Topas
Mädchen wie Nicole Thibaud für Liebe hält, ist
totaler Besitz. Die richtet dich zugrunde.«
Andre war weit davon
entfernt, auf seinen weisen älteren Freund zu hören. Er
löste seine Schnürsenkel und ließ die Schuhe
krachend zu Boden fallen. »Ich glaube, morgen lassen wir sie
lieber gewinnen. Ich habe das Gefühl, wir werden
habsüchtig.«
Jacques Granville kam
nicht mehf dazu, an der Ausführung dieses guten Vorsatzes
teilzunehmen. Für ihn wurde die Freiheit erkauft, und nachdem
er sich von seinen Kameraden geräuschvoll verabschiedet hatte,
machte er sich auf zu den Truppenverbänden des Freien
Frankreich unter General Pierre La Croix. Andre blieb als einziger
von den drei Freunden zurück. Er war sehr
niedergeschlagen.
*
Als Andre auf ein
Klopfen die Tür öffnete, stand Nicole Thibaud vor
ihm.
»Hallo,
Andre.«
»Was machen Sie
denn hier?«
»Ich wollte mal
nach Ihnen schauen. Darf ich nicht hereinkommen?«
»Es ist zwar
nicht das Balneario, aber … bitte,
treten Sie ein «
Sie musterte den
zellenähnlichen Raum mit den wenigen billigen Möbeln. Die
Wände hatten einen neuen Anstrich dringend nötig, vor den
Fenstern hingen keine Vorhänge, und das einzige Licht kam von
einer Kerosinlampe auf dem Tisch.
»Wir haben Sie
vermißt«, sagte sie.
»Ich bin ein
wenig durcheinander, seit Jacques fort ist.«
»Ach, ich
wußte gar nicht, daß er fort ist. Papa hätte Sie
gern zum Bridge gehabt heute abend. Sie haben kein Telefon, deshalb
…«
»Ich hatte mir
schon vorgenommen, heute abend wieder zu kommen, uns geht
nämlich das Geld aus.«
»Mögen Sie
mich nicht, Andre?»
«Im
Gegenteil.«
»Aber Sie
mögen das Milieu nicht, aus dem ich komme.«
»Ich kann es mir
gar nicht leisten, etwas zu mögen oder nicht zu mögen.
Ich habe keinen Pfennig Geld und kein Zuhause. Außerdem sind
Sie verlobt.«
»Ach, das! Ich
wollte die Verlobung sowieso lösen «
»Das dürfte
aber Ihrem Verlobten nicht recht sein.«
»Sein Pech. Die
Spanier sind mir irgendwie zu herrisch. Das Ganze war nur mit
Rücksicht auf Papas Geschäftsinteressen arrangiert
worden. Ich hatte ohnedies die Absicht, in Kürze Schluß
zu machen.«
Sie trat dicht an ihn
heran, so daß er einen Augenblick ihre Nähe spürte.
Dann drehte sie sich um. »Kommen Sie wieder«, sagte
sie, »Sie fehlen mir.« Sie öffnete die Tür
einen Spalt.
»Fehle ich
Ihnen, oder langweilen Sie sich?»
«Beides.«
Andre griff über
ihre Schulter und schlug die Tür zu. »Sie sind ein
verspieltes Luder«, sagte er, umklammerte ihre Handgelenke
und drehte ihr die Hände auf den Rücken. Sie wehrte sich
und versuchte zu treten und zu beißen. Geschickt wich er
ihren Angriffen
aus.
»Ich
schreie!«
Mit der freien Hand
schlug er ihr ins Gesicht und ließ sie dann los. »Es
wurde höchste Zeit, daß Ihnen mal jemand eine
runterhaut.«
Nicole taumelte gegen
die Wand und kochte vor Wut. Sie sah sich um, ergriff ein paar
Blechteller und -tassen, holte aus und verfehlte ihn um die halbe
Zimmerlänge.
»Gehen
Sie!« sagte Andre leise.
Plötzlich legte
sich ihr Zorn. Sie wankte zu einem Stuhl, setzte sich, ließ
den Kopf hängen und fing leise an zu weinen. »Ich will
nicht gehen, Andre, schließ die Tür ab
…«
Als sie sich
leidenschaftlich umarmten, flehte sie: »Ich habe noch nie
einen Mann gehabt, bitte sei vorsichtig … bitte…
bitte.«
»Ich liebe dich,
Nicole.«
»Ich liebe
dich.«
*
»Na, das ist
schön, daß Sie wieder da sind, Devereaux. Ich habe nicht
einen Robber gewonnen, seit Sie mich verlassen haben. Nachher
werden wir den Valencias eine Lektion erteilen, was? Kommen Sie,
trinken Sie etwas.«
»Vielen Dank,
Monsieur Thibaud.«
»Also aus
Montrichard stammen Sie? Herrliches Land. Was haben Sie eigentlich
vor dem Krieg gemacht?«
»Ich war als
Volontär in der Anwaltspraxis meines Vaters.«
»Alte Familie?
Aktiv?«
»Mein Vater,
mein Großvater und mein Urgroßvater waren
Bürgermeister von Montrichard. Ein traditionelles Amt der
Familie, das ich vermutlich erben werde.«
»Nein wirklich,
wie interessant. Dann hat Ihre Familie gewiß einen
beträchtlichen Besitz in Montrichard?»
«Allerdings.«
»Land?
Vermögen?»
«Ja.«
»Und Ihre
Schulbildung?«
»Monsieur
Thibaud, ich nehme an, daß Sie mit diesem Verhör einen
bestimmten Zweck verfolgen. Würden Sie mir vielleicht sagen,
ob ich recht habe?«
»Von Mann zu
Mann?»
«Ja.«
»Devereaux,
meine Tochter hat Sie sehr ins Herz geschlossen. Sie hat
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