfschmerzen.
James ließ Clark bei seiner Familie und ging hinaus. Von Amy und Cathy gab es immer noch keine Spur. James hatte kein Handy, und vor der örtlichen Telefonzelle standen zwanzig Leute, die versuchten, eine Unterkunft zu finden, nun da Fort Harmony geschlossen war. Plötzlich fiel James ein, dass er Amy oder Ewart von Joannas Haus aus anrufen konnte. Er war sicher, dass ihr Vater bei dem ganzen Trubel in dieser Nacht Dienst hatte.
Joanna und ihr Vater standen in Nachthemd und Pyjama am Gartenzaun und beobachteten die Streitereien und die blauen Lichter im Dorfzentrum.
»Hi«, grüßte James.
Joanna strahlte James an, sodass er sich gleich wesentlich besser fühlte. Seit Sergeant Ribble sie beide in Cathys Hütte erwischt hatte, war James immer noch vor ihm auf der Hut, doch er schien in Ordnung zu sein.
»Was ist denn da oben los?«, wollte er wissen.
»Fort Harmony wird geräumt«, sagte James. »Wie kommt es, dass Sie als Polizist nicht dabei sind?«
»Sie haben mir nicht gesagt, wann sie zuschlagen«, erklärte Sergeant Ribble. »Ich bin bloß der Dorfpolizist. Als sie die Milzbrand-Erreger gefunden hatten, ist die Antiterroreinheit aufgetaucht und hat das Kommando übernommen.««
»Kann ich mal telefonieren?«, fragte James. »Ich habe meine Tante und meine Schwester verloren.«
»Klar, Kleiner. Jojo zeigt dir, wo das Telefon ist.«
James zog die Stiefel aus und ging mit Joanna ins Haus. Sie trug Slipper und ein Nachthemd mit Duffy Duck.
»Hi, Jojo«, sagte James lachend.
»Halt die Klappe, Ross. Nur mein Vater und meine großen Brüder dürfen mich so
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