TOP SECRET - Die Sekte
am Leben in der Arche war mit Sicherheit das Essen. Zum Mittagessen hatte es klebrige Pasta mit schwarzen Oliven gegeben, etwas, was Lauren verabscheute. Das Abendessen bestand aus einer trockenen Ofenkartoffel in einer Pfütze gebackener Bohnen, gefolgt von Vanilleeis und einem Stück Biskuitkuchen mit den kulinarischen Eigenschaften eines Sofakissens. Wie üblich gab es zuckerhaltigen Orangensaft und Cola, um das Energieniveau der Kinder hoch zu halten.
In der Schule gab es keine Hausaufgaben, daher konnte Lauren nach dem Abendgottesdienst kegeln und Basketball spielen, bis man ihr ein paar merkwürdige Hüpf- und Singspiele zeigte. Die anderen Mädchen waren höflich und der Neuen gegenüber sehr freigiebig mit Umarmungen und Komplimenten, aber ihre Worte und ihr Lächeln schienen flach. Lauren bekam den Eindruck, als könne sie ihnen das Gesicht abziehen und darunter kämen Roboter mit blitzenden Dioden und Mikrochips in den Köpfen zum Vorschein.
Laurens zweiter Morgen in der Arche begann mit einem lauten Ruf kurz nach Sonnenaufgang. Als sie die verklebten Augen öffnete, hatte sie ein ungutes Gefühl. Der Stundenplan der Survivors war gnadenlos, und ihr
war klar, dass sie erst wieder eine Pause bekommen würde, wenn sie in sechzehn Stunden in ihr Bett zurückkehrte. Darüber hinaus konnte sie keinen klaren Weg erkennen, bei ihrer Mission Fortschritte zu erzielen, und machte sich Sorgen, was die nächsten Tage bringen würden, zumal wenn jede Chance, die sie ergriffen, das Risiko einschloss, verprügelt zu werden.
Die Mädchen um sie herum waren bereits aufgestanden und zogen die schmutzigen Sachen an, die sie am Abend zuvor beim Sport getragen hatten.
»Komm schon, Schlafmütze«, rief ein Mädchen namens Verity fröhlich. »Ein neuer Tag bricht an. Der Herr hat Aufgaben für uns!«
Die Worte erinnerten Lauren an die schleimigen Phrasen in billigen Geburtstagskarten. Sie hätte dem Herrn liebend gerne gesagt, wohin er sich seine Aufgaben schieben konnte, wenn ihr das ein paar Stunden im Bett vor der Glotze beschert hätte, gefolgt von einer Küchen-Session, um sich ihre Lieblingspfannkuchen mit Nutella und Puderzucker zu backen.
Aber Lauren musste ihre Arbeit machen. Sie zog die stinkenden gelben Socken an und das Rugbyhemd, bevor sie aufs Klo ging und hinter den anderen Mädchen her nach draußen auf das Übungsgelände hinter den Wohnblocks rannte. James war mit den Blauen bereits da und stand neben Rat.
Lauren wollte unbedingt mit ihrem Bruder sprechen, aber Jungen und Mädchen aßen, schliefen, lernten, beteten und spielten getrennt, daher würde es nicht leicht
werden. Während der Übungen gab es keine Gelegenheit, auch nicht bei der ersten Runde Morgenlauf, aber als sie frei ihre schnellen Runden um das Gelände drehen sollten, sah sie endlich ihre Chance.
»Wie geht es deinem Hintern?«, erkundigte sie sich, absichtlich so langsam laufend, dass sie hinter die anderen zurückfielen.
James war außer Atem. »Mein Arsch ist grün und blau, aber es sieht schlimmer aus, als es ist.«
»Hast du wirklich die Mädchen in der Dusche beobachtet?«
»Das ist eine lange Geschichte«, meinte James, der sie nicht gerne erzählen wollte, weil er dabei keine gute Figur abgab. »Aber viel wichtiger ist, dass der Typ, der mit mir zusammen verprügelt wurde, Joel Regans Sohn ist. Wir müssen uns irgendwo treffen, damit ich dir das genauer erzählen kann.«
»Frühestens heute Abend«, meinte Lauren. »Beim Sport können wir uns davonschleichen und uns zwischen den Gebäuden treffen oder so.«
Sie bogen um eine Ecke, als plötzlich ein scharfer Knall ertönte. Lauren hielt im Laufen inne und sprang auf einem Bein herum, als hätte sie sich den Knöchel verstaucht.
James glaubte, sie sei wirklich verletzt, hielt an und wandte sich besorgt um. »Alles in Ordnung?«
Lauren zischte durch die Zähne: »Sieh dich um, Dummkopf, das ist das Zeichen von John.«
Bei allem, was vorgefallen war, hatte James völlig
vergessen, dass John ihnen die Minifunkgeräte zukommen lassen wollte. Es war sinnvoll, die Übergabe hinter einer Kurve zu machen, da die Läufer vor ihnen keinen Grund hatten, sich umzusehen, und die hinter ihnen wegen der Ecke nichts sehen konnten.
Während sich Lauren auf den Asphalt setzte, ihren Turnschuh auszog und sich in gespieltem Schmerz den Fuß hielt, sah sich James auf dem Boden um. Er bemerkte eine goldene Zigarettenpackung am Rande des Asphalts, die mitten im Outback nichts verloren
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