Topas
ein
aufregendes Temperament… sehr aufregend! Äußerst
eigenwillig. Haben Sie ernste Absichten, junger
Mann?»
«Ja.«
»Dann will ich
offen mit Ihnen sprechen. Nicole erwidert Ihre Gefühle voll
und ganz. Ich bin in der Lage, Sie hier herauszuholen und mit allen
notwendigen Papieren zu versehen. Mein Geschäft in Madrid
könnte einen jungen Burschen mit juristischer Vorbildung gut
gebrauchen; außerdem käme Ihnen Ihre Kenntnis mehrerer
Sprachen zugute, denn unsere Geschäftsbeziehungen sind
international, müssen Sie wissen, und
…«
»Erlauben Sie,
Monsieur Thibaud, ich glaube fast, Sie machen mir einen
Heiratsantrag!«
»Ich nehme doch
an, Sie wollen aus diesem Schlamassel hier heraus, oder etwa nicht?
Haben Sie vielleicht vor, hier zu verfaulen?«
»Ich habe vor,
für Frankreich zu kämpfen. Guten Tag!«
»Devereaux!«
»Ja?«
»Sie werden
Nicole nicht wiedersehen!«
»Das liegt bei
ihr, sie weiß ja, wo ich wohne.«
*
Nicole stand am
Eingang zur Terrasse des Cafes El Torito, wo die Männer
billigen Wein tranken und die neuesten Nachrichten und
Gerüchte mit einem so heftigen Eifer diskutierten, wie ihn nur
Franzosen aufbringen können.
»Ehe das Jahr zu
Ende ist, wird ganz Nordafrika in La Croix' Hand
sein!«
»Glaub mir, La
Croix wird sein Hauptquartier nach Algerien verlegen, und dann wird
man sehen, was aus Admiral de St. Amertin wird.«
»Ich weiß
nicht.«
»Na, aber
zumindest weißt du, daß dieser Halunke einen Teil der
Flotte versenkt hat, anstatt sie den Alliierten zu
übergeben?«
Nicole entdeckte
Andre, der mit seinen einundzwanzig Jahren überschwenglich
debattierte; auf seine Art war er hübsch. Sie machte sich
bemerkbar, und Andre verabschiedete sich von seinen Kameraden.
Schweigend gingen sie die Straße entlang auf eine
Landstraße hinaus, die zu einer Wiese führte.
»Ich bin
gekommen, um mich von dir zu verabschieden«, sagte sie.
»Papa fährt morgen mit uns nach Madrid
zurück.«
»Das tut mir
leid.«
Sie brach in
Tränen aus. »Ich dachte, du liebst
mich.«
»Das tue ich
doch, Nicole.«
»Nach allem, was
war, hast du Papas Angebot ausgeschlagen.«
»Daß ein
Mann und eine Frau, die sich begehren, miteinander schlafen, ist
nur natürlich. Und was das Angebot deines Vaters betrifft, so
lasse ich mich nicht auswählen wie eine Flasche
Wein.«
»Nachdem ich
mich dir hingegeben habe, willst du mich
verlassen?«
»Nur so lange,
bis ich meine Aufgabe erfüllt habe.«
»Was für
eine Aufgabe? Du hast keine Aufgabe.«
»Nicole, in
Afrika tragen Franzosen französische Uniform und kämpfen
für Frankreich. Unter ihnen sind Jacques und Robert - und ich
soll nicht dabeisein? Hast du die Männer im Torito gesehen? Wir leben
alle nur für das eine Ziel: die Ehre Frankreichs
wiederherzustellen.«
»Ich kann diesen
Quatsch von der Ehre und diese Blutrünstigkeit nicht
verstehen.«
»Du bist fast
dein ganzes Leben in Spanien gewesen. Meistens unterhältst du
dich mit deinen Eltern nicht einmal auf
französisch.«
»Aber ich liebe
dich doch, Andre.«
»Lieben ist
Geben, nicht Nehmen. Wenn du mich liebst, dann gib mir meine
Freiheit und laß mich meine Pflicht tun.«
»O Gott, ich
will dich aber nicht verlieren.«
»Und doch
muß ich gehen, Nicole.«
»Es gibt also
keine andere Wahl?»
«Nicht für
mich.«
»Wirst du zu mir
zurückkommen?»
«Ich möchte
es, ja.«
»Ich …
ich will sehen, daß Papa dich freikauft.«
»Nicole, versuch
doch, mich zu verstehen.«
»Nein, ich
versteh's nicht. Und jetzt nimm mich mit zu dir.«
*
Als Andre nach Malaga
kam, mußte er mit vielen anderen Internierten aus Miranda de
Ebro in der Stierkampfarena übernachten und auf seinen
Abtransport warten. - Mit einer Mischung aus freudiger Erregung und
Trauer, denn sein Herz war voller Liebe für Nicole, ging er an
Bord des Schiffes.
Das »Unternehmen
Fackel«, die britisch-amerikanische Landung in Nordafrika,
hatte die Küste befreit, und damit hatte das Tauziehen
zwischen den getrennten französischen Streitkräften
begonnen.
Bei seiner Ankunft im
Hafen von Casablanca wurde das Transportschiff mit einem
großen Begrüßungs-Hallo empfangen. Uniformierte
Verbände der Spahi-Reiterei und der Fremdenlegion waren
angetreten; Musikzüge spielten.
Den Männern
liefen die Freudentränen über die Backen, als sie zum
erstenmal wieder die Trikolore sahen und ihre Nationalhymne
hörten.
Andre Devereaux war in
der Festung des Admirals de St. Arnertin angelangt.
72
Casablanca,
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