TOP SECRET - Die Sekte
Woche die Post vorbei. Es sind Amerikaner, aber sie wollen die Gegend offenbar bald verlassen.«
»Was machen die denn hier draußen?«, erkundigte sich James.
»Sie machen Farbe.«
James war überrascht. »Wieso macht man denn Farbe mitten im Outback?«
Ernie zuckte mit den Schultern. »Wenn man sich bereit erklärt, im Outback ein Unternehmen zu gründen, ist es relativ leicht, die australische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Brian hat mich mal rumgeführt, es ist ein nettes kleines Geschäft. Die produzieren keine Fünf-Liter-Farbkübel am Fließband, sondern ganz Spezielles: natürliche Farbpigmente und Sachen zum Restaurieren von Gemälden und Antiquitäten.«
»Und wieso bringst du ihnen ihre Post?«
»Du bist eine ganz schöne Neugiernase heute morgen«, fand Ernie. »Ich glaube, sie sind mit Susie befreundet oder so.«
»Ich will mich doch nur unterhalten«, meinte James und zuckte mit den Achseln, als ob es ihn eigentlich überhaupt nicht interessierte.
Ihm war klar, dass er nicht weiterfragen konnte, ohne
Verdacht zu erregen. Nach fünf Minuten halsbrecherischer Fahrt hatten sie die Gebäude erreicht. Das Haus hatte offenbar schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel, aber die fensterlose Halle war erst kürzlich angebaut worden. Sie bestand aus Fertigteilen und hatte ein Wellblechdach.
Ernie drückte auf die Hupe und James riss die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Es ging auf die heißeste Tageszeit zu, und sobald James’ Füße den staubigen roten Boden berührten, schwärmten Fliegen um ihn herum.
»Die müssen hier irgendwo sein«, meinte Ernie und verrenkte sich den Hals, um hinter das Gebäude zu sehen. »Ich versuche es in der Werkstatt, sieh du mal nach, ob sie im Haus sind.« Ernie marschierte zu der Halle und James betrat eine hölzerne Veranda und klopfte an den Rahmen der Fliegentür.
»Ist jemand zu Hause?«
Er stieß die Tür auf und befand sich in einer Küche. Auf dem Boden standen Koffer und auf den Arbeitsflächen Kisten mit Geschirr und Küchengeräten.
»Hallo?«, rief James.
Beim Weitergehen bemerkte er Fotos an der Kühlschranktür. Die meisten waren gewöhnliche Schnappschüsse: zwei kleine Jungen mit Schwimmflügeln an einem Pool, ein Schulfoto, ein älteres Ehepaar bei einer Familienfeier in einem Restaurant. Doch eines der Fotos ließ ihn erschrocken die Luft anhalten.
»Ach du Scheiße!«
James erkannte den kleinen Jungen, der an einem regnerischen Tag in England an einem Kiesstrand stand, sofort. Er hatte ihn vor zwei Jahren bei seiner ersten CHERUB-Mission kennengelernt. Sein Name war Gregory Evans, und sein Vater war Brian »Bungle« Evans, ein Biologe aus Texas und ein Mitglied von Help Earth, das versucht hatte, zweihundert Politiker und Manager von Ölgesellschaften mit tödlichen Anthrax-Bakterien umzubringen. Brian war einer der meistgesuchten Männer der Welt, aber niemand hatte ihn aufspüren können. Ebenso wenig das Labor oder die Ausrüstung zur Herstellung von Anthrax.
James’ Gedanken überschlugen sich. Es machte alles Sinn: Ernie hatte gesagt, dass einer der Männer, die hier wohnten, Brian hieß, und zur Farbproduktion benötigt man Chemikalien. Die Firma bildete das perfekte Deckmäntelchen zur Herstellung biologischer Waffen oder Bomben.
Das war ein fantastisches Ergebnis. Die Entdeckung des Help-Earth-Labors würde weltweit für Schlagzeilen sorgen. James allerdings hatte ein massives Problem: Als er damals in Wales unter dem Namen Ross Leigh im Einsatz gewesen war, hatte er Brian Evans verschiedentlich getroffen. Wenn der sein Gesicht sah, war seine Tarnung futsch.
James spürte, wie sich sein Magen zu einer kleinen Kugel zusammenzog. Ihm war klar, dass es gleich ziemlich hässlich werden konnte. Er erkannte, dass seine beste Chance darin bestand, sich die größtmögliche
Waffe zu greifen, die er finden konnte, und bestimmt steckten in einer der Schachteln auf dem Tisch Küchenmesser. Doch bevor er sich auch nur rühren konnte, hörte er Schritte und eine Stimme mit einem bekannten texanischen Klang.
»Hi, mein Sohn.«
Nach dem Frühstück zogen Dana, Barry, Eve und Nina los, um ihren Anschlag vorzubereiten. In einem Subaru nahm Barry sie mit zu einem einsamen Strand. Auf dem Anhänger hinten am Wagen war ein drei Meter langes Dingi festgezurrt.
Sie hielten an einer Stelle mit nassem, weichem Sand. Es wehte ein kräftiger Wind und das Meer sah unruhig aus. Nachdem sie zu viert das Dingi vom Anhänger geholt hatten, zogen sich Barry
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