TOP SECRET - Die Sekte
hier ist eine Vollmacht für unsere Aktien an Nippon Vending Industries. Sollte ich das Papier nicht zumindest unseren Leuten in Brisbane faxen, damit sie es überprüfen?«
Joel schüttelte den Kopf. »Unsere Leute? Meinst du nicht eher deine Leute?«
»Die Spinne versucht, mich rauszuboxen«, sagte Susie und stampfte mit dem Absatz ihres Lederstiefels auf den Holzfußboden. »Du stirbst vielleicht, mein Gatte, aber ich habe noch ein langes Leben vor mir, und deine Tochter, diese Ziege, will mich ins erste Flugzeug setzen, wenn du abtrittst. Habe ich das verdient? Soll ich den Rest meines Lebens im Dreck verbringen? Ich möchte gemeinsame Kontrolle über die Gesellschaften. Wie oft muss ich das noch sagen?«
Joel fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Für dich wird gesorgt, Herzchen. Eleanor ist nun einmal meine Tochter.«
»Nur zu dumm, dass sie nicht diejenige ist, die um vier Uhr morgens hier ist und den Arzt ruft und dir die Kotze aus dem Gesicht wischt.«
Joel wies auf Lauren. »Können wir das vor dem Mädchen bitte lassen? Du machst sie ja ganz verlegen.«
»Versuch nicht, dich rauszuwinden!«
»Ich habe es satt!«, donnerte Joel auf einmal mit erstaunlich kräftiger Stimme für einen so kranken Mann. »Ich brauche Ruhe, um mich zu erholen, und nicht dein ständiges Gezeter!«
Mit diesen Worten nahm Joel die Ledermappe und warf sie auf den Nachttisch. Die Papiere flatterten in alle Richtungen und die Mappe stieß eine Blumenvase um. Lauren sprang zurück, als sie vor ihren Füßen zu
Boden fiel. Doch anstatt zu zerspringen, prallte sie nur auf, und das Wasser lief aus.
Schnell stellte Lauren die Vase auf, nahm instinktiv Papiertücher vom Nachttisch und bückte sich, um das Wasser aufzuwischen, bevor es sich verteilte.
»Was machst du da?«, schrie Susie und richtete ihren Zorn nun gegen Lauren. »Habe ich dich etwa darum gebeten? Verschwinde hier, du mieses Stück!«
Erschrocken über die Schelte richtete Lauren sich auf.
»Was ist mit den Briefen?«, fragte sie nervös.
»Sag dem Büro, dass Susie Regan sie ihrem Mann zeigt, wenn er sich gut genug fühlt, um sich damit zu befassen.«
Lauren nickte, wandte sich um und eilte zur Tür. Als sie nach der Klinke griff, kam Susie durch das Zimmer geschossen und packte sie mit ihren lackierten Fingernägeln am Kragen.
»Sprich mit Rat«, zischte sie. »Sag ihm, wenn er will, dass ich ihm jemals wieder einen Gefallen tue, dann soll er von jetzt an lieber die Briefe persönlich herbringen. Und zwar gefälligst zu mir!«
»In Ordnung.« Lauren, die ihren Puls deutlich in der straff gespannten Haut an ihrem Hals hämmern hören konnte, nickte.
»Und«, fügte Susie hinzu und krallte noch fester zu, »du wirst die Klappe halten, Madam. Wenn du erzählst, was hier gerade vor sich gegangen ist, werde ich es herausfinden. Ich werde die Schule anrufen und dir eine
solche Tracht Prügel verpassen lassen, dass du einen Monat nicht mehr laufen kannst. Hast du mich verstanden?«
Als Lauren nickte, ließ Susie sie los und schubste sie zur Tür.
30
Dana informierte Michael mit dem Funkgerät in ihrem Turnschuh über die Flugdetails, bevor sie in das Taxi zum Brisbane Airport stieg. Er sagte, er wolle dafür sorgen, dass ein ASIS-Team vor Ort war, wenn sie in Darwin ankamen. Die Agenten würden ihr folgen und sie aus der Nähe beobachten.
Im Einkaufszentrum wirkte Eve immer selbstsicher: effizientes Nicken, schmales Lächeln und zielstrebiger Gang. Aber das plötzliche Fehlen der gewohnten Umgebung verwandelte sie in ein Häufchen Elend. Seit sie acht Jahre alt war, hatte sie in der Kommune gelebt, und ihr Kopf war so voller Teufel, Engel und anderem Survivor-Unsinn, dass die reale Welt sie einschüchterte.
Eve machte sich Sorgen, wo sie die Hundert-Dollar-Note aufbewahren sollte, die sie als Reisegeld erhalten hatten. Pausenlos stellte sie Dana Fragen: Was würden sie am Flughafen zu essen bekommen, gab es im Flugzeug Toiletten, würde es ihr beim Start schlecht werden? Am belebten Check-in im Terminal starrte sie
in alle Richtungen um sich und bestand darauf, sich bei Dana unterzuhaken, damit sie nicht getrennt wurden.
Dana machte die Art und Weise, wie die Survivors Leute vermurksten, krank. Wenn man erwischt wurde, wie man einem kleinen Kind ein Päckchen Drogen gab, wurde man ins Gefängnis gesteckt, aber Sekten verdarben Kinder genauso schlimm, und da schien es niemanden zu interessieren.
Doch auch Eves ständige Besorgnis konnte Danas freudige
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