Top Secret 9 - Der Anschlag (German Edition)
blickte auf seine Armbanduhr. »Nett, dass ihr vorbeischaut, aber solltet ihr nicht um zehn hier sein? Das war vor über einer halben Stunde.«
James unterdrückte den Wunsch, ihm eine zu verpassen, aber Kerry schien entschlossen, das nette Mädchen zu spielen.
»Der Bus fährt nur stündlich und hatte leider auch noch Verspätung«, erklärte sie.
»Ich würde es sehr begrüßen, wenn ihr morgen einen Bus früher nehmen würdet«, verwies Gabriel sie eisig. »Ich muss euch schließlich noch zusätzlich zu all meinen anderen Verpflichtungen ausbilden.«
James schüttelte den Kopf. »Ich sag Ihnen was: Sie können es uns vom Lohn abziehen... Ach nein, es ist ja ein Praktikum , das wird ja gar nicht bezahlt.«
Kerry stieß ihn in die Rippen und flüsterte: »Lass das!«
Gabriel überging James’ Ironie und verkündete stattdessen wichtig: »Hier werden Lebensmittel verarbeitet. Daher lautet die erste Regel: Hygiene, Hygiene und noch mal Hygiene. Wenn man Huhn nicht entsprechend den Vorschriften von Deluxe Chicken zubereitet, bekommt der Gast eine gewaltige Ladung Salmonellen ab – und das Unternehmen jede Menge miese Publicity und eine saftige Strafe. Ihr zwei schnappt euch ein Hemd und eine Baseballkappe und dann schrubbt ihr euch die Hände. Außerdem gibt’s ein Handbuch, das ihr euch durchlesen solltet, und wenn ihr mit dem Fragebogen fertig seid, bekommt ihr den ersten Stern auf euer Namensschild. Dieser Stern ist dann auf jede Filiale von Deluxe Chicken auf der ganzen Welt übertragbar.«
»Supercool!«, kommentierte James.
Zehn Minuten später saßen sie an einem Tisch im Restaurant, James mit einem Kaffee, Kerry mit heißer Schokolade. Jeder hatte einen Stift und ein Arbeitsheft mit lachenden Cartoonhühnern und der Aufschrift Willkommen in der weltweiten Familie von Deluxe Chicken auf dem Cover vor sich.
»Okay, Kerry, dann lass mal sehen, ob du das hier begreifst«, sagte James und begann, mit gestelztem amerikanischen Akzent zu lesen: »Du hast nun den Absatz über Sicherheit und Hygiene gelesen. Bitte beantworte die folgenden sechs Fragen. Nummer eins: Nach verlassen der Toilette müssen alle Angestellten A: das Licht im Bad ausschalten, B: so schnell wie möglich wieder an die Arbeit zurückkehren oder C: sich sorgfältig mit Seife und heißem Wasser die Hände waschen und abtrocknen . Mh, was glaubst du wohl?«
»James, wir haben gerade erst angefangen. Hör bitte auf, dich aufzuregen«, ermahnte ihn Kerry.
»Aber das ist so was von langweilig«, beschwerte sich James und las eine weitere Frage vor: »Wenn du im Gästebereich des Restaurants eine Pfütze auf dem Boden siehst, solltest du A: ein Warnschild darüber aufstellen und dafür sorgen, dass ein Mitarbeiter die Flüssigkeit so schnell wie möglich aufwischt, B: sie ignorieren, weil sie nicht in deinen Aufgabenbereich fällt oder C: die Hosen runterziehen, dich hinhocken und einen Riesenhaufen in die Pfütze setzen.«
Kerry schwieg eisern.
»Letzteres ist übrigens meine Erfindung.«
»Du wirst wohl nie erwachsen, was?«, fragte Kerry gereizt. »Wenn du gefeuert wirst, lässt dich Meryl Spencer Strafrunden laufen oder die Klos auf dem Campus scheuern. Und dann dürfen sich alle dein Gejammer anhören, wie grausem das Leben doch zu unserem armen James ist.«
James schüttelte den Kopf und wedelte mit den Cartoonhühnern in der Luft. »Das hier kann ja wohl nur jemand wie du ernst nehmen. Dieses Heft ist schon von mindestens dreißig Leuten benutzt worden. Man kann sogar sehen, wo die Antworten wegradiert wurden.«
Kerry brachte ein Lächeln zustande. »Sieht so aus, als hätten glatt einige Mitglieder der weltweiten Familie von Deluxe Chicken falsch getippt.«
Als James zu lachen begann, kam das Mädchen mit dem Minirock zum Tisch. Auf ihrem Namensschild stand Gemma, Mitarbeiterin, und James versuchte, sie nicht anzustarren. Aber trotz Minirock und billigem Schmuck war sie irgendwie sexy.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Kerry und versteckte ihr Lächeln hinter ihrer Hand. »Wir wollten dich nicht bei der Arbeit stören.«
»Beim Bodenwischen?«, fragte Gemma mit hochgezogener Augenbraue und schüttelte den Kopf. »Mach dir wegen mir mal keine Gedanken. Aber es gibt zwei Dinge, die ihr auf jeden Fall wissen müsst, wenn ihr hier arbeitet. Erstens ist Gabriel ein ziemlich mieser Paragrafenreiter, was diese Regeln da angeht. Liegt wohl daran, dass er mit achtundzwanzig immer noch nicht mal in die Nähe einer Frau gekommen
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