Topas
Saigon, war aber ständig zwischen Kalkutta, Hanoi,
Singapur und anderen Mittelpunkten fernöstlicher Politik
unterwegs.
Es stellte sich bald
heraus, daß es unmöglich war, Nicole nach Saigon
nachkommen zu lassen. In jenem Teil der Welt herrschte nach dem
Krieg ungeheure Not; auch war Andres Arbeit so beschaffen,
daß er Nicole die meiste Zeit hätte allein lassen
müssen.
Die Zeichen standen
auf Sturm. Eine verhängnisvolle Schlappe Frankreichs zeichnete
sich in Vietnam ab, und Andres Arbeit wurde eine völlige
Enttäuschung.
Seine Geliebte
hieß Yvette Chang. Sie war eine Eurasierin
französisch-chinesischer Abstammung, drittes Kind eines
wohlhabenden Kaufmanns in Saigon. Eine Frau von ungewöhnlicher
Schönheit. Yvette Chang erlöste Andre aus seiner
Einsamkeit und versüßte ihm den beruflichen
Mißerfolg. Unschuldigerweise wurde Yvette der Grund
dafür, daß Andre ein quälendes Schuldgefühl
überkam. Unmittelbar nachdem ihr Verhältnis begonnen
hatte, erhielt er von seinem Vater ein Telegramm:
NICOLE HATTE LEIDER
FEHLGEBURT. SOHN TOT GEBOREN. NICOLE AUF DEM WEGE DER
BESSERUNG.
Und dann wurde Andre
ebenso plötzlich, wie man ihn verbannt hatte, nach Paris
zurückgerufen.
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»Aber du
trägst doch nicht die Schuld am Tod unseres Sohnes,
Andre«, schluchzte Nicole. »Du darfst dich darüber
nicht so grämen.«
»Wenn ich dich
umsorgt hätte, wäre er vielleicht am Leben geblieben.
Jetzt werden wir nie wieder ein Kind haben.«
»Wir haben
Michele, und wir haben uns. Und zum erstenmal haben wir die
Aussicht, seßhaft zu werden. Jacques hat mir erzählt,
daß der neue Posten in Amerika, für den du ausersehen
bist, alle Chancen hat, eine Dauerstellung zu werden. Andre, bitte,
nimm keine Rücksicht auf mich, mir fehlt
nichts.«
»Ich werde es an
dir wiedergutmachen, Nicole, ich schwöre es, ich werde es an
dir wiedergutmachen.«
»Seht… es
gibt nichts wiedergutzumachen. Wir müssen nur neu anfangen,
wirklich von vorn anfangen.«
»Nicole, ich
weiß, du hast von dem Mädchen gehört. Dem
Mädchen in Saigon. Du mußt mir glauben, daß sie
mir nichts bedeutet hat. Ich war krank und einsam. Es war die
Hölle da unten. Ich war … einfach sehr
allein.«
»Erwähn sie
nie wieder, Andre … nie.«
*
Andres neuer Auftrag
bestand darin, in der französischen Botschaft in Washington
ein Büro einzurichten und am Aufbau einer Nachrichtenabteilung
der neugegründeten NATO-Organisation mitzuwirken. Vor seiner
Abreise aus Frankreich rief Jacques ihn an und bestellte ihm,
Pierre La Croix erwarte Andre auf seinem Landsitz zu einer
persönlichen Unterredung.
Der General wartete
noch immer auf den Ruf seines Volkes. Eben jetzt, da er seine
Memoiren schrieb, ließ seine Sehkraft nach. Andre wurde
ungewöhnlich gastfreundlich empfangen. Der General führte
ihn zum Kamin in der Bibliothek.
»Ich habe Sie
heute hergebeten, Devereaux, weil Sie für eine
Schlüsselstellung ausgesucht worden sind. Während der
Zeit, in der Sie Ihr Büro in Washington einrichten und
aufbauen, wird Frankreich mich gewiß an die Regierung rufen.
Sie haben zwar nie zu meinem engsten Kreis gehört, ich
schätze Sie aber als einen aufrechten Franzosen. Es ist gut,
daß Sie die philosophische Richtung kennen, die Frankreich
bei seiner Rückkehr zur Größe einschlagen
muß.«
Der General bot Andre
einen Kognak und eine Zigarre an. Dann blinzelte er in das
Kaminfeuer und sprach wie zu sich selbst: »Unsere
Außenpolitik muß elastisch gehalten werden. Wenn wir
uns zu fest an den westlichen Block binden, werden wir von den
Amerikanern überschwemmt und beherrscht. Wir müssen
unsere Vorbereitungen stets hinter einem dichten Schleier von
Täuschungsmanövern verbergen und eben jene Leute, die wir
für unsere Zwecke ausnutzen wollen, vorsätzlich in die
Irre führen, so wie wir es jetzt mit unserem Beitritt zur NATO
tun. Dann … müssen viele Verträge geschlossen
werden, um eine Seite gegen die andere auszuspielen. Sie
müssen wissen, Devereaux, ein Mensch kann Freundschaften
schließen, aber eine Nation niemals.«
Er hielt inne und
blickte Andre lange an. »Ich sehe an Ihrem mir gut bekannten
gequälten Gesichtsausdruck, daß Sie nicht mit La Croix
übereinstimmen.«
»Nein, Herr
General, mir kommen Bedenken.«
»Welche?«
»Ich weiß,
was die Amerikaner uns angetan haben, und ich kenne auch Ihren
Standpunkt, der zum großen Teil berechtigt ist. Doch Amerika
ist ein sehr junges Land, noch neu auf dem
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