Topas
von ihnen hatte etwa zwanzig Kilo abgenommen;
sie sahen jämmerlich aus.
Das Verhör, dem
man sie unterzog, war nur oberflächlich, denn gleich ihnen
waren schon viele des Weges gekommen. Sie behaupteten wie
üblich, sie seien Frankokanadier, und man steckte sie zu
hundert flüchtigen Landsleuten, die sich ebenfalls als
Kanadier ausgegeben hatten, in einen eigenen
Gefängnistrakt.
Die Strafanstalt war
ein Riesenkasten, bis unters Dach belegt mit regierungstreuen
Häftlingen aus dem Bürgerkrieg. Die Spanier
sympathisierten offen mit den Deutschen. Die spanische Blaue
Division kämpfte an der Ostfront gegen die Russen. Mit den
französischen Gefangenen ging die Gefängnisleitung
besonders hart um; man gewährte ihnen nur das
Existenzminimum.
Wochen vergingen.
Robert kam langsam wieder zu Kräften, doch alle drei litten
unter der Aussichtslosigkeit ihrer Lage. Schließlich erlaubte
man Jacques - und das war der einzige Hoffnungsschimmer -, einen
Brief an die geheimnisvolle Florence Smith von der britischen
Botschaft in Madrid zu schreiben. Doch es geschah
nichts.
Als schon alle
Hoffnung verloren schien, verbreitete sich plötzlich wie ein
Lauffeuer ein Gerücht unter den Häftlingen. Und es
stimmte! Eine britisch-amerikanische Delegation erschien in
Pamplona, um ein mit der spanischen Regierung vereinbartes
Tauschgeschäft durchzuführen: Die Gefangenen sollten
gegen eine Schiffsladung Weizen und Mehl freigelassen
werden.
Ihre Entlassung
erfolgte gruppenweise. Jacques und Andre gingen zu den Amerikanern
und baten darum, daß man Robert als ersten freilasse, denn er
brauche ärztliche Hilfe. So trennten sich die Freunde. Nach
zwei Wochen bekamen sie von Robert einen kurzen Brief.
Lieber Jacques,
lieber Andre,
ich bin in einem
riesigen Lager in Miranda de Ebro, in dem nicht nur
geflüchtete Soldaten, sondern auch Tausende von Juden aus
Holland, Polen, Belgien und natürlich auch Frankreich
interniert sind. Durch einen glücklichen Zufall habe ich
einige wiedergetroffen, die wir über den Cher gebracht
haben.
Ein ständiges
britisch-amerikanisches Komitee versucht unsere Freilassung zu
erwirken, und wir sind alle der Meinung, daß wir Aussicht
haben, nach Nordafrika zu kommen.
Täglich
erwarte ich Eure Ankunft. Bitte, gebt mir über das Rote Kreuz
eine Nachricht.
Ich muß mich
leider kurz fassen, denn man darf nur eine Seite vollschreiben. Das
Leben ist hier gerade noch erträglich, aber es geht mir schon
viel besser.
In alter Treue,
Robert
Andre und Jacques
sollten Robert nicht nach Miranda de Ebro folgen. Ihr Zug fuhr nur
bis Arnedillo, einem Badeort, wo die Engländer und Amerikaner
eine Anzahl kleinerer Hotels und Pensionen gemietet hatten. Nach
wie vor zahlten sie der spanischen Regierung Lösegeld. In
Arnedillo verpflichtete man sie, keinen Fluchtversuch zu
unternehmen, denn sonst werde das ganze Austauschprogramm
gefährdet. Auf ihr Ehrenwort hin durften sie sich frei unter
den Kurgästen bewegen, die aus ganz Spanien herbeigereist
waren, um in den berühmten Schlammbädern Heilung zu
suchen.
Eines Tages kam Andre
an dem eleganten Hotel Balneario vorbei.
»Hallo, Sie
da!« rief eine Stimme.
Er sah zu einem Balkon
hinauf, wo ein beleibter Herr in mittleren Jahren stand, angetan
mit einem prachtvollen Hausrock aus Samt.
»Meinen Sie
mich?«
»Ja, Sie.
Gehören Sie zu den Internierten?« fragte er in perfektem
Französisch. - »Ja.«
»Spielen Sie
oder Ihre Kameraden vielleicht zufällig
Bridge?«
»Ja,
ich.«
»Uns fehlt ein
Mann. Hätten Sie Lust, mitzuspielen?«
»Warum
nicht?«
Als Andre durch das
vornehme Hotel ging und zum Appartement des Mannes hinaufstieg, kam
er sich schäbig und fehl am Platz vor. Der Fremde stellte sich
ihm als Victor Thibaud vor, ein Franzose, der schon seit einem
Jahrzehnt in Spanien Geschäfte mache. Aus der Größe
des Appartements und dem Wert der Steine in Monsieur Thibauds
Ringen schloß Andre, daß es sich um ansehnliche
Geschäfte handeln mußte. Seine Frau, so erklärte
er, verbringe die meiste Zeit in den Schlammbädern, und darum
sei er beständig auf der Suche nach einem
Bridgepartner.
Ein etwas
hochmütig wirkendes, aber reizendes junges Mädchen von
vielleicht zwanzig Jahren betrat im Reitanzug den
Empfangsraum.
»Meine Tochter
Nicole.«
Sie nickte kurz.
»Ich bin auf der Valdez-Ranch, Papa. Sie haben neue Stiere
auf der Koppel. Einige sollen großartig
sein.«
Als Andre ihr nachsah,
erwähnte Monsieur Thibaud beiläufig,
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