Topas
tätig gewesen.
Der Präsident
begrüßte den um zwanzig Jahre älteren Russen
herzlich. Man ließ sie allein. Die beiden Herren machten es
sich bequem und unterhielten sich auf englisch.
Sie sprachen über
dies und jenes und gingen dann auf die Lage in Berlin ein. Wassilij
Leonow versicherte dem Präsidenten, Rußland werde vor
den amerikanischen Wahlen im nächsten Monat keinen weiteren
Druck auf Berlin ausüben.
Beide vertraten in der
Berlin-Frage einen Standpunkt, den die Gegenseite längst
kannte. Die Sowjets drängten weiterhin auf den Status einer
»offenen Stadt« und erblickten in der Anwesenheit
alliierter Truppen eine vorgeschobene
NATO-Position. Der Präsident dagegen wiederholte die
amerikanische Auffassung, daß die Truppen nur symbolischen
Charakter hätten und daß er Berlin niemals an
Ostdeutschland ausliefern könne.
Leonow hoffte, man
werde zu einer Dauerlösung kommen, »bevor die
Sowjetunion die Hoheitsrechte des ostdeutschen Regimes
anerkennt«, und regte ein Treffen mit Chruschtschow an. Der
Präsident fand, das sei keine schlechte Idee. Seit er in
Helsinki mit dem Sowjetpremier aneinandergeraten war, hielt er nach
einer Revanche Ausschau.
Die Atmosphäre
war entspannt. Man sprach über Kuba.
»Solange Sie die
kubanischen Flüchtlingsunternehmungen so offen
unterstützen, Herr Präsident, befürchtet Castro eine
neue Invasion à la Schweinebucht - aber möglicherweise
mit stärkerer amerikanischer Rückendeckung. Unter diesen
Umständen können wir Castros Forderung nach
Verteidigungswaffen nicht ablehnen.«
»Aber die Zahl
der sowjetischen Truppen und Fachleute scheint mir
unverhältnismäßig hoch zu sein.«
»Wenn ich einmal
rückhaltlos offen sein darf, Herr Präsident: Castro
befürchtet eine amerikanische Invasion, und unsere
Verteidigungswaffen sind hauptsächlich dazu da, ihn zu
beschwichtigen. Was kann das kleine Kuba schon gegen die
Vereinigten Staaten unternehmen?«
»Ich habe in
Helsinki mit Chruschtschow darüber gesprochen und ihm mein
Wort gegeben, daß es zu keiner amerikanischen Invasion kommen
wird. Sollte im nächsten Jahr ein Gipfeltreffen stattfinden,
müssen wir noch einmal über die Angelegenheit
sprechen.« Leonow versäumte nicht, dem Präsidenten
in aller Ausführlichkeit zu versichern, daß die
russischen Absichten auf Kuba ausschließlich friedlicher
Natur seien.
In diesem Sinne endete
die Unterredung, Leonow kehrte in die sowjetische Botschaft
zurück, wo er mit den russischen Diplomaten Rücksprache
nahm, ehe er am Abend einer Einladung des amerikanischen
Außenministers folgte.
Seine Hauptaufgabe
bestand darin, herauszufinden, wie die Amerikaner sich in der
Kuba-Frage verhalten würden. Er sprach darüber sehr lange
mit dem Botschafter und dem Residenten. In Washington schien alles
ruhig und normal zu sein. Die amerikanischen Truppenverschiebungen
bedeuteten wohl nichts als ein wenig Säbelrasseln. Trotz
seiner Gerissenheit und seiner in langen Jahren erworbenen
Erfahrung vermochte Leonow keinerlei Anzeichen für eine
amerikanische Beunruhigung oder Tatbereitschaft zu entdecken. Wenn
die Amerikaner überhaupt von den Raketen wußten,
mußte man zu dem Schluß kommen, daß sie keinen
Zusammenprall mit der Sowjetunion wünschten.
Der russische
Außenminister war ein wenig enttäuscht. Er verglich die
Amerikaner und ihren Präsidenten immer mit hochgewachsenen,
schweigsamen Cowboys, die in gefährlichen Situationen wenig
sagten, kaum drohten und lieber den Gegner gleich ins Herz
schössen. Er hatte Chruschtschow gegenüber seine Bedenken
geäußert, aber Chruschtschow war steif und fest der
Meinung, man könne den amerikanischen Präsidenten
ausmanövrieren. Vielleicht war die neue Generation von
Amerikanern nicht mehr von der alten unnachgiebigen Art.
Bevor er zu dem
Empfang des amerikanischen Außenministers fuhr, telegrafierte
Leonow dem Kreml die schon erwartete Meldung:
WERDE GESPRÄCHE
MIT AMERIKANISCHEM PRÄSIDENTEN IN 3 TAGEN FORTSETZEN. ALLES
SCHEINT JEDOCH NORMAL. ENTWEDER WISSEN DIE AMERIKANER NICHTS ODER
SIE BEABSICHTIGEN PASSIVE STELLUNG ZU BEZIEHEN. EMPFEHLE
UNTERNEHMEN KUBA MIT VOLLER KRAFT DURCHZUFÜHREN.
Nachdem der
Präsident an der zweiten Ministerratssitzung teilgenommen
hatte, folgte schließlich noch eine mitternächtliche
Besprechung mit Lowenstein. Auf dem Programm standen die Rede, die
politische Lage bei den kommenden Wahlen und die Gesetzesvorlagen,
die man im Kongreß durchzubringen hoffte.
*
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